“… I. Das BG hat ausgeführt: Aus dem Anprall gegen den Baum folge, dass der Pilot die erforderliche Mindestflughöhe nicht eingehalten habe. Damit spreche der Beweis des ersten Anscheins für einen objektiv schweren Verstoß gegen die geltenden Sichtflugregeln und das Vorliegen der objektiven Voraussetzungen grober Fahrlässigkeit. Der Anschein eines absturzursächlichen Verschuldens des Piloten sei nicht entkräftet. Alternative Absturzursachen seien nicht gänzlich auszuschließen; jedoch lägen keine Anhaltspunkte dafür vor, die eine dieser möglichen Absturzursachen besonders wahrscheinlich machten.
[5] II. Dies hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Das BG hat sowohl die Voraussetzungen grober Fahrlässigkeit als auch die Grundsätze des Anscheinsbeweises verkannt.
[6] 1. Grob fahrlässig handelt, wer die im Verkehr erforderliche Sorgfalt nach den gesamten Umständen in ungewöhnlich hohem Maße verletzt und unbeachtet lässt, was im gegebenen Fall jedem hätte einleuchten müssen. Im Gegensatz zur einfachen Fahrlässigkeit muss es sich bei einem grob fahrlässigen Verhalten um ein auch in subjektiver Hinsicht unentschuldbares Fehlverhalten handeln, das ein gewöhnliches Maß erheblich übersteigt (Senat VersR 2003, 1561; VersR 2003, 364 unter II 2; st. Rspr.).
[7] a) Die Feststellung ihrer tatsächlichen Voraussetzungen und die Abgrenzung zwischen einfacher und grober Fahrlässigkeit obliegen im Einzelfall in erster Linie dem Tatrichter. Seine Entscheidung kann in der Revisionsinstanz nur beschränkt darauf überprüft werden, ob der Rechtsbegriff der groben Fahrlässigkeit verkannt, bei der Beurteilung des Verschuldensgrades wesentliche Umstände außer Acht gelassen worden sind oder gegen Denkgesetze, Erfahrungssätze oder Verfahrensvorschriften verstoßen worden ist (st. Rspr.; z.B. BGHZ 131, 288, 296 … ).
[8] b) Ein solcher Fehler liegt hier vor. Das Berufungsurteil unterliegt bereits deshalb der Aufhebung, weil es keine Feststellungen zur subjektiven Seite der groben Fahrlässigkeit enthält. Es beschränkt sich auf die – unter Anwendung der Regeln des Anscheinsbeweises erfolgte – Feststellung eines objektiv groben Sorgfaltsverstoßes und lässt somit nicht erkennen, dass der Tatrichter sich der Notwendigkeit einer auch subjektiv schlechthin unentschuldbaren Pflichtverletzung bewusst gewesen ist. Der insoweit erforderlichen Darlegung und Abwägung ist nicht durch die Bezugnahme auf die Entscheidung des Saarländischen OLG (VersR 1984, 880) in einem in den Einzelheiten anders gelagerten Sachverhalt Genüge getan.
[9] 2. Darüber hinaus ist die Feststellung einer unfallursächlichen schweren objektiven Pflichtverletzung auf Grundlage der Regeln des Anscheinsbeweises von Rechtsfehlern beeinflusst.
[10] a) Es kann offen bleiben, in welchen Fällen bei Unfällen im Luftverkehr ein Anscheinsbeweis denkbar ist (vgl. dazu BGH VersR 1980, 234 unter II 2b). Voraussetzung ist jedenfalls, dass im Einzelfall ein typischer Geschehensablauf vorliegt, der nach der Lebenserfahrung auf eine bestimmte Ursache hinweist und so sehr das Gepräge des Gewöhnlichen und Üblichen trägt, dass die besonderen individuellen Umstände in ihrer Bedeutung zurücktreten (Senat BGHZ 100, 214, 216).
[11] b) Dies ist hier nicht der Fall. Das BG hat den Anscheinsbeweis zu Unrecht allein darauf gestützt, dass der Pilot mit dem Flugzeug gegen einen Baum geprallt ist, woraus sich die Nichteinhaltung der erforderlichen Mindestflughöhe ergebe. Anders als im oben zitierten Fall des Saarländischen OLG ist nicht unstreitig, dass sich das Flugzeug in normalem kontrollierten Flugzustand und einer Querlage von null Grad im Horizontal- oder leichten Steigflug befunden hat, als es zum Anprall und Absturz kam. Angesichts des Umstandes, dass der Anprall gegen den Baum nicht am Waldrand, sondern mitten in einem Waldgebiet geschah, deutet auch kein Erfahrungssatz hierauf hin. Die Kl. hat dementsprechend geltend gemacht, dass sich das Flugzeug im Zeitpunkt des Aufpralls möglicherweise bereits im Sinkflug befunden habe, sei es wegen gesundheitlicher Probleme des Piloten, einer Windscherung, eines technischen Defekts und/oder einer versuchten Notlandung. Ferner habe der Zeuge S ungewöhnliche Flugbewegungen beobachtet.
[12] Gegenteilige Feststellungen haben weder das LG noch das BG getroffen. Insb. haben sie nicht geklärt, ob der Sachverständige K, der bei seiner mündlichen Anhörung jedenfalls eine Waldlandung ausschließen wollte, abweichend vom Vorbringen der Kl. von einem horizontalen Anflug gegen den Baum ausgegangen ist. Ohne einen Nachweis dieser Mindesttatsache kommt die Annahme eines typischen Geschehensablaufs, der nach der Lebenserfahrung auf einen schuldhaften Verstoß gegen die Einhaltung der Mindestflughöhe als Absturzursache hinweist, nicht in Betracht.
[13] c) Unabhängig hiervon hat das BG zudem die Anforderungen an eine Erschütterung des Anscheinsbeweises – sofern dieser nach obigen Ausführungen noch in Betracht kommt – überspannt.
[14] Der Anscheinsbeweis greift nicht ein, wenn das Schadengesche...