"… Die Haftung der Bekl. aus §§ 7, 17 StVG, 115 Abs. 1 Nr. 1 VVG ist dem Grunde nach unstreitig. Indes kann der Kl. keinen Schadensersatz gem. § 249 ff. BGB auf Basis der Abrechnung der fiktiven Reparaturkosten verlangen."
Zwar kann ein Geschädigter, der sein Fahrzeug tatsächlich reparieren lässt, grundsätzlich auch vor Ablauf der Sechs-Monats-Frist die Erstattung der konkret angefallenen Reparaturkosten verlangen, wenn diese den Wiederbeschaffungswert nicht übersteigen (BGH, Urt. v. 5.12.2006 – VI ZR 77/06, VersR 2007, 372). Im Streitfall begehrt der Kl. jedoch nicht die Erstattung der konkreten Kosten einer tatsächlich durchgeführten Reparatur, sondern er will seinen Schaden fiktiv auf der Basis der vom Sachverständigen geschätzten Reparaturkosten berechnen. Diese Möglichkeit der Schadensabrechnung ist dem Kl. jedoch aus Rechtsgründen versagt.
Ein Unfallgeschädigter kann nach st. Rspr. des BGH, der sich der Senat anschließt, die vom Sachverständigen geschätzten über dem Wiederbeschaffungsaufwand liegenden Reparaturkosten bis zur Höhe des Wiederbeschaffungswerts i.d.R. nur dann fiktiv abrechnen, wenn er das Fahrzeug mindestens sechs Monate weiter nutzt und es zu diesem Zweck – falls erforderlich – verkehrssicher (teil-)reparieren lässt (vgl. BGH, Urt. v. 23.11.2010 – VI ZR 35/10, VersR 2011, 28; BGH, Urt. v. 29.4.2003 – VI ZR 393/02, BGHZ 154, 395; BGH, Urt. v. 23.5.2006 – VI ZR 192/05, BGHZ 168, 43; BGH, Urt. v. 29.4.2008 – VI ZR 220/07, VersR 2008, 839). Im Streitfall sind die Voraussetzungen für eine fiktive Schadensabrechnung nicht erfüllt, da der Kl. das unfallgeschädigte Fahrzeug unstreitig bereits vor Ablauf der Sechs-Monats-Frist im Juli 2017 weiterverkauft hat.
Die Ausführungen des Kl. zum sog. Dieselskandal geben keine Veranlassung zu einer abweichenden Beurteilung. Will der Kl. trotz Vorliegens von über dem Wiederbeschaffungsaufwand liegenden Reparaturkosten fiktiv abrechnen, hat er sein fortbestehendes Integritätsinteresse dadurch zu beweisen, dass er das Fahrzeug nicht vor Ablauf von sechs Monaten nach dem Unfall verkauft. Auch wenn der Kl. im Streitfall tatsächlich sein Diesel-Fahrzeug aus Sorge vor einem Wertverlust aufgrund verfehlter Emissionshöchstwerte verkauft haben sollte, ändert dies nichts daran, dass er mit dem Verkauf den Restwert des Fahrzeugs realisiert hat, so dass dieser nicht mehr lediglich einen hypothetischen Rechnungsposten darstellt. Dies hat zur Folge, dass der Kl. sich den Restwert auf den Wiederbeschaffungswert seines Fahrzeugs anrechnen lassen muss und ihm die fiktive Schadensabrechnung verwehrt ist.
Da die Bekl. unstreitig bereits auf Totalschadenbasis reguliert hat und eine Abrechnung auf Basis der fiktiv verlangten Reparaturkosten aus den oben dargelegten Gründen nicht in Betracht kommt, stehen dem Kl. weitere Zahlungsansprüche nicht zu. Auch die Meldung des wirtschaftlichen Totalschadens an das HIS-System erweist sich danach entgegen der Auffassung des Kl. nicht als rechtswidrig. …“