Aus den Gründen: [4] „… 1. Die Beklagten stützen – vor allem im Rechtsbeschwerdeverfahren – ihre Ansicht auf die neuere Rspr. einiger Senate des BGH. Der VIII. Zivilsenat des BGH hat nach Erlass der angefochtenen Entscheidung mit Beschl. v. 22.1.2008 (VIII ZB 57/07, NJW 2008, 1323 ff.) – abweichend von der bis dahin feststehenden höchstrichterlichen Rspr. (Beschl. v. 20.10.2005 – I ZB 21/05, NJW-RR 2006, 501; v. 27.4.2006 – VII ZB 116/05, NJW 2006, 2560 und v. 30.1.2007 – X ZB 7/06, NJW 2007, 3289) und ohne sich mit ihr auseinander zu setzen – entschieden, dass in einem Fall wie dem vorliegenden die Verfahrensgebühr nur in Höhe von 0,55 festgesetzt werden könne, da sie im Hinblick auf die vorgerichtliche Tätigkeit des Bevollmächtigten und die Anrechnungsregelung in Vorb. 3 Abs. 4 VV RVG überhaupt nur in dieser Höhe “entstehe’. Dem haben sich mehrere Senate des BGH ohne eigene Begründung angeschlossen.
[5] Diese Rspr. ist im Schrifttum ganz überwiegend und z.T. auch in der instanzgerichtlichen Rspr. auf – teilweise heftige – Kritik gestoßen (s. nur Schons, AnwBl 2008, 356; Hansens, RVG-Report 2008, 121; Junglas, NJOZ 2008, 2707; Müller-Rabe, in: Gerold/Schmidt, RVG, 18. Aufl., VV 3100 Rn 217; Bericht der Gebührenreferenten der RAK, RVG-Report 2008, 210; KG JurBüro 2008, 304; AnwBl 2009, 236). Selbst der Petitionsausschuss des Bundestages hat den Gesetzgeber aufgefordert, tätig zu werden.
[6] 2. Den erkennenden Senat überzeugt die Ansicht des VIII. Zivilsenats nicht. Ohne die gegen diese Lösung des Anrechnungsproblems anzuführenden systematischen, teleologischen und sprachlichen Argumente im Einzelnen darzustellen, vermag der Senat ihr nicht zuletzt im Hinblick auf die teilweise zu Recht als katastrophal bezeichneten Folgen aber auch, weil er sie aus den gesetzlichen Bestimmungen nicht abzuleiten vermag, nicht zu folgen.
[7] Statt im Hinblick auf seine abweichende Meinung den Großen Senat für Zivilsachen anzurufen, hat der Senat die Bearbeitung des vorliegenden Rechtsbeschwerdeverfahrens zurückgestellt, nachdem der Gesetzgeber die vom VIII. Zivilsenat begründete Rspr. zum Anlass für eine klarstellende Änderung des RVG genommen hat. Das Gesetzgebungsverfahren hat am 4.8.2009 durch Verkündung des § 15a RVG (Art. 7 Abs. 4 Nr. 3 des Gesetzes zur Modernisierung von Verfahren im anwaltlichen und notariellen Berufsrecht, zur Errichtung einer Schlichtungsstelle der Rechtsanwaltschaft sowie zur Änderung sonstiger Vorschriften) im BGBl (BGBl I S. 2449) sein Ende gefunden. § 15a RVG ist gem. Art. 10 S. 2 dieses Gesetzes am Tag nach der Verkündung (5.8.2009) in Kraft getreten.
[8] Mit dem neu eingefügten § 15a RVG hat der Gesetzgeber das RVG nicht geändert, sondern lediglich die seiner Ansicht nach bereits vor Einfügung von § 15a RVG bestehende Gesetzeslage in dem Sinne, wie auch der erkennende Senat sie verstanden hat, klargestellt, derzufolge sich die Anrechnung gem. Vorb. 3 Abs. 4 VV RVG grundsätzlich im Verhältnis zu Dritten, also insbesondere im Kostenfestsetzungsverfahren, nicht auswirkt. Die Anrechnungsvorschrift betrifft vielmehr grundsätzlich nur das Innenverhältnis zwischen Anwalt und Mandant. In der Kostenfestsetzung musste und muss daher eine Verfahrensgebühr auch dann in voller Höhe festgesetzt werden, wenn für den Bevollmächtigten eine Geschäftsgebühr entstanden ist. Sichergestellt wird durch § 15 a Abs. 2 RVG lediglich, dass ein Dritter nicht über den Betrag hinaus auf Ersatz und Erstattung in Anspruch genommen werden kann, den der Anwalt von seinem Mandanten verlangen kann (siehe hierzu BT-Drucks 16/12717 S. 2 und S. 67 f.; Pressemitteilung des Bundesministeriums der Justiz vom 5.4.2009; ebenso OLG Stuttgart, Beschl. v. 11.8.2009 – 8 W 339/09, juris Tz. 10; OLG Dresden, Beschl. v. 13.8.2009 – 3 W 0793/09, n.v.; OVG Münster, Beschl. v. 11.8.2009 – 4 E 1609/09, juris Tz. 9 ff.; Kallenbach, AnwBl 2009, 442; Schons, AGS 2009, 216, 217; Hansens, RVG-Report 2009, 241, 246; ders., AnwBl 2009, 535 ff.).
[9] 3. Da – unstreitig – keiner der Anwendungsfälle des § 15 a Abs. 2 RVG vorliegt, hat die Rechtspflegerin die Verfahrensgebühr mit Recht in voller Höhe festgesetzt.“