" … Dem Kl. steht gegen die Bekl. als Gesamtschuldner nach §§ 7 Abs. 1, 18 Abs. 1 StVG, 115 Abs. 1 Nr. 1 VVG dem Grunde nach ein Anspruch auf Ersatz seines bei dem streitgegenständlichen Unfall erlittenen Schadens zu."
Grds. haben die Bekl. nach den genannten Vorschriften für die Schäden einzustehen, die bei dem Betrieb des von ihnen geführten, gehaltenen und versicherten Pkw entstanden sind. Da auch der Kl. an dem Unfall mit seinem Kfz beteiligt und der Unfall für keinen der Beteiligten ein unabwendbares Ereignis war, sind die jeweiligen Verursachungsbeiträge gem. §§ 17, 18 Abs. 3 StVG gegeneinander abzuwägen. Bei dieser Abwägung kommt es insb. darauf an, inwieweit der Schaden vorwiegend von dem einen oder anderen Teil verursacht worden ist. In jedem Fall sind in ihrem Rahmen nur unstreitige bzw. zugestandene oder bewiesene Umstände zu berücksichtigen (BGH NJW 2007, 506; Senat, Urt. v. 16.4.2013 – I-1 U 163/12). Jeder Halter hat dabei die Umstände zu beweisen, die dem anderen zum Verschulden gereichen und aus denen er die nach der Abwägung für sich günstigen Rechtsfolgen herleiten will (BGH NZV 1996, 231).
1. Ein Verschulden des Kl. ist nicht feststellbar.
a) Der Kl. durfte an der Unfallstelle nach links abbiegen. Denn, wie auf den Lichtbildern in der Ermittlungsakte zu erkennen ist, ist die linke durchgezogene Linie des Linksabbiegerstreifens auf der Höhe der Grundstückseinfahrt unterbrochen.
b) Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme kann auch nicht festgestellt werden, dass dem Kl. vor dem Abbiegen ein Fahrfehler unterlaufen wäre. Insbesondere hat sich die Behauptung der Bekl., der Kl. habe seine Abbiegeabsicht entgegen den Geboten des § 9 Abs. 1 S. 1 StVO nicht rechtzeitig und deutlich angekündigt, sondern plötzlich eine Vollbremsung vollführt, im Rahmen der erstinstanzlichen Beweisaufnahme nicht bestätigt. Konkrete Anhaltspunkte, die Zweifel an dieser Feststellung des LG begründen könnten, liegen nicht vor.
2. Für ein Verschulden des Kl. streitet auch kein Anscheinsbeweis.
a) Das LG Saarbrücken hat allerdings in einer vergleichbaren Konstellation angenommen, dass gegen den in eine Grundstückseinfahrt Abbiegenden aufgrund der gesteigerten Sorgfaltspflicht des § 9 Abs. 5 StVO ein Anscheinsbeweis spreche. Komme es bei dem Abbiegen in ein Grundstück zu einer Kollision mit dem nachfolgenden Verkehr, habe der Abbiegende typischerweise gegen die ihm obliegende Pflicht, die Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer auszuschließen, verstoßen (LG Saarbrücken, Urt. v. 24.1.2014 – 13 S 168/13).
b) Dem folgt der Senat nicht. Zwar wollte hier der Kl. unstreitig in eine Grundstückseinfahrt einbiegen, so dass ihn die gesteigerte Sorgfaltspflicht des § 9 Abs. 5 StVO traf, wonach eine Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer ausgeschlossen sein muss. Auch ist es richtig, dass ein gegen den Abbiegenden sprechender Anscheinsbeweis bei einer Kollision des in ein Grundstück Abbiegenden mit dem durchgehenden Verkehr angenommen wird (König, in: Hentschel, Straßenverkehrsrecht, 43. Aufl. 2015, § 9 StVO Rn 44; Senat, Urt. v. 20.2.2006 – I-1 U 137/05, Urt. v. 16.2.2004 – 1 U 151/03). Für die hiesige Konstellation des Auffahrunfalls eines nachfolgenden Fahrzeugs auf den Abbieger ist die Annahme eines Anscheinsbeweises gegen den Abbiegenden aber nicht zu rechtfertigen.
aa) Die Anwendung des Anscheinsbeweises für ein Verschulden setzt bei Verkehrsunfällen Geschehensabläufe voraus, bei denen sich nach der allgemeinen Lebenserfahrung der Schluss aufdrängt, dass ein Verkehrsteilnehmer seine Pflicht zur Beachtung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt verletzt und dadurch den Unfall verursacht hat; es muss sich um Tatbestände handeln, für die nach der Lebenserfahrung eine schuldhafte Verursachung typisch ist (BGH, Urt. v. 13.12.2011 – VI ZR 177/10, BGHZ 192, 84–90, Rn 7 juris). Wenn ein nachfolgendes Fahrzeug auf einen Abbieger auffährt, ist ein solcher Tatbestand aber nicht gegeben.
bb) Nach Auffassung des Senats lässt die Lebenserfahrung in diesen Fällen bereits nicht den Schluss auf eine Pflichtverletzung des Abbiegenden zu. Zwar ist dieser nach § 9 Abs. 1 S. 1 StVO gehalten, seine Abbiegeabsicht rechtzeitig und deutlich anzukündigen und dabei auch den Fahrtrichtungsanzeiger zu benutzen. Er muss sich auf der Fahrbahn nach links einordnen und erforderlichenfalls auch seine Geschwindigkeit behutsam verringern. Er ist überdies, wie das LG unter Heranziehung einschlägiger Rspr. zutreffend ausführt (LG Saarbrücken Urt. v. 24.1.2014 – 13 S 168/13, juris Rn 20), verpflichtet, den nachfolgenden Verkehr angemessen zu beobachten und notfalls auch den Abbiegevorgang vollständig zurückzustellen. Gleichwohl liegt es auf der Hand, dass auch bei Beachtung der aus § 9 Abs. 5 StVO folgenden hohen Sorgfaltspflichten eine Kollision allein deswegen erfolgen kann, weil der nachfolgende Verkehr alle deutlichen Anzeichen für das beabsichtigte Manöver schlicht übersieht oder allein deshalb auf den Abbiegenden auffährt, weil er seinen Pflichten aus § 4 Abs. 1 StVO (Einhaltung ein...