Der Entscheidung ist zuzustimmen.
Um die unterschiedlichen Anrechnungsregelungen in § 58 Abs. 2 RVG einerseits und § 59 Abs. 1 RVG andererseits besser verstehen zu können, muss man die dem Beratungshilfe gewährenden Rechtsanwalt zustehenden Ansprüche betrachten.
Ansprüche des Beratungshilfe gewährenden Anwalts
Der im Rahmen der Beratungshilfe tätige Anwalt hat drei unterschiedliche Ansprüche gegen drei verschiedene Anspruchsgegner:
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Gegen den Rechtsuchenden steht ihm gem. § 44 S. 2 RVG nur die Beratungshilfegebühr nach Nr. 2500 VV RVG zu. |
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Gegenüber der Landeskasse hat der Rechtsanwalt Ansprüche gem. § 44 S. 1 RVG wegen der in Teil 2 Abschn. 5 VV RVG aufgeführten Gebühren und den in Teil 7 VV RVG geregelten Auslagen. |
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Gegen den ersatzpflichtigen Gegner hat der Beratungshilfe gewährende Anwalt Anspruch auf die gesetzliche Vergütung, § 9 S. 1 BerHG. |
Dieser Ersatzanspruch geht gem. § 9 S. 2 BerHG und somit kraft Gesetzes auf den Anwalt über. Dieser gesetzliche Forderungsübergang betrifft Gebühren und Auslagen, die dem Rechtsuchenden in dieser Höhe überhaupt nicht entstanden sind, da er seinem im Rahmen der Beratungshilfe tätigen Anwalt ja nur lediglich die Beratungshilfegebühr i.H.v. 10 EUR schuldet. Der Ersatz fiktiver Kosten hat seine Grundlage in der Absicht des Gesetzgebers, den Gegner des Rechtsuchenden durch die Beratungshilfe nicht zu begünstigen, siehe Hansens JurBüro 1986, 339, 349. Folgerichtig hatte hier das Job-Center die Hälfte der "Wahlanwaltsvergütung" und nicht der Beratungshilfevergütung erstattet.
Dies erklärt die unterschiedlichen Anrechnungsregelungen. § 58 Abs. 2 RVG kann somit bereits deshalb für den Beratungshilfe gewährenden RA nicht anwendbar sein, weil seine Tätigkeit keine "Wahlanwaltsvergütung" auslöst.
Der Einfluss der Zahlung auf die Beratungshilfegebühr
Ob zu der von dem Gegner des Rechtsuchenden zu ersetzenden gesetzlichen Vergütung auch die Beratungshilfegebühr nach Nr. 2500 VV RVG gehört, ist nicht eindeutig geregelt. Diese früher in § 8 BerHG geregelte Schutzgebühr ist mit ihrer Aufnahme in das VV RVG zwar nunmehr eine gesetzliche Gebühr i.S.d. RVG geworden. Würde der ersatzpflichtige Gegner auch diese Beratungshilfe-Gebühr ersetzen müssen, so müsste er mehr erstatten, als einem "reichen Gläubiger", dem er nur die Wahlanwaltsvergütung "ohne die Beratungshilfegebühr" zu ersetzen hat. Hieraus folgt für den Beratungshilfe gewährenden Rechtsanwalt:
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Hat der Rechtsuchende dem Rechtsanwalt die Beratungshilfegebühr bereits gezahlt, muss der Anwalt ihm diese wieder zurückzahlen, sofern der Gegner die gesetzliche Vergütung (also ohne Beratungshilfegebühr) in voller Höhe ersetzt hat, so Schoreit/Groß, a.a.O. § 9 BerHG Rn 5; Hansens JurBüro 1986, 339; 350; Hansens in: Hansens/Braun/Schneider, a.a.O. Teil 7 Rn 62; a.A. Schaich AnwBl. 1981, 2, 4. Im vorliegenden Fall müsste der Rechtsanwalt dem Rechtsuchenden die bezahlte Beratungshilfegebühr nicht zurückerstatten, weil das Job-Center die "Wahlanwaltsvergütung" nur zur Hälfte ersetzt hatte. |
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Hat der Rechtsuchende die Beratungshilfegebühr dem Anwalt noch nicht gezahlt, entfällt seine Zahlungsverpflichtung, wenn der Gegner die gesetzliche Vergütung in voller Höhe ersetzt hat. Anderenfalls würde der Rechtsanwalt vom Rechtsuchenden die Beratungshilfegebühr und vom Gegner die volle "Wahlanwaltsvergütung" erhalten und damit besser stehen als bei Vertretung eines "reichen" Mandanten. Da hier das Job-Center lediglich die Hälfte der Wahlanwaltsvergütung gezahlt hatte, steht dem Beratungshilfe gewährenden Anwalt der Anspruch auf die Beratungshilfegebühr gegen den Rechtsuchenden zu. |
In dem vom OLG Celle entschiedenen Fall hat die Rechtsanwältin somit folgende Ansprüche:
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Gegen den Rechtsuchenden auf Zahlung der Beratungshilfegebühr nach Nr. 2500 VV RVG i.H.v. 10 EUR (einschließlich Umsatzsteuer). |
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Gegenüber dem Job-Center gem. § 9 S. 2 BerHG übergegangener Kostenerstattungsanspruch des Rechtsuchenden in Höhe der Hälfte der "Wahlanwaltsvergütung" mit 154,70 EUR. |
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Gegenüber der Landeskasse steht der Rechtsanwältin infolge der Anrechnung der vorstehenden Zahlung kein Vergütungsanspruch mehr zu. |
Der oft vergessene Erstattungsanspruch des Rechtsanwalts
In sozialrechtlichen Streitigkeiten erstatten die Sozialbehörden die "Wahlanwaltsvergütung" meist von sich aus an den Beratungshilfe gewährenden Rechtsanwalt. Häufig wird jedoch in der Praxis übersehen, dass dem Beratungshilfe gewährenden Anwalt auch bei Tätigkeit in einer Zivilsache gem. § 9 S. 2 BerHG ein eigener Erstattungsanspruch gegen den ersatzpflichtigen Gegner zusteht. Dieser Anspruch hat seine Grundlage im materiellen Recht, häufig in § 280 BGB im Falle des Verzugs des Gegners. Der Beratungshilfe gewährende Rechtsanwalt kann in einem solchen Fall die die Beratungshilfevergütung oft erheblich übersteigende "Wahlanwaltsvergütung" gegen den Gegner geltend machen. Im Regelfall ist dies eine Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 VV RVG, die sich nach dem Gegenstandswert berechnet. Diesen materiell-rechtlichen K...