" … Die Haftungsquote von 2/3 ergibt sich im Rahmen der vorzunehmen Abwägung der wechselseitigen Verursachungsbeiträge gem. § 17 Abs. 3 StVG: Einerseits ist dem Zeugen K (als Führer des Lkw des Kl.) eine Missachtung des angemessenen Sicherheitsabstandes infolge eines Aufmerksamkeitsverschuldens vorzuwerfen, als er unachtsam zu dicht auf die vor ihm fahrende Kehrmaschine auffuhr. Doch war andererseits die Betriebsgefahr des nach rechts abbiegenden Reinigungsfahrzeuges durch einen kausalen Verkehrsverstoß seines Führers, des Bekl. zu 2), schwerwiegend erhöht. Letzterer hat nämlich gegen seine Pflichten aus § 9 Abs. 1 S. 1 verstoßen, indem er in die Baustelleneinfahrt abgebogen ist, ohne dies vorher mit dem Fahrtrichtungsanzeiger anzuzeigen, wodurch der Zeuge K von dem Abbiege-Manöver überrascht wurde. Ob der Baustellenbereich als “Grundstück’ anzusehen und das Fahrverhalten des Bekl. zu 2) daher zugleich als Verstoß gegen die Vorschrift des § 9 Abs. 5 StVO zu werten ist, kann im vorliegenden Fall unentschieden bleiben. Denn im Rahmen der Abwägung nach § 17 Abs. 3 StVG führt der Meinungsstreit nicht zu unterschiedlichen Ergebnissen, weil das besondere Gefahrenpotential, das durch das überraschende Abbiegen in den Baustellenbereich geschaffen wurde, andernfalls als Verstoß gegen § 1 Abs. 2 StVO gleicherwertig zu berücksichtigen wäre."
Auf den im Verhandlungstermin vom 7.6.2016 gestellten Antrag des Kl. hat der Senat unter teilweiser Aufhebung des erstinstanzlichen Urteils und des Verfahrens ein Grundurteil erlassen und den Rechtsstreit zur Entscheidung über die Höhe des Schadensersatzanspruches an das LG zurückverwiesen. Dies war hier gem. § 538 Abs. 2 Nr. 4 ZPO angezeigt, da das LG eine nach Grund und Höhe streitige Klage abgewiesen hat und das weitere Verfahren noch nicht entscheidungsreif ist, zumal nach Erteilung eines erforderlichen rechtlichen Hinweises auch mit einer nicht nur unerheblichen Beweisaufnahme zu rechnen sein dürfte.
Im Einzelnen:
A. Der Anspruch des Kl. gegenüber den Bekl. beruht auf den Regelungen der §§ 7 Abs. 1, 18 Abs. 1 StVG i.V.m. § 115 Abs. 1 Nr. 1 VVG.
1. Nach § 7 Abs. 1 StVG hat der Halter dem Verletzten den Schaden zu ersetzen, der entsteht, wenn bei dem Betrieb seines Kfz eine Sache beschädigt wird. Nach § 18 Abs. 1 StVG ist in diesem Fall auch der Führer des Fahrzeuges zum Ersatz des Schadens verpflichtet. Gem. § 115 Abs. 1 Nr. 1 VVG kann der Geschädigte diese Ansprüche auch unmittelbar gegenüber der Kraftfahrzeughaftpflichtversicherung geltend machen.
2. Diese Voraussetzungen sind vorliegend gegeben:
a. Der Bekl. zu 1) war im Unfallzeitpunkt Halter seines von dem Bekl. zu 2) geführten und am Unfall beteiligten Fahrzeugs, welches bei der Bekl. zu 3) haftpflichtversichert war. Auch war der Unfall für die Bekl. kein unabwendbares Ereignis. Wie im Folgenden noch aufzuzeigen sein wird, ist dem Bekl. zu 2) im Gegenteil ein erheblicher Verkehrsverstoß vorzuwerfen.
b. Der Kl. ist für die Geltendmachung des Unfallschadens am Lkw auch aktiv-legitimiert, obwohl er nicht Eigentümer des Fahrzeuges war.
“Verletzter’ i.S.d. § 7 Abs. 1 StVG und damit Inhaber der aus einem Unfallereignis herrührenden Schadensersatzansprüche kann nämlich auch der berechtigte Besitzer eines Fahrzeuges sein (grundlegend BGH NJW 1981, 750), insb. der Leasingnehmer. Ihm gegenüber hat der Schädiger denjenigen Schaden zu ersetzen, welcher durch den Eingriff in dessen Recht zum Besitz entstanden ist. Hierzu zählt in erster Linie der Nutzungsschaden; zu diesem zählen auch die Auslagenpauschale sowie die vorgerichtlichen Rechtsverfolgungskosten (Senat, Urt. v. 21.6.2011 – I-1 U 157/10). Der Leasingnehmer kann auch den Substanz-Schaden im eigenen Namen geltend machen, sofern er dem Eigentümer gegenüber für die eingetretene Beschädigung einzustehen hat (Senat, Urt. v. 17.3.2015 – I-1 U 78/14; Urt. v. 11.10.2004 – I-1 U 46/04).
Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt, da der Kl. den durch den Unfall beschädigten Lkw von der Eigentümerin geleast hat und im Rahmen des Leasingvertrages verpflichtet war, Beschädigungen des Lkw auf eigene Rechnung fachgerecht instand setzten zu lassen. Die vom Kl. geltend gemachten Schäden sind entweder Substanz-Schäden oder Nutzungsschäden, mit denen seine Möglichkeit der wirtschaftlichen Verwendung des Lkw beeinträchtigt wurde. Hierzu zählt auch der eingeklagte Anspruch auf entgangenen Gewinn.
1. Hinsichtlich des Kl. sind die nachfolgenden Verursachungsbeiträge zu berücksichtigen:
a. Zunächst einmal ist die von dem Lkw des Kl. ausgehende allgemeine Betriebsgefahr in Rechnung zu stellen.
b. Ein Verstoß gegen § 38 Abs. 3 StVO ist nicht gegeben.
Diese Vorschrift regelt zwar, dass bestimmte Fahrzeuge gelbes Blinklicht verwenden dürfen und auf diese Weise vor bestimmten Gefahren gewarnt werden kann. Gem. § 52 Abs. 4 Nr. 1 StVZO darf gelbes Blinklicht auch von Kehrmaschinen verwandt werden. Doch auch wenn diese Vorschrift die anderen Verkehrsteilnehmer zu besonderer Vorsicht mahnt, gewährt sie doch kein von ander...