Leitsatz (amtlich)
1. Die Einschaltung der Warnblinkanlage entbindet den Abbiegenden nicht von der Pflicht, seine Abbiegeabsicht unter Verwendung des Fahrtrichtungsanzeigers rechtzeitig und deutlich anzukündigen.
2. Wer auf einer Autobahn in einer Baustelle nach rechts in den durch Leitbaken abgesperrten Bereich einfährt, hat eine Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer auszuschließen.
Normenkette
StVO § 9 Abs. 1 S. 1, Abs. 5, § 1 Abs. 2
Verfahrensgang
LG Wuppertal (Urteil vom 28.08.2015; Aktenzeichen 4 O 390/14) |
Tenor
Auf die Berufung des Klägers wird - unter Zurückweisung des Rechtsmittels im Übrigen - das am 28.08.2015 verkündete Urteil der Einzelrichterin der 4. Zivilkammer des LG Wuppertal teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Der in zweiter Instanz noch vom Kläger verfolgte Anspruch ist dem Grunde nach in einem Umfang von 2/3 gerechtfertigt.
Die weiter gehende Klage wird abgewiesen.
Zur Entscheidung über die Höhe des Anspruchs und über die Kosten der Berufung wird die Sache an die Einzelrichterin der 4. Zivilkammer des LGes Wuppertal zurückverwiesen.
Gründe
I. Hinsichtlich des Sachverhaltes wird zunächst auf die Darstellung des Tatbestandes im angefochtenen Urteil des LGes Bezug genommen.
Der Kläger begehrt die Zahlung von Schadensersatz auf Grund eines Verkehrsunfalls, welcher sich am 27.05.2011 auf der Autobahn A1 in Fahrtrichtung Dortmund kurz vor der Anschlussstelle Wuppertal-Ronsdorf ereignete.
Der Kläger ist Leasingnehmer des bei dem Unfall beschädigten Lastkraftwagens der Marke V., welcher das amtliche Kennzeichen trägt. Eigentümerin und Leasinggeberin ist die S. GmbH. Im Rahmen des Leasingverhältnisses ist der Kläger verpflichtet, Unfallschäden auf eigene Kosten fachgerecht in einer Vertragswerkstatt instand setzen zu lassen. Der LKW wurde am Unfalltag von dem Fahrer und Zeugen T. K. geführt.
Ebenfalls am Unfall beteiligt war ein von dem Beklagten zu 2) geführtes Straßenreinigungsfahrzeug ("Kehrmaschine") der Marke M. B. mit dem amtlichen Kennzeichen, dessen Halter der Beklagte zu 1) war; haftpflichtversichert war es bei der Beklagten zu 3).
Der Unfall ereignete sich im Bereich einer Baustelle. Für diese war schon mehrere hundert Meter vor dem Unfallort der rechte der drei auf der Autobahn zur Verfügung stehenden Fahrstreifen mit Leitbaken abgesperrt. Die beiden verbleibenden Fahrspuren (die linke und die mittlere) waren im Baustellenbereich durch eine neu aufgebrachte Fahrbahnmarkierung geändert. Im Baustellenbereich war die zulässige Höchstgeschwindigkeit auf 80 km/h reduziert.
Der Beklagte zu 2) beabsichtigte, mit der von ihm geführten Kehrmaschine nach rechts in den Baustellenbereich abzubiegen, um dort seiner Arbeitstätigkeit nachzugehen. Für diese Zwecke stand eine Baustellenausfahrt zur Verfügung, welche man mehrere hundert Meter nach dem Beginn des Baustellenbereiches erreichen konnte. Da es wegen der Länge des Fahrzeugs notwendig war, in diese Einfahrt fast rechtwinklig abzubiegen, musste der Beklagte zu 2) das Tempo der Kehrmaschine stark reduzieren. Zu diesem Zwecke verlangsamte er zu Beginn des Baustellenbereiches sein Fahrzeug zunächst auf eine Geschwindigkeit von etwa 30 km/h und schaltete rechtzeitig davor die Warnblinklichtanlage und die gelbe Rundumleuchte der Kehrmaschine an, um den nachfolgenden Verkehr auf seine reduzierte Geschwindigkeit aufmerksam zu machen.
Der Zeuge K. befuhr mit dem Lkw des Klägers dieselbe Fahrspur und passte seine Geschwindigkeit dem Tempo der vor ihm her fahrenden Kehrmaschine an.
Die Kehrmaschine reduzierte schließlich ihr Tempo noch einmal deutlich und bog anschließend fast in einem rechten Winkel nach rechts in die Baustellenausfahrt ab. Anlässlich dieses Abbiege-Manövers kam es zur Kollision der beiden Fahrzeuge, welche dabei jeweils erheblich beschädigt wurden. Der Lkw des Klägers prallte gegen den die hintere rechte Seite der Kehrmaschine, welche sich in dem Zeitpunkt des Zusammenstoßes schon mit mehr als der hälftigen Fahrzeuglänge im Baustellenbereich befand.
Für die Verbringung des beschädigten LKWs des Klägers von der Autobahn zum Betriebssitz der Abschleppfirma entstanden dem Kläger Kosten in Höhe von 751,64 Euro. Der - nicht fahrfähige - Lkw wurde dann später vom Kläger in Eigenregie zu einer Reparaturwerkstatt verbracht.
Der Kläger hat vorgetragen:
Die im Baustellenbereich durch neue Markierungen auf der Fahrbahn geänderten Fahrspuren seien nicht verengt gewesen. Die Kehrmaschine sei einige Zeit nach Beginn der Baustelle auf die linke der beiden noch zur Verfügung stehenden Fahrspuren gewechselt. Etwas später habe sich der Zeuge K. entschlossen, an der Kehrmaschine auf der von ihm befahrenen rechten Fahrspur vorbeizufahren. Durch das weitere Reduzieren ihrer Geschwindigkeit habe die Kehrmaschine ihren Abstand zu seinem LKW sehr stark verkürzt, was insoweit zwischen den Parteien unstreitig ist. Damit, dass die Kehrmaschine dann plötzlich nach rechts fahren würde, um die rechte Fahrspur rechtwinklig zu überqueren und in den Baustellenbereich abzu...