" … Die zulässige Klage hat in der Sache keinen Erfolg."
1. Der Kl. hat aufgrund des streitgegenständlichen Verkehrsunfalls v. 5.5.2014 gegen die Bekl. keinen Anspruch auf Schadensersatz gem. § 823 BGB, §§ 7, 17, 18 StVG, § 115 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 VVG.
Der Verkehrsunfall hat sich bei dem Betrieb des Pkw des Kl. und des bei der Bekl. zu 2) versicherten Pkws des Bekl. zu 1) ereignet. Die tatsächlichen Voraussetzungen eines Ausschlusses der Haftung aufgrund höherer Gewalt (§ 7 Abs. 2 StVG) oder eines unabwendbaren Ereignisses (§ 17 Abs. 3 StVG) sind nicht erwiesen. Unabwendbar ist ein Ereignis, das durch äußerste, mögliche Sorgfalt nicht abgewendet werden kann. Abzustellen ist insoweit auf das Verhalten des sog. Idealfahrers (König, in: Hentschel/König/Dauer, 4. Aufl., § 17 StVG Rn 22). Dass der streitgegenständliche Unfall auch für einen Idealfahrer unvermeidbar war, ist nicht ersichtlich. Damit sind die beiderseitigen Verursachungsbeiträge gem. § 17 Abs. 1 und 2 StVG unter Berücksichtigung der Betriebsgefahren gegeneinander abzuwägen. Dieser Abwägung kann das Gericht ausschließlich unstreitige oder erwiesene Tatsachen zugrunde legen. Auf dieser Grundlage trifft den Kl. die Haftung zu 100 % und die Bekl. zu 0 %. Dies beruht auf folgenden Erwägungen:
a) Für ein schuldhaftes Nichtbeachten der eigenen Sorgfaltspflichten des Kl. aus § 7 Abs. 5 StVO spricht vorliegend bereits der Beweis des ersten Anscheins.
Gem. § 7 Abs. 5 StVG hat sich der Fahrer des ausscherenden Fahrzeugs so zu verhalten, dass eine Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer ausgeschlossen ist. Aus der Regelung dieser absoluten Sorgfaltspflicht folgert die herrschende Rspr. einen Anscheinsbeweis dahingehend, dass der Beweis des ersten Anscheins dafür spricht, dass diese Sorgfaltspflicht verletzt wurde, wenn es in örtlichen und zeitlichen Zusammenhang mit einem Fahrspurwechsel zu einem Unfall gekommen ist (vgl. nur OLG Frankfurt, Urt. v. 28.10.2014 – 22 U 150/13, juris, mit zahlreichen Nachweisen).
Der Kl. hat selbst angegeben, dass sich der Unfall ereignete, als er von der links befahrenen Seite der A-Straße auf die rechts befahrene Seite wechselte. Hierbei handelte es sich um einen Spurwechsel i.S.d. § 7 Abs. 6 StVO. Zwar ist in diesem Bereich der A-Straße keine zweispurige Fahrbahnmarkierung aufgebracht, jedoch setzt § 7 StVO für das Vorliegen eines Fahrstreifens nicht voraus, dass entsprechende Fahrbahnmarkierungen vorliegen. Vielmehr ist gem. § 7 Abs. 1 S. 2 StVO ein Fahrstreifen der Teil einer Fahrbahn, den ein mehrspuriges Fahrzeug zum ungehinderten Fahren im Verlauf der Fahrbahn benötigt. Es ist gerichtsbekannt, dass die A-Straße regelmäßig zweispurig befahren wird und – jedenfalls für zwei Pkw – grds. ausreichend Platz nebeneinander vorhanden ist. Auch auf den als Anlage zum Protokoll zur mündlichen Verhandlung v. 21.5.2015 genommenen Fotos der Unfallstelle ist dieser Umstand sichtbar.
Den daraus folgenden Anscheinsbeweis hat die Klägerseite auch nicht erschüttert. Der Beweis des ersten Anscheins als Ausprägung der richterlichen Überzeugung gem. § 286 ZPO kann erschüttert werden, wenn die dadurch belastete Partei die ernsthafte Möglichkeit eines anderen Geschehensablaufs dargetan und die dafür erforderlichen Tatsachen bewiesen hat (BGH, Urt. v. 13.2.2007 – VI ZR 58/06). Dies ist der Klägerseite vorliegend nicht gelungen. Die Klägerseite hat dazu lediglich schriftsätzlich vorgetragen, dass der Bekl. zu 1) den Kl. unter teilweiser Nutzung der Gegenfahrbahn habe überholen wollen und dabei ohne genügenden Seitenabstand neben dem Kl. gefahren sei. Es sei jedenfalls aus dem Schadensbild erkennbar (nach vorne gedrückter Seitenspiegel des Kl.), dass die Anstoßkraft von dem Beklagtenfahrzeug ausgegangen sei. Selbst wenn ein derartiger Geschehensablauf unterstellt werden würde, würde hierdurch der aufgrund des unstreitigen Spurwechsels gegen den Kl. sprechende Anscheinsbeweis nach § 7 Abs. 5 StVO nicht erschüttert werden. Vielmehr hat die Anhörung des Kl. sogar ergeben, dass dieser nach eigenen Angaben vor dem Spurwechsel lediglich geblinkt habe und in den/die Seitenspiegel geschaut habe, in denen das Beklagtenfahrzeug nicht sichtbar gewesen sei. Dass der Kl. auch einen Schulterblick gemacht hat, um sicher auszuschließen, dass sich ein anderes Fahrzeug neben ihm befindet, hat der Kl. nicht angegeben. Vielmehr hat sich der Kl. offensichtlich auf einen kleinen zusätzlichen Seltenspiegel verlassen, der den toten Winkel abdecken soll. Damit hat der Kl. seinen Sorgfaltsanforderungen aus § 7 Abs. 8 StVO jedoch nicht genügt, da ein Schulterblick schon aufgrund des erheblich größeren Blickwinkels trotz eines etwaigen zusätzlichen kleinen Seitenspiegels erforderlich bleibt.
Auch folgt kein anderes Ergebnis aus dem Grundsatz des “Reißverschlussverfahrens‘ gem. § 7 Abs. 4 StVO. Die Grundsätze des Anscheinsbeweises aus § 7 Abs. 5 StVO finden grds. auch dann Anwendung, wenn das sog. Reißverschlussverfahren gem. § 7 Abs. 4 StVO eingreift (wenn in diesem Fall auch dem die Fahrs...