VV RVG Vorbem. 3 Abs. 3, Nr. 3104; ZPO § 91 § 104 Abs. 2
Leitsatz
1. Ein auf die Klagerücknahme zielender Anruf des Beklagtenvertreters beim Prozessbevollmächtigten des Kl. kann in eine auf Erledigung des Verfahrens gerichtete Besprechung münden und damit die Terminsgebühr nach Vorbem. 3 Abs. 3 VV RVG auslösen.
2. Bleibt der Inhalt des Telefongesprächs streitig, geht das zu Lasten desjenigen, der den gebührenrelevanten Sachverhalt behauptet, sofern keine äquipollente Sachdarstellung vorliegt (hier verneint).
OLG Koblenz, Beschl. v. 3.7.2015 – 14 W 415/15
Sachverhalt
Die Kl. hatte beim LG Trier Klage gegen die Bekl., eine Aktiengesellschaft ausländischen Rechts, erhoben. Mit der durch ihren Prozessbevollmächtigten mit Schriftsatz v. 27.10.2014 erfolgten Klageerwiderung rügte die Bekl. die sachliche und örtliche Zuständigkeit des LG Trier. Der Vorsitzende der Kammer wies die Parteien mit Verfügung v. 31.10.2014 auf die mangelnde internationale Zuständigkeit hin. Hieraufhin hat die Kl. am 26.11.2014 die Klage zurückgenommen. Durch Beschl. v. 8.12.2014 hat das LG Trier der Kl. die Kosten des Rechtsstreits auferlegt.
Mit ihrem Kostenfestsetzungsantrag hat die Bekl. eine 1,3 Verfahrensgebühr und eine 1,2 Terminsgebühr nebst Postentgeltpauschale geltend gemacht. Sie hat hierzu behauptet, zwischen den Prozessbevollmächtigten habe zum Zwecke der Erledigung des Rechtsstreits ein Telefongespräch stattgefunden. Zur Glaubhaftmachung hat die Bekl. die anwaltliche Versicherung ihres Prozessbevollmächtigten vorgelegt, der versichert hatte, den Gesprächsinhalt richtig wiedergegeben zu haben.
Die Kl. hat dies bestritten, der RA der Bekl. habe sich vielmehr unaufgefordert bei ihrem Prozessbevollmächtigten gemeldet und informatorisch erfragt, ob die Klage zurückgenommen werde. Aufgrund des gerichtlichen Hinweises sei jedoch ihr – der Kl. – Prozessbevollmächtigter zu diesem Zeitpunkt bereits zur Klagerücknahme entschlossen gewesen und habe ebenso allein informatorisch darauf hingewiesen, ihre – der Kl. – Zustimmung stehe noch aus. Dieses Vorbringen hat der Prozessbevollmächtigte der Kl. anwaltlich versichert.
Der Rechtspfleger des LG Trier hat hierauf – neben der nicht umstrittenen Verfahrensgebühr und der Postentgeltpauschale – auch die Terminsgebühr antragsgemäß festgesetzt. Dies hat der Rechtspfleger damit begründet, nach den glaubwürdigen Aussagen des Beklagtenvertreters habe ein Gespräch stattgefunden, das auf die Vermeidung des Rechtsstreits gerichtet gewesen sei.
Die gegen die Festsetzung auch der Terminsgebühr gerichtete sofortige Beschwerde der Kl. hatte Erfolg.
2 Aus den Gründen:
" … II. Die zulässige sofortige Beschwerde ist begründet und führt zur tenorierten Änderung des angefochtenen Kostenfestsetzungsbeschlusses."
Eine 1,2-Terminsgebühr nach Nr. 3104 VV RVG fällt nach Maßgabe der Vorbem. 3 Abs. 3 VV RVG für die Mitwirkung an Besprechungen an, die auf die Vermeidung oder Erledigung des Verfahrens gerichtet sind.
Die Bekl. hat nicht nachweisen können, dass die Parteivertreter am 16.11.2014 eine solche Besprechung geführt haben. Während die Bekl. behauptet, in dem Telefonat sei die Rücknahme der Klage ebenso erörtert worden, wie der sachliche Anspruch selbst, hat die Kl. dies bestritten. Sie verweist darauf, dass in dem Gespräch lediglich eine Information erteilt worden sei.
Anders als das LG meint, kommt es nicht darauf an ob die Aussagen des Beklagtenvertreters glaubwürdig sind. Der Senat hat bereits 2005 entschieden, dass im Kostenfestsetzungsverfahren derjenige, der einen Gebührentatbestand behauptet, im Falle des Bestreitens zu beweisen hat, dass die tatsächlichen Voraussetzungen erfüllt sind, an die das Gesetz das Entstehen der Gebühr knüpft (Senat NJW 2005, 2165 = JurBüro 2005, 417). Demnach musste die Bekl. hier beweisen, dass das anwaltliche Telefongespräch den von seinem Prozessbevollmächtigten behaupteten Inhalt hatte. Dieser Beweis ist nicht geführt. Die anwaltliche Versicherung, den Gesprächsinhalt richtig wiedergegeben zu haben, ist unzureichend, weil in den Ausführungen der Kl. eine inhaltlich gegenläufige anwaltliche Versicherung liegt.
Die Kl. hat auch nicht zugestanden, dass ein auf die Vermeidung oder Erledigung des Verfahrens gerichtetes Telefongespräch stattgefunden hat. Wenn das LG ausführt, dass der Klägervertreter zugestanden habe, dass der Bekl. Vertreter um Mitteilung gebeten habe, ob die Klage zurückgenommen wird, genügt dies nicht für die Annahme einer auf die Erledigung des Rechtsstreites gerichteten Besprechung. Schon im Ansatz verfehlt ist die Darstellung des LG, das Telefonat sei auf die Vermeidung eines Rechtsstreites gerichtet gewesen. Da der Rechtsstreit bereits anhängig war, konnte dieser nicht mehr vermieden werden. Wie das Landgericht selbst ausführt, geht die Kommentarliteratur davon aus, dass erforderlich ist, dass der Antragsteller versucht hat, den Gegner zur Rücknahme der Klage zu bewegen (Gerold-Schmidt/Müller-Rabe, RVG, 21. Aufl., Vorbem. 3 VV, Rn 166; Onderka/Schneider, in Anwaltkommentar RVG, 7. Aufl., Vorbem. 3 VV RVG Rn...