Mit diesen wenigen Zeilen hat der BGH die Abweisung der Klage auf Zahlung von Anwaltsvergütung i.H.v. 114.866,06 EUR – wie man aus der Festsetzung des Verfahrenswertes nachvollziehen kann – bestätigt. Da der Beschl. des BGH keinen Tatbestand enthält, kann man nur schlussfolgern, welcher Sachverhalt ihm zugrunde liegt. Die Anwältin hatte wohl mit den beklagten Mandanten eine Zeitvergütung mit Zwischenabrechnungen vereinbart und war mehrere Jahre für die Mandanten tätig gewesen. Als sie verjährungshemmende Maßnahmen ergriffen hatte, war ein Teil des Vergütungsanspruchs bereits verjährt, weil in der Vereinbarung konkludent die Abrede gelegen hat, dass die mit jeder Zwischenabrechnung berechnete Zeitvergütung zum Abrechnungszeitpunkt fällig war. Der Fall belegt, dass den Fälligkeitstatbeständen des § 8 RVG und der dazu ergangenen Rspr. nicht immer die nötige Aufmerksamkeit gewidmet wird.
Gem. § 8 Abs. 1 S. 1 RVG wird die Vergütung fällig, wenn der Auftrag erledigt oder die Angelegenheit beendet ist. § 8 Abs. 1 S. 2 RVG regelt Fälligkeitstatbestände für die Vergütung in einem gerichtlichen Verfahren. In diesen Fällen wird die Vergütung auch fällig, wenn eine Kostenentscheidung ergangen oder der Rechtszug beendet ist oder wenn das Verfahren länger als drei Monate ruht.
Der Eintritt der Fälligkeit der Anwaltsvergütung hat sowohl für den Anwalt als auch für den Auftraggeber verschiedene rechtliche Folgen:
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Mit Eintritt der Fälligkeit kann der Anwalt seine Vergütung berechnen und von dem Auftraggeber einfordern. |
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Der Anwalt kann gegen seinen Auftraggeber das Vergütungsfestsetzungsverfahren gem. § 11 RVG betreiben (siehe § 11 Abs. 2 S. 1 RVG) oder eine Honorarklage erheben, wenn dieses Verfahren nicht eröffnet ist. |
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Der Anwalt kann nach Eintritt der Fälligkeit in gerichtlichen Verfahren die Festsetzung des Gegenstandswertes aus eigenem Recht beantragen (§ 33 Abs. 2 S. 1 RVG). Er kann aus eigenem Recht auch gegen die Festsetzung des Gegenstandswertes Beschwerde einlegen (§ 33 Abs. 3 RVG). |
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Mit Eintritt der Fälligkeit endet das Recht auf Vorschuss nach § 9 RVG (siehe Gerold/Schmidt/Mayer, RVG, 21. Aufl., § 8 Rn 33; differenzierend AnwK-RVG/N. Schneider, 6. Aufl., § 8 Rn 10). |
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Mit Eintritt der Fälligkeit hat der Auftraggeber einen Anspruch auf Erteilung einer formgerechten Kostenberechnung gem. § 10 RVG, dies selbst dann, wenn der Auftraggeber die Vergütung gezahlt hat, ohne die Berechnung erhalten zu haben (§ 10 Abs. 3 S. 1 RVG). |
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Mit Fälligkeit der Anwaltsvergütung kann auch der Auftraggeber die Vergütungsfestsetzung gem. § 11 Abs. 1 S. 1 RVG beantragen. |
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Die wohl für Rechtsanwalt und Auftraggeber wichtigste Folge der Fälligkeit der Anwaltsvergütung ist der Beginn der Verjährung des Anspruchs auf Anwaltsvergütung. |
Gem. § 195 BGB verjähren die Ansprüche des Rechtsanwalts wegen seiner Gebühren und Auslagen in drei Jahren. Gem. § 199 Abs. 1 Nr. 1 BGB beginnt die Verjährung mit dem Schluss des Kalenderjahres, in dem der Anspruch entstanden ist. Hierunter ist jedoch nicht schon der Anfall der Gebühren und Auslagen, etwa durch Auslösen des entsprechenden gesetzlichen Gebühren- oder Auslagentatbestandes gemeint. Vielmehr ist für den Beginn der Verjährungsfrist der Zeitpunkt der Fälligkeit der Anwaltsvergütung maßgebend (AnwK-RVG/N. Schneider a. a. O).
Rechtsanwalt und Auftraggeber können hinsichtlich der Fälligkeit der Anwaltsvergütung auch abweichende Vereinbarungen treffen. Derartige Vereinbarungen müssen nicht den Formerfordernissen des § 3a Abs. 1 RVG entsprechen (AnwK-RVG/N. Schneider, § 8 Rn 12). Denn hierbei handelt es sich nicht um eine "Vereinbarung über die Vergütung", da diese durch eine Fälligkeitsvereinbarung unberührt bleibt. Insb. führt die abweichende Vereinbarung einer Fälligkeit nicht zu einer höheren Vergütung. Auch nach abweichender Fälligkeitsvereinbarung schuldet der Auftraggeber dem Anwalt die gesetzliche Vergütung, wenn auch – je nach Inhalt der Vereinbarung – zu einem früheren oder auch späteren Zeitpunkt als in § 8 Abs. 1 RVG geregelt.
Allerdings kann eine Fälligkeitsvereinbarung im Einzelfall wegen Verstoß gegen das grds. bestehende Verbot der Vereinbarung eines Erfolgshonorars (§ 49b Abs. 2 S. 1 RVG) gem. § 134 BGB nichtig sein. Ein solcher Fall kann vorliegen, wenn nach der Vereinbarung die Anwaltsvergütung erst dann fällig werden soll, wenn der Prozessgegner diese gezahlt hat (siehe hierzu BGH NJW-RR 2003, 1067 = AGS 2003, 341; BGH NJW-RR 2004, 1145 = AGS 2004, 440 mit Anm. Madert).
Da Fälligkeitsvereinbarungen somit nicht der Textform des § 3a Abs. 1 S. 1 RVG entsprechen müssen und auch sonst keiner gesetzlichen Form bedürfen, können sie mithin formlos und konkludent getroffen werden. Ein solcher Fall kann vorliegen, wenn sich aus bestimmten Vereinbarungen zwischen Anwalt und Auftraggeber ergibt, dass die Anwaltsvergütung zu einem von den gesetzlichen Erfordernissen des § 8 Abs. 1 RVG abweichenden Zeitpunkt zahlbar sein soll. Haben Anwalt und Auftraggeber beispielsweise bei einem länger andauer...