[21] II. Die zulässige Berufung ist teilweise begründet.
[22] 1. Das Landgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass die Beklagtenseite grundsätzlich gemäß §§ 1, 13 HPflG für die Folgen des streitgegenständlichen Unfalls einzustehen hat, weil der Unfallschaden bei dem Betrieb einer Schienenbahn entstanden ist, der Unfall nicht auf höhere Gewalt zurückzuführen ist und für den Beklagten zu 2 kein unabwendbares Ereignis im Sinne des § 13 Abs. 3 HPflG darstellt. Es hat ferner angenommen, dass die Klägerseite gemäß §§ 7, 17, 18 StVG i.V.m. § 115 VVG ebenfalls eine Einstandspflicht für das Unfallereignis trifft im Hinblick darauf, dass der Schaden gleichermaßen bei dem Betrieb eines Kraftfahrzeugs entstanden ist und auch für den Drittwiderbeklagten zu 2 weder höhere Gewalt noch ein unabwendbares Ereignis im Sinne von § 17 Abs. 3 StVG vorlag. Hiergegen werden mit der Berufung keine Einwände erhoben.
[23] 2. Der Umfang der Ersatzpflicht nach einem Verkehrsunfall mit mehreren Beteiligten hängt allgemein von einer Abwägung der beiderseitigen Verursachungsbeiträge ab. Dabei ist in erster Linie das Maß der Verursachung, in dem die Beteiligten zur Schadensentstehung beigetragen haben, von Belang, wobei ein Faktor bei der Abwägung das beiderseitige Verschulden ist (vgl. BGH, Urt. v. 22.11.2022 – VI ZR 344/21, juris Rn 11). Diese Grundsätze beanspruchen auch für die Haftungsabwägung beim Unfall einer Schienenbahn mit einem Kraftfahrzeug Geltung. In diesem Fall sind die § 7 Abs. 1, § 17 Abs. 1, 2, 4 StVG, § 1 Abs. 1, § 13 Abs. 1, 2, 4 HPflG nebeneinander anwendbar (vgl. BGH, Urt. v. 11.6.2013 – VI ZR 150/12, juris Rn 10).
[24] Hiervon ist auch das Erstgericht zutreffend ausgegangen. Seine Auffassung, den Drittwiderbeklagten zu 2 treffe ein größeres Verschulden an dem Unfall als den Beklagten zu 2, wird jedoch von der Berufung mit Recht beanstandet.
[25] a) Der Drittwiderbeklagte zu 2 hat gegen § 2 Abs. 3 StVO verstoßen.
[26] Nach dieser Vorschrift müssen Fahrzeuge, die in der Längsrichtung einer Schienenbahn verkehren, diese soweit möglich durchfahren lassen. Der Vorrang gegenüber anderen Fahrzeugen rechtfertigt sich durch die betriebsbedingten Besonderheiten einer Schienenbahn, vor allem ihre Schienengebundenheit und ihre schwere Bremsfähigkeit, die ein besonderes Maß an Rücksichtnahme durch die anderen Verkehrsteilnehmer erfordern (BGH, Urt. v. 6.2.1962 – VI ZR 244/60, NJW 1962, 860, 861; OLG Düsseldorf, Urt. v. 5.12.2017 – I-1 U 33/17, juris Rn 27). Diese müssen insbesondere der Schienenbahn genügend lichten Raum zur Durchfahrt lassen (OLG Karlsruhe, Urt. v. 20.12.1995 – 1 U 119/95, VersR 1997, 333; König in Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 47. Aufl., § 2 StVO Rn 64). Im Streitfall stand der Saarbahn der für die Durchfahrt benötigte Raum nicht zur Verfügung, denn andernfalls wäre es nicht zum Zusammenstoß mit dem klägerischen Lkw gekommen.
[27] Zwar ist der Vorrang der Schienenbahn nach dem Gesetzeswortlaut ("soweit möglich") nicht unbegrenzt. Er besteht aber jedenfalls dann, wenn er bei verkehrsgerechtem Verhalten eingeräumt werden kann (OLG Karlsruhe, a.a.O.). Das war hier der Fall, wobei dahinstehen kann, ob der Drittwiderbeklagte zu 2 – wie die Klägerseite behauptet – in der unmittelbar vorkollisionären Situation weder vor noch zurück fahren konnte in Anbetracht des vor seinem Lkw stehenden, durch das Rotlicht der Ampel an der Weiterfahrt gehinderten anderen Lkw und in Anbetracht des Rückstaus, der sich hinter seinem Gespann gebildet hatte. Selbst wenn es dem Drittwiderbeklagten zu 2 aufgrund der Verkehrssituation objektiv unmöglich gewesen sein sollte, den Lkw noch rechtzeitig vor dem Herannahen der Saarbahn aus deren Lichtraum herauszulenken, wäre das deshalb unerheblich, weil sein verkehrswidriges Verhalten bereits zu einem deutlich früheren Zeitpunkt begann.
[28] Der Drittwiderbeklagte zu 2 ist nämlich mit den linken Reifen seines Gespanns über den Bordstein auf die Saarbahntrasse gefahren, obwohl eine Vorbeifahrt an dem am rechten Fahrbahnrand haltenden anderen Lkw, den er passieren wollte, von vornherein zum Scheitern verurteilt war aufgrund der im weiteren Trassenverlauf im Einmündungsbereich zur Schillstraße aufgestellten Poller.
[29] Dabei kann unterstellt werden, dass die Poller zunächst durch den anderen Lkw verdeckt waren und dass der Drittwiderbeklagte zu 2 die Undurchführbarkeit seines Vorhabens erst realisierte, als er sich mit dem LKW-Gespann bereits teilweise auf der Saarbahntrasse befand. Das lässt den Verkehrsverstoß indes nicht entfallen. Denn es war für den Drittwiderbeklagten zu 2 offensichtlich, dass eine gefahrlose und zügige Vorbeifahrt an dem anderen Lkw – zumal mit einem Gespann – im Hinblick auf die beengten Straßenverhältnisse durch die in der Fahrbahnmitte verlaufende Saarbahntrasse nicht ohne weiteres möglich sein würde. Das gilt umso mehr, als der Drittwiderbeklagte zu 2 dem Klägervortrag zufolge zuvor schon so lange hinter dem anderen Lkw gewartet hatte, dass die Fahrzeuge hin...