[…]
[2] 1. Der Schuldspruch hält der sachlich-rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
[3] a) Nach den Feststellungen planten unbekannt gebliebene Täter, einen Lkw-Fahrer, der – wie sie wussten – einen Umschlag mit einem größeren Bargeldbetrag "im Bereich des Beifahrersitzes" mit sich führen würde, durch das Vortäuschen der Panne eines Pkw zum Anhalten zu zwingen und das Bargeld zu entwenden. Der Angeklagte übernahm gegen einen zugesagten Tatlohn in Höhe von 500 EUR die Aufgabe, "das Geschehen zusätzlich abzusichern" und die erwartete Beute anschließend in seinem Zimmer zu verstecken. In Ausführung dieses Tatplans lauerten der Angeklagte und zwei weitere Tatbeteiligte dem Lkw auf. Als dieser von einem Betriebsgelände in die davor verlaufende Straße einbog, schob ein Mittäter den Pkw quer in die Mitte der Fahrbahn, so dass der Fahrer des Lkw die Straße nicht mehr passieren konnte und zum Anhalten gezwungen war. Unmittelbar darauf lief einer der Täter zur Beifahrertür, öffnete sie und ergriff den dort hinter der Windschutzscheibe liegenden Umschlag mit Bargeld. Dem Lkw-Fahrer gelang es, den Umschlag "durch ein Entreißen aus der Hand des Mittäters" wieder an sich zu bringen.
[4] Auf ein Zeichen des weiteren Tatbeteiligten begab sich der Angeklagte, der nunmehr beschloss, sich "aktiv an der Wegnahme zu beteiligen", weisungsgemäß zur Fahrertür, griff nach dem in der Hand des Fahrers befindlichen Geldumschlag und versuchte, ihm diesen unter Kraftaufwand zu entreißen. Dies misslang; der Umschlag zerriss. Der Angeklagte und die beiden anderen Beteiligten flüchteten, als sich Mitarbeiter des Betriebes, die auf den Vorgang aufmerksam geworden waren, näherten.
[5] b) Die Feststellungen ergeben nicht, dass der Angeklagte den Tatbestand des räuberischen Angriffs auf Kraftfahrer gemäß § 316a Abs. 1 StGB verwirklicht hat.
[6] aa) Gemäß § 316a Abs. 1 StGB macht sich strafbar, wer zur Begehung eines Raubes, eines räuberischen Diebstahls oder einer räuberischen Erpressung einen Angriff auf Leib oder Leben oder die Entschlussfreiheit des Führers eines Kraftfahrzeugs oder eines Mitfahrers verübt und dabei die besonderen Verhältnisse des Straßenverkehrs ausnutzt. Sowohl die Absicht als auch die Ausnutzung der besonderen Verhältnisse des Straßenverkehrs müssen dabei im Zeitpunkt des Angriffs gegeben sein (vgl. BGH, Urt. v. 23.2.2006 – 4 StR 444/05, NStZ-RR 2006, 185; Beschl. v. 10.9.1996 – 4 StR 416/96, NStZ 1997, 236, 237; Urt. v. 7.5.1974 – 5 StR 119/74, BGHSt 25, 315, 316; MüKo-StGB/Sander, 4. Aufl., § 316a Rn 43).
[7] bb) Zwar ergeben die Feststellungen einen Angriff auf die Entschlussfreiheit des Lkw-Fahrers, der durch die Blockade seines Fahrwegs zum Anhalten gezwungen wurde (vgl. zu Straßenblockaden durch Gegenstände BGH, Beschl. v. 5.12.2018 – 4 StR 505/18 Rn 11 [insoweit nicht abgedr. in NStZ 2019, 346]; Urt. v. 12.7.2001 – 4 StR 104/01, DAR 2001, 513). Den Urteilsgründen kann aber auch unter Berücksichtigung ihres Zusammenhangs nicht zweifelsfrei entnommen werden, dass die Beteiligten hierbei in der Absicht handelten, einen Raub (§ 249 Abs. 1 StGB), einen räuberischen Diebstahl (§ 252 StGB) oder eine räuberische Erpressung (§ 255 StGB) zu begehen.
[8] ]Zum Vorstellungsbild der Beteiligten ist nur festgestellt, dass der Umschlag mit Bargeld aus der Fahrerkabine des Lkw "entwendet" werden sollte. Dass dies nach der Vorstellung der Beteiligten mit Nötigungsmitteln im Sinne der genannten Strafvorschriften geschehen sollte, lässt sich den Feststellungen nicht entnehmen. Zwar stellte die mittels des Pkw errichtete Straßenblockade, also der Angriff selbst (vgl. zum möglichen zeitlichen und situativen Zusammenhang von Angriff und Nötigungsmittel der räuberischen Tat LK-StGB/Sowada, 13. Aufl., § 316a Rn 47), eine nötigende Gewalt dar. Es ist jedoch nicht festgestellt, dass hierdurch nach der Vorstellung der Beteiligten eine wenigstens mittelbare Zwangswirkung auf den Körper des Geschädigten entfaltet, also die Voraussetzungen der Gewalt gegen eine Person im erforderlichen Sinn verwirklicht werden sollten (vgl. BGH, Urt. v. 18.9.2019 – 1 StR 129/19, NStZ 2020, 219, 220; Beschl. v. 4.6.2019 – 4 StR 116/19, NStZ 2019, 523, 524).
[9] cc) Auch die Feststellungen zum weiteren Verlauf des Tatgeschehens tragen die rechtliche Würdigung des Urteils nicht. Zwar kann ein Überfall auf einen Kraftfahrer, der anfänglich auf die Verwirklichung einer anderen Straftat abzielt, zu einem räuberischen Angriff im Sinne des § 316a StGB werden, wenn – wie hier – der (beabsichtigte) Einsatz von Raubgewalt zu der Wegnahmeabsicht hinzutritt (vgl. BGH, Urt. v. 7.5.1974 – 5 StR 119/74, BGHSt 25, 315, 317). Dies setzt jedoch voraus, dass das Opfer im Zeitpunkt der Fortsetzung des Angriffs noch Fahrzeugführer ist und der Täter weiterhin die besonderen Verhältnisse des Straßenverkehrs ausnutzt.
[10] (1) Taugliches Tatopfer in diesem Sinne ist, wer das Fahrzeug in Bewegung zu setzen beginnt, es in Bewegung hält oder allgemein mit dem Betrieb des Fahrzeugs oder mit der Bewä...