[7] "… 2. Die Revision hat Erfolg."
[8] a) Rechtsfehlerfrei geht das BG allerdings davon aus, dass ein Anspruch der Kl. auf Ersatz der geltend gemachten Untersuchungs- und Behandlungskosten nur gegeben ist, wenn der Unfall zu einer Körperverletzung ihrer Versicherten geführt hat (§ 249 Abs. 2 S. 1 BGB). Ist eine Primärverletzung nicht bewiesen, fehlt es an einer Rechtsgutverletzung i.S.d. Haftungstatbestände der §§ 823 BGB, 11 StVG. Der bloße Verletzungsverdacht steht einer Verletzung haftungsrechtlich nicht gleich (OLG Hamm, r+s 2003, 434, 436; Jahnke in Burmann/Heß/Jahnke/Janker, Straßenverkehrsrecht, 22. Aufl., Vor § 249 BGB Rn 87 m.w.N.).
[9] b) Das BG hält es für nicht bewiesen, dass die Versicherten G. und F. infolge des Unfalls eine HWS-Distorsion erlitten haben. Diese – vom Revisionsgericht nur eingeschränkt überprüfbare (vgl. Senatsurt. v. 8.7.2008 – VI ZR 274/07, VersR 2008, 1126 Rn 7 m.w.N.) – tatrichterliche Beurteilung lässt keinen Rechtsfehler erkennen und wird von der Revision auch nicht in Frage gestellt.
[10] c) Die Revision wendet sich jedoch mit Erfolg gegen die Annahme des BG, es fehle im Streitfall an dem Nachweis jeglicher Verletzungen. Diese Beurteilung des BG hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung nicht stand. Zwar ist die Würdigung der Beweise grds. dem Tatrichter vorbehalten, an dessen Feststellungen das Revisionsgericht gem. § 559 Abs. 2 ZPO gebunden ist. Dieses kann lediglich nachprüfen, ob sich der Tatrichter entsprechend dem Gebot des § 286 ZPO mit dem Prozessstoff und den Beweisergebnissen umfassend und widerspruchsfrei auseinandergesetzt hat, die Beweiswürdigung also vollständig und rechtlich möglich ist und nicht gegen Denkgesetze und Erfahrungssätze verstößt (st. Rspr. vgl. Senatsurt. v. 16.4.2013 – VI ZR 44/12, VersR 2013, 1045 Rn 13 m.w.N.). Diesen Anforderungen genügt die Beweiswürdigung des BG nicht.
[11] aa) Nach § 286 Abs. 1 ZPO hat das Gericht unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses einer etwaigen Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden, ob eine tatsächliche Behauptung für wahr oder für nicht wahr zu erachten sei. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind. Vorliegend hat das BG nicht ausreichend berücksichtigt, dass die vom AG als Zeuginnen vernommenen Versicherten G und F bekundet haben, am Tag nach dem Unfall Beschwerden bzw. Schmerzen im Halsbereich verspürt zu haben. Das AG hat diese Aussagen für glaubhaft erachtet und sich die Überzeugung gebildet, dass die von G und F geklagten Beschwerden unfallursächlich waren. Die Entscheidungsgründe des Berufungsurteils lassen nicht mit hinreichender Deutlichkeit erkennen, ob das BG die Aussagen der Zeuginnen anders als das AG für nicht glaubhaft und die Beschwerden deshalb für nicht bewiesen erachtet oder ob und ggf. weshalb es (nur) die Unfallursächlichkeit der geschilderten Beschwerden für nicht nachgewiesen hält. Sollte es der Meinung sein, für den Beweis der Unfallursächlichkeit eines Körperschadens sei das Vorhandensein äußerlicher körperlicher Unfallspuren erforderlich, könnte dieser Auffassung nicht beigetreten werden.
[12] bb) Mangels gegenteiliger Feststellungen ist für das Revisionsverfahren zugunsten der Kl. zu unterstellen, dass die Versicherten G und F am Tag nach dem Unfall an Beschwerden im Halsbereich litten. Ob diese Beschwerden eher unspezifisch waren oder als unfallbedingte Körperverletzung zu bewerten sind, unterliegt grds. der tatrichterlichen Beurteilung (vgl. Senatsurt. v. 3.6.2008 – VI ZR 235/07, VersR 2008, 1133). Die Revision weist jedoch mit Recht darauf hin, dass der Begriff der Körperverletzung i.S.d. § 823 Abs. 1 BGB, § 11 StVG weit auszulegen ist. Er umfasst jeden unbefugten, weil von der Einwilligung des Rechtsträgers nicht gedeckten Eingriff in die Integrität der körperlichen Befindlichkeit (vgl. Senatsurt. v. 9.11.1993 – VI ZR 62/93, BGHZ 124, 52, 54 und v. 18.3.1980 – VI ZR 247/78, VersR 1980, 558, 559, insoweit in BGHZ 76, 259 nicht abgedr.; vgl. auch Senatsurt. v. 12.2.2008 – VI ZR 221/06, VersR 2008, 644 Rn 9). Ob diese Voraussetzungen vorliegend erfüllt sind, lässt sich den vom BG getroffenen Feststellungen nicht entnehmen.
[13] d) Sollte das BG nach erneuter Befassung – ggf. nach erneuter Zeugenvernehmung – zu dem Ergebnis gelangen, dass die von den Versicherten G und F geklagten Beschwerden vorhanden und unfall-bedingt waren, hätte die Kl. Anspruch auf Ersatz der Kosten für erfolgte medizinische Untersuchungen und Behandlungen, soweit diese erforderlich waren. Dazu zählen solche Heilbehandlungsmaßnahmen, die aus medizinischer Sicht eine Heilung oder Linderung versprachen. Zu ersetzen sind ferner die damit verbundenen Aufwendungen, zu denen auch etwaige Attestkosten zählen (vgl. MüKo-BGB/Oetker, 6. Aufl., § 249 Rn 409).
[14] e) Sollte das BG dagegen zu dem Ergebnis gelangen, dass die geklagten Beschwerden oder aber deren Unfallbedingtheit nicht bewiesen seien, bestünde entgege...