[1] Das LG hat den Angeklagten wegen besonders schweren räuberischen Diebstahls in Tateinheit mit Körperverletzung und mit gefährlichem Eingriff in den Straßenverkehr zu einer Freiheitsstrafe von sechs Jahren und sechs Monaten verurteilt. Hiergegen wendet sich der Angeklagte mit seiner auf die Rüge der Verletzung materiellen Rechts gestützten Revision. Das Rechtsmittel ist unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO. Der Erörterung bedarf allein das Folgende:
[2] 1. Auch der Schuldspruch wegen gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr hat im Ergebnis Bestand. Der vom GBA insoweit beantragten Abänderung des Schuldspruchs in eine Versuchstat ist der Senat nicht gefolgt.
[3] a) Das LG hat – soweit hier von Bedeutung – folgende Feststellungen getroffen: Am Morgen des 3.2.2018 entriss der Angeklagte, der eine scharfe Schusswaffe bei sich führte, der Ehefrau des ebenfalls anwesenden Geschädigten vor ihrem Wohnhaus in R. gewaltsam einen Koffer mit über drei Kilogramm Goldschmuck. Sodann flüchteten der Angeklagte und seine Mittäter mit einem Kraftfahrzeug vom Tatort. Der Geschädigte nahm mit seinem Pkw Land Rover Discovery sogleich die Verfolgung der Täter auf, um seinen Goldschmuck zurückzuerlangen. Auf der vielbefahrenen BAB 4 kam es zu einer Kollision beider Fahrzeuge, indem der Geschädigte auffuhr. Um ihn abzuschütteln, lehnte sich der hinten links sitzende Angeklagte aus dem Fenster des vorausfahrenden Täterfahrzeugs und gab einen Schuss in Richtung des Pkw des Geschädigten ab. Das Projektil traf zunächst die Motorhaube auf der Fahrerseite des Land Rovers und prallte sodann an dessen Windschutzscheibe ab. Beide Fahrzeugteile wurden hierbei beschädigt. Der Angeklagte gab keinen weiteren Schuss ab, obwohl er die Möglichkeit hierzu gehabt hätte. Die Verfolgungsfahrt endete schließlich in einem Wendehammer im Kölner Stadtgebiet. Im Anschluss vermochte der Geschädigte die Tatbeute zurückzuerlangen.
[4] b) Nach diesen Feststellungen hat sich der Angeklagte auch wegen eines vollendeten gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr strafbar gemacht.
[5] aa) Die Strafkammer hat allerdings zu Unrecht § 315b Abs. 1 Nr. 1 StGB verwirklicht gesehen. Zwar ist das Fahrzeug des Geschädigten infolge der Schussabgabe durch den Angeklagten beschädigt worden. Der Tatbestand des § 315b Abs. 1 Nr. 1 StGB setzt aber voraus, dass durch die Beschädigung eines fremden Fahrzeugs die Sicherheit des Straßenverkehrs beeinträchtigt worden ist. Die Beschädigung des Fahrzeugs muss mithin das Mittel der Gefährdung gebildet haben und dieser also zeitlich und ursächlich vorausgehen (vgl. hierzu BGH, Beschl. v. 26.7.2011 – 4 StR 340/11 Rn 5; Urt. v. 25.5.1994 – 4 StR 90/94 Rn 6; Urt. v. 9.11.1989 – 4 StR 342/89 Rn 8 f. m.w.N.). Erschöpft sich die Beeinträchtigung hingegen – wie hier – in der Beschädigung des fremden Kraftfahrzeugs, scheidet die Anwendung von § 315b Abs. 1 Nr. 1 StGB aus.
[6] bb) Nach den Urteilsgründen hat der Angeklagte jedoch den Tatbestand des § 315b Abs. 1 Nr. 3 StGB verwirklicht.
[7] (1) Dieser Tatbestand kann auch dann erfüllt sein, wenn die Tathandlung (hier: Abgabe des Schusses) unmittelbar zu einer konkreten Gefahr oder Schädigung (Sachschäden am Kraftfahrzeug des Geschädigten) führt. Dies gilt allerdings nicht uneingeschränkt. Nicht jede Sachbeschädigung oder auch Körperverletzung im Straßenverkehr ist tatbestandsmäßig im Sinne des § 315b StGB. Vielmehr gebietet der Schutzzweck insoweit eine restriktive Auslegung der Norm, als unter einer konkreten Gefahr für Leib oder Leben eines anderen Menschen oder für fremde Sachen von bedeutendem Wert nur verkehrsspezifische Gefahren verstanden werden dürfen (st. Rspr.; vgl. etwa BGH, Beschl. v. 30.8.2022 – 4 StR 215/22 Rn 4; Urt. v. 9.12.2021 – 4 StR 167/21 Rn 17 f.; Urt. v. 4.12.2002 – 4 StR 103/02, BGHSt 48, 119, 124). Dies ist der Fall, wenn die konkrete Gefahr jedenfalls auch auf die Wirkungsweise der für Verkehrsvorgänge typischen Fortbewegungskräfte (Dynamik des Straßenverkehrs) zurückzuführen ist (vgl. BGH, Beschl. v. 30.8.2022 – 4 StR 215/22 Rn 4; Urt. v. 9.12.2021 – 4 StR 167/21 Rn 18; Beschl. v. 30.8.2017 – 4 StR 349/17 Rn 3; Beschl. v. 4.11.2008 – 4 StR 411/08 Rn 6 f.).
[8] (2) Nach diesen Maßgaben kann die Verurteilung wegen gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr bestehen bleiben. Anders als in den bisher vom Senat entschiedenen Fällen, in denen er ohne eingetretenen "Beinahe-Unfall" eine verkehrsspezifische Gefahr durch Pistolenschüsse auf Kraftfahrzeuge verneint hat (vgl. BGH, Beschl. v. 30.8.2017 – 4 StR 349/17; Beschl. v. 16.7.2015 – 4 StR 117/15; Beschl. v. 4.11.2008 – 4 StR 411/08), traf der vom Angeklagten abgegebene Schuss nicht die Seitenfläche, sondern die Stirnseite des vorwärts bewegten fremden Pkws. Bei der Schadensentstehung wirkte die Dynamik des Straßenverkehrs hier zumindest dadurch gefahrerhöhend, dass im Auftreffen des Projektils zu dessen kinetischer Energie – anders auch als bei einem stehenden Fahrzeug als Ziel – jene Bewegungsenergie hinzukam, die...