1. Fehlt in einem prozessbeendigenden gerichtlichen Vergleich eine Kostenregelung, muss das Gericht aufgrund der ihm obliegenden Verpflichtung, über die Kostenverteilung im Rechtsstreit eine Regelung zu treffen (§ 308 Abs. 2 ZPO), eine Kostenentscheidung in Anlehnung an § 91a ZPO treffen. Mit dem Unterlassen der Regelung der Kosten haben die Parteien zu erkennen gegeben, dass der Kostenstreit nicht beigelegt ist. Die sich daraus ergebende negative Kostenregelung verweist auf die Heranziehung des § 91a ZPO zur Schließung dieser "prozessualen Lücke" (vgl. BGH NJW 2007, 835; OLG Brandenburg NJW-RR 1905, 1212; OLG Stuttgart NJW-RR 2011, 1439). Eine fehlende Kostenregelung im Vergleich genügt nicht für die Annahme, dass die Parteien damit in Kauf nehmen, dass die Regel des § 98 S. 2 ZPO gilt, wonach die Kosten gegeneinander aufzuheben sind (vgl. BGH Report 2003, 1046). Vielmehr muss die negative Kostenregelung wenigstens konkludent und vor allem erkennbar getroffen worden sein (vgl. OLG Frankfurt JB 1983, 1877), um den Weg für eine Anwendung des § 91a ZPO frei zu machen.
2. Damit hat § 91a ZPO über den nach seinem Wortlaut und seiner systematischen Stellung hinausgehenden weiteren Anwendungsbereich, wobei für beide Gruppen von Anwendungsfällen vergleichbare Grundsätze gelten. Ausgangspunkt der übereinstimmenden Erledigungserklärungen der Parteien ist der Wegfall des Interesses beider Parteien an der gerichtlichen Bescheidung des Klageantrags (vgl. Prütting/Wesser, ZZP Bd. 116, 267). Der Versuch des Kl., durch eine Erledigungserklärung den Bekl. zu veranlassen, sich dem anzuschließen, kann ein "Fluchtversuch" aus einem möglicherweise erst im Laufe des Rechtsstreit erkennbar gewordenen schwach fundierten Klagevortrag sein. Da der Bekl. sich dem nicht anschließen muss, wird seine Rechtsstellung nicht nachhaltig verschlechtert. Der Bekl. wird damit hinreichend davor geschützt, dass sich der Kl. aus einer von Anfang an oder im Laufe des Rechtsstreits aussichtslosen Klage entfernt. Allerdings muss der Bekl. innerhalb einer Notfrist von zwei Wochen seit der Zustellung des Schriftsatzes, der die Erledigungserklärung des Kl. enthält, dieser widersprechen. Unterlässt er den fristgerechten Widerspruch, liegt hierin eine stillschweigende Zustimmung (§ 91a Abs. 1 S. 2 ZPO). An die Erledigungserklärungen der Parteien ist das Gericht gebunden. Auf das objektive Vorliegen eines erledigenden Ereignisses kommt es nicht an (vgl. BGHZ 83, 14 f.). Übereinstimmende Erledigungserklärungen liegen dann vor, wenn die Parteien nur noch Kostenanträge stellen (vgl. Deubner, JuS 1991, 761, 762). Oft ist Auslöser der übereinstimmenden Erledigungserklärungen – wie im vorliegenden Fall – der Ausgang parallel geführter Strafverfahren. Daraus kann trotz fehlender Bindung des Zivilgerichts an die strafgerichtliche Entscheidung (§ 14 EGZPO) für die eine Partei der Eindruck fehlender Erfolgsaussicht im Rechtsstreit, für die andere Partei die Erwartung entstehen, dass dem in einer Kostenentscheidung zu ihren Gunsten gem. § 91a ZPO Rechnung getragen wird.
Die Gefahr des damit eingeschlagenen Weges des § 91a ZPO besteht dann, dass das Gericht nach "freiem Ermessen" unter Berücksichtigung der Sach- und Rechtslage über die Kostenverteilung, die inzwischen der Hauptstreitpunkt zwischen den Parteien geworden ist, zu entscheiden hat. War im Rechtsstreit noch keine vollständige Sachaufklärung erfolgt, kann das Gericht eine Kostenaufhebung annehmen, obwohl eine Beweisaufnahme gute Chancen für eine Entscheidung zugunsten der jeweiligen Partei gehabt hätte.
Dem kann der Kl. dadurch begegnen, dass er die Abgabe der Erledigungserklärung verzögert, in der Hoffnung, dass die dann durchzuführende Beweisaufnahme seine Rechtsposition stärkt. Spiegelbildlich das Gleiche gilt für den Bekl., der auf das weiter fortzusetzende Verfahren setzt (vgl. Oberheim, Erfolgreiche Taktik im Zivilprozess, 5. Aufl., Rn 2601). Frei von Risiken ist die Verzögerung der Erledigungserklärung allerdings nicht. Der BGH nimmt eine "Billigkeitskorrektur" vor, indem er den frühestmöglichen Zeitpunkt der Erledigungserklärung als Beurteilungsgesichtspunkt bei der Kostenverteilung ansieht (vgl. BGH WRP 2008, 252 Tz. 11; vgl. auch OLGR Frankfurt 1998, 71). Das kann zur Auferlegung der Kosten führen, die nach dem frühestmöglichen Zeitpunkt der Erledigungserklärung entstanden sind (vgl. BGH MDR 2010, 1342; OLG Frankfurt NJW-RR 2007, 788). Andere Wege, der Ungewissheit der Kostenentscheidung im Rahmen des § 91a ZPO zu entgehen – wie der Abschluss eines außergerichtlichen oder gerichtlichen Vergleichs nur über die Kosten (vgl. BAG NJW 2004, 533), eine zustimmungspflichtige Klageänderung auf Ersatz der Kosten (vgl. dazu Oberheim, a.a.O., Rn 2603) sowie die Klagerücknahme und ein Folgeprozess, gerichtet auf die Durchsetzung des materiellen Kostenerstattungsanspruchs – werden entweder an der fehlenden Einwilligung des Bekl. oder daran scheitern, dass der Bekl. nach Klagerücknahme im Vorprozess den Kostenantrag ...