OWiG § 52 i.V.m. StPO §§ 44 ff.
Ein Betroffener ist ohne Verschulden verhindert, die Frist zur Einlegung des Einspruchs gegen den Bußgeldbescheid einzuhalten, wenn er von der Zustellung des Bußgeldbescheids keine Kenntnis erlangt, weil seine Mutter den Bußgeldbescheid an sich genommen und ihm überhaupt nicht gezeigt hat; denn ein Betroffener muss nicht damit rechnen, dass ihm Familienangehörige die Zustellung vorenthalten.
(Leitsatz der Schriftleitung)
AG Bersenbrück, Beschl. v. 9.6.2010 – 7 OWi 135/1O
Der Bußgeldbescheid des Landkreises Osnabrück vom 5.3.2010 ist dem Betroffenen nach der bei der Akte befindlichen Zustellungsurkunde am 9.3.2010 durch Einlegung in den zur Wohnung gehörenden Briefkasten oder eine ähnliche Vorrichtung zugestellt worden. Der Einspruch ist erst am 11.5.2010 bei der Verwaltungsbehörde, die den Bescheid erlassen hat, eingegangen. Gleichzeitig hat der Betroffene Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Einspruchsfrist beantragt und dazu vorgetragen, dass die Mutter des Betroffenen den Bußgeldbescheid entgegengenommen und er erst nunmehr davon Kenntnis erhalten habe.
Die Frist von zwei Wochen zur Einlegung des Einspruchs war zum Zeitpunkt der Einspruchseinlegung am 11.5.2010 bereits abgelaufen. Der Landkreis Osnabrück hat daher mit Bescheid vom 21.5.2010 den Einspruch gegen den Bußgeldbescheid verworfen. Ebenso hat der Landkreis Osnabrück den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand verworfen, weil die Angaben des Betroffenen nicht zur Glaubhaftmachung ausreichen, dass er ohne Verschulden an der Einhaltung der Einspruchsfrist gehindert war.
Auf den Antrag des Betroffenen vom 28.5.2010 auf gerichtliche Entscheidung hebt das AG den Bescheid über die Verwerfung des Einspruchs und des Antrags auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand des Landkreises Osnabrück auf und gewährt dem Betroffenen auf seine Kosten die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Einlegung des Einspruchs gegen den Bußgeldbescheid des Landkreises Osnabrück vom 5.3.2010.
Aus den Gründen:
"… 2. Der Antrag des Betroffenen auf gerichtliche Entscheidung ist gem. §§ 52 Abs. 2 S. 3, 62 OWiG zulässig und auch begründet."
Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung ist form- und fristgemäß gestellt. Er hat auch in der Sache Erfolg, da der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zulässig und begründet ist (§ 52 OWiG i.V.m. §§ 44 ff. StPO).
Der Betroffene hat gem. § 45 Abs. 2 StPO den Antrag am 11.5.2010, also binnen einer Woche nach Wegfall des Hindernisses, nämlich nach Kenntnis von dem zugestellten Bußgeldbescheid, bei der zuständigen Behörde gestellt, die Tatsachen zur Begründung seines Antrags glaubhaft gemacht, nämlich eine eidesstattliche Versicherung seiner Mutter vorgelegt, und geeignete Tatsachen zur Begründung vorgetragen, die ein der Wiedereinsetzung entgegenstehendes Verschulden ausschließen.
Der Betroffene war danach gem. § 44 StPO ohne Verschulden verhindert, die Frist zur Einlegung des Einspruchs gegen den Bußgeldbescheid einzuhalten. Denn er hatte keine Kenntnis von der Zustellung des Bußgeldbescheids am 9.3.2010, weil seine Mutter den Bußgeldbescheid an sich genommen und ihm überhaupt nicht gezeigt hat. Dass ihm Familienangehörige die Zustellung vorenthalten, damit musste ein Betroffener ohne besondere Anhaltpunkte für ein solches Verhalten, die vorliegend nicht ersichtlich sind, nicht rechnen. … .