" … Das LG hat der Klage zu Recht stattgegeben. Der streitgegenständliche Krankenversicherungsvertrag hat ungeachtet der Rücktritts- und Anfechtungserklärungen der Bekl. Bestand."
1. Dabei kann dahinstehen, ob der Kl. vorsätzlich oder grob fahrlässig seine Anzeigepflichten bei Antragstellung verletzt hat. Der Bekl. stand schon deshalb kein Rücktrittsrecht zu, weil sie den Kl. nicht ordnungsgemäß durch “gesonderte Mitteilung in Textform‘ i.S.d. § 19 Abs. 5 S. 1 VVG auf die Folgen einer Anzeigepflichtverletzung hingewiesen hat.
Dies ergibt sich aus formalen Mängeln der erteilten Hinweise. Bereits in der zum alten Versicherungsvertragsrecht entwickelten Relevanzrechtsprechung war allgemein anerkannt, dass die gebotene Belehrung sowohl drucktechnisch als auch hinsichtlich ihrer Platzierung so ausgestaltet werden musste, dass sie für den VN nicht zu übersehen war. Es gibt keinen Anhaltspunkt dafür, dass der Gesetzgeber diese Anforderungen bei Übernahme des Belehrungserfordernisses in das neue VVG abschwächen wollte. Vielmehr weisen die Gesetzesmaterialien – insb. zu dem Belehrungserfordernis in § 19 Abs. 5 VVG – aus, dass die Formerfordernisse der Belehrung mit dem Gebot einer “gesonderten Mitteilung‘ im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens verschärft werden sollten. Zwar mag sich die von der Rspr. für jegliche Belehrung des VR geforderte besondere Platzierung und/oder drucktechnische Hervorhebung der Belehrung gegenüber begleitendem Text ausnahmsweise dann erübrigen, wenn eigens für die Belehrung ein gesondertes Dokument erstellt wird. Lässt man jedoch die Aufnahme des Belehrungstextes in ein Fragebogenformular oder ein anderes Schreiben zu, ist im Gegenzuge weiterhin zu fordern, dass die Belehrung drucktechnisch so gestaltet sein muss, dass sie sich deutlich vom übrigen Text abhebt und vom VN nicht übersehen werden kann (BGH VersR 2013, 297 … ). Diesen formalen Anforderungen werden die im Antragsformular sowie den beigefügten Unterlagen enthaltenen Hinweise nicht gerecht.
Insoweit ist zunächst festzustellen, dass die Bekl. die Belehrung nach § 19 Abs. 5 VVG nicht in einem gesonderten Dokument erteilt, sondern sich dazu entschieden hat, im Antragsformular bzw. in den diesem beigefügten “Erklärungen des ASt. und der zu versichernden Personen‘ bzw. in der gesondert unterschriebenen “Erklärung zum Antrag vom 19.12.2011‘ (neben sonstigen Erklärungen und Hinweisen) Hinweise zu den Rechtsfolgen von Anzeigepflichtverletzungen unterzubringen. Maßgeblich ist danach, ob sich diese Hinweise so deutlich vom übrigen Text abheben, dass sie vom VN nicht zu übersehen waren.
a) Dies ist im Hinblick auf die unter Ziffer 12 der dem Antragsformular beigefügten “Erklärungen des ASt. und der zu versichernden Personen‘ erteilte Belehrung nicht der Fall.
Die Bekl. hat den Belehrungstext erst auf der zweiten Seite als letzte von 12 Ziffern der “Erklärungen des ASt. und der zu versichernden Personen‘ untergebracht und diese lediglich mit einem dünnen schwarzen Rahmen umrandet, der die Belehrung schon deshalb nicht besonders hervorhebt, weil diese sich ohnehin über nahezu die gesamte Seite 2 erstreckt. Im Übrigen unterscheidet sich der Belehrungstext weder in der (durchweg kleinen) Schriftgröße oder Schriftart noch im Hinblick auf die fettgedruckten Überschriften vom übrigen Text. Das einheitliche Textbild sowie die Vielzahl an Hinweisen in den “Erklärungen des ASt. und der zu versichernden Personen‘ (u.a. zu Wartezeiten, Tarifvarianten, Datenschutz etc.) bieten so keinerlei Gewähr dafür, dass der durchschnittliche VN gerade die in der letzten Ziffer über anderthalb Spalten ausgebreitete Belehrung zur Kenntnis nimmt. Diese geht im übrigen Text vielmehr vollständig unter.
b) Die Bekl. hat die Aufmerksamkeit des VN auch nicht dadurch hinreichend deutlich auf die in Ziffer 12 enthaltene Belehrung gelenkt, indem sie auf der letzten Seite des Antragsformulars entsprechend hervorgehobene Hinweise erteilt hat. Weder die oben auf der Seite zu den Gesundheitsfragen formulierte Aufforderung zur Beachtung der “Ausführungen zur Bedeutung der vorvertraglichen Anzeigepflicht gem. § 19 Abs. 5 VVG unter Ziffer 12. der Erklärungen des ASt. und der zu versichernden Personen‘ noch der im unteren Drittel der Seite zu den “Schlusserklärungen und Unterschriften‘ erteilte Hinweis auf die “Mitteilung nach § 19 Abs. 5 VVG über die Folgen einer Verletzung der gesetzlichen Anzeigepflicht (siehe Ziffer 12)‘ sind drucktechnisch so gestaltet, dass sie vom VN nicht zu übersehen sind. Aufgrund des durchgehend kleinen Schriftbildes und des auch in anderen Textpassagen verwendeten Fettdrucks gehen diese Hinweise für den VN im dichtbedruckten Text des Antragsformulars vielmehr weitgehend unter, zumal andere Textpassagen nicht nur fett gedruckt, sondern zusätzlich mit einem Rahmen hervorgehoben sind. Die Aufmerksamkeit des VN wird bei der Lektüre des Antragsformulars und insb. bei der erst am unteren Seitenrand und somit gerade nicht im unmittelbaren Anschluss an die Hinweise zu leis...