Angabepflicht gegenüber der BU zu wohl vorübergehende Beschwerden

Ein Versicherer verweigerte einer jungen Erwachsenen Leistungen, weil diese Beschwerden im Versicherungsantrag verschwiegen hatte, die aus ihrer Sicht wachstums- bzw. pubertätsbedingt waren. Hatte Sie dadurch „arglistig“ ihre vorvertragliche Anzeigepflicht verletzt?

Eine 17-Jährige sowie ihre Mutter hatten im Jahr 2012 eine selbstständige Berufsunfähigkeitsversicherung abgeschlossen. Vermittelt wurde der Vertrag durch eine Finanzberaterin. Vereinbart wurde unter anderem eine Jahresrente in Höhe von 12.000 EUR im Falle einer Berufsunfähigkeit.

Falsche Angaben der 17-Jährigen zum Gesundheitszustand: Versicherung tritt vom Vertrag zurück

Sieben Jahre nach Abschluss der Versicherung, im Jahr 2019 zog die dann 24-Jährige sich bei einem Verkehrsunfall schwere Verletzungen zu und machte Leistungen aus der Berufsunfähigkeitsversicherung geltend. Die Versicherung weigerte sich zu zahlen und erklärte den Rücktritt vom Versicherungsvertrag. Begründung: Die junge Frau habe im Antrag auf den Abschluss der Versicherung unzutreffende Angaben zu ihrem Gesundheitszustand gemacht. Tatsächlich waren in dem Versicherungsantrag, so wie üblich, verschiedene Fragen zum Gesundheitszustand gestellt worden, unter anderem zu Krankheiten, Beschwerden oder Funktionsstörungen bei inneren Organen, im Bereich des Nervensystems, der Gelenke sowie der Wirbelsäule, der Augen und der Psyche.

17-Jährige hatte alle Fragen nach Beschwerden mit „Nein“ beantwortet

Zudem war auch nach Behandlungen in den letzten fünf Jahren vor dem Abschluss des Versicherungsvertrages gefragt worden. Diese Fragen waren alle mit „Nein“ beantwortet worden.

Der Versicherungsantrag enthielt zudem die Belehrung, dass auch solche Umstände anzugeben seien, denen der Versicherungsnehmer nur eine geringe Bedeutung beimesse. Zudem enthielt er den Hinweis, dass die Versicherung den Vertrag bei vorsätzlicher oder grob fahrlässiger Verletzung der Anzeigepflicht den Vertrag beenden könne.

Orthopädische und psychologische Behandlungen verschwiegen

Die junge Frau klagte auf Zahlung von 27.000 EUR als Berufungsunfähigkeitsrente für die Vergangenheit und die Feststellung, dass sie auch künftig einen Anspruch auf eine monatliche Rente habe. Das Gericht folgte dem nicht, es zeigte sich davon überzeugt, dass die damals 17-Jährige die Gesundheitsfragen, die von der Vermittlerin einzeln mit ihr durchgegangen worden seien, nicht korrekt beantwortet habe. So habe die junge Frau orthopädische und psychische Beschwerden nicht angegeben, wegen derer sie in Behandlung gewesen sei.

Das Gericht ging auch davon aus, dass die Frau ihre gesundheitlichen Beschwerden bewusst verschwiegen habe, dass sie eine Fülle von Einzelbeschwerden nicht offengelegt habe. Zudem sei sie nur wenige Tage vor Abschluss des Versicherungsvertrages wegen Migräne, nach der ebenfalls ausdrücklich gefragt worden war, zwei Mal beim Arzt gewesen.

Gericht: Auch wachstums- oder pubertätsbedingte Leiden müssen angegeben werden

Die Rechtfertigung der jungen Frau, sie habe ihre orthopädischen Leiden nicht angegeben, da diese wachstums- bzw. pubertätsbedingt gewesen seien, ließ das Gericht nicht gelten. Die Rechtsprechung verlange, dass auch solche Beeinträchtigungen bei Abschluss eines Versicherungsvertrages angegeben würden.

Fazit: Da die Versicherung die Antragstellerin auch ausdrücklich über die Folgen einer Anzeigepflichtverletzung belehrt hatte, ist sie nach Auffassung des Landgerichts wirksam vom Versicherungsvertrag zurückgetreten. Die junge Frau kann deshalb keine Leistungen aus dem Vertrag beanspruchen und geht leer aus.

(LG Nürnberg-Fürth, Urteil v. 16.7.2021, 11 O 4279/20).

Hintergrund: Anfechtung

Die Versicherung kann in einem solchen Fall die auf Abschluss des Versicherungsvertrags gerichtete Willenserklärung wirksam anfechten (§ 22 VVG, §§ 123, 142 Abs. 1 BGB) und entzieht so dem Anspruch auf Zahlung einer BU-Rente die vertragliche Grundlage.

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Schlagworte zum Thema:  Berufsunfähigkeit, Versicherung, Obliegenheit