Das Gesetz gibt dem Käufer eines mit abgasmanipulierter Software ausgestatteten Fahrzeugs die Möglichkeit der Anfechtung des Kaufvertrags, Gewährleistungsansprüche aus dem Kaufvertrag sowie Ansprüche aus Deliktsrecht (§ 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 263 StGB bzw. § 826 BGB) an die Hand.
I. Anfechtung wegen arglistiger Täuschung
Bei der rechtlichen Beurteilung einer Anfechtung des Kaufvertrags ist dabei zunächst zu beachten, dass der Käufer in der Regel sein Fahrzeug bei einem Händler und nicht direkt beim VW-Konzern erworben hat. Problematisch für eine Anfechtung des Kaufvertrags wegen arglistiger Täuschung nach § 123 BGB ist die Zurechnung der Täuschungshandlung. Arglist erfordert dabei wenigstens bedingten Vorsatz, jedoch keine Absicht oder Schädigungsvorsatz. Je nachdem wie eng das jeweilige Autohaus mit dem VW-Konzern verbunden ist, bieten sich Argumentationsansätze für eine Wissenszurechnung des Fahrzeugverkäufers im Hinblick auf den Einbau der manipulierten Software.
So hat beispielhaft das LG München eine arglistige Täuschung des beklagten Autohauses bejaht und ihm das Wissen der Ingenieure des Mutterkonzerns zugerechnet. In dem vom LG München zu beurteilenden Fall hielt der VW-Mutterkonzern über mehrere zwischengeschaltete Gesellschaften Gesellschaftsanteile an dem beklagten Autohaus. Das Gericht glaubte hier ferner dem Kläger, dass die Täuschung ursächlich für die Willensbildung des Klägers gewesen sei und dass er in Kenntnis der wahren Abgaswerte seines erworbenen Fahrzeugs eine andere Kaufentscheidung getroffen hätte.
Anders wurde diese Frage vom OLG Celle bewertet. Insbesondere deshalb, da lediglich einem kleinen Teil der Mitarbeiter des VW-Konzerns die Verwendung der Software bekannt gewesen ist und der Skandal erst durch die US-Ermittlungsbehörden aufgedeckt werden konnte. Daher könne dem Autoverkäufer vor Ort ein solches Wissen nicht zugerechnet werden, argumentierten die Richter in Celle. Dem folgte auch das LG Stralsund mit derselben Argumentation.
II. Gewährleistungsansprüche
Die hauptsächlichen gerichtlichen Streitpunkte ranken sich um die kaufrechtlichen Gewährleistungsansprüche.
Erwirbt ein Käufer eine mangelhafte Sache, können ihm innerhalb der gesetzlichen Fristen Gewährleistungsansprüche zustehen. Diese richten sich gegen den Verkäufer – also etwa den Autohändler. Anspruchsgrundlage sind die §§ 434 Abs. 1 S. 1, 437, 440, 323 BGB.
Nach § 434 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 BGB ist der Kaufgegenstand frei von Sachmängeln, wenn er sich für die gewöhnliche Verwendung eignet und eine Beschaffenheit aufweist, die bei Sachen der gleichen Art üblich ist und die der Käufer nach der Art der Sache verlangen kann.
1. Mangelhafte Software
Ein Mangel i.S.v. §§ 433 Abs. 1 S. 2, 434, 437 BGB liegt dann vor, wenn die Ist-Beschaffenheit von der Soll-Beschaffenheit abweicht. Als Beschaffenheitsmerkmale werden dabei alle Eigenschaften erfasst, welche dem Fahrzeug unmittelbar innewohnen, aber auch darüber hinaus alle Umstände, welche nach der Verkehrsanschauung den Wert des Kfz beeinflussen.
Zur Beschaffenheit eines Kaufgegenstands können alle Eigenschaften gehören, die der Sache selbst anhaften sowie alle Beziehungen einer Sache zur Umwelt, die nach der Verkehrsanschauung Einfluss auf die Wertschätzung haben oder die Brauchbarkeit der Sache beeinflussen und ihr unmittelbar anhaften. Maßstab ist dabei, was ein Durchschnittskäufer im Vergleich mit Sachen gleicher Art an Beschaffenheit erwarten kann.
Der Durchschnittskäufer eines Neufahrzeugs kann davon ausgehen, dass die gesetzlich vorgegebenen und im technischen Datenblatt aufgenommenen Abgaswerte nicht nur deshalb eingehalten und entsprechend attestiert werden, weil eine Software installiert worden ist, die dafür sorgt, dass der Prüfstandlauf erkannt und über entsprechende Programmierung der Motorsteuerung in gesetzlich unzulässiger Weise insbesondere der Stickoxidausstoß reduziert wird. Insoweit resultiert die Mangelhaftigkeit nicht etwa daraus, dass die unter Laborbedingungen (Prüfstandlauf) gemessenen Werte im alltäglichen Straßenverkehr nicht eingehalten werden, sondern basiert darauf, dass der Motor die Vorgaben im Prüfstandlauf nur aufgrund der manipulierten Software einhält.
Auch ohne die Abschaltvorrichtung gemessene höhere Abgaswerte können einen Mangel darstellen, und zwar dann, wenn es sich bei den Abgaswerten, die in einem Verkaufsprospekt genannt werden, um eine Beschaffenheitsvereinbarung handelt. Dies ist dann der Fall, wenn die Abgaswerte als Beschaffenheit beschrieben sind und diese Beschreibung vom Inhalt des Vertrags umfasst ist. Hier muss durch Auslegung ermittelt werden, ob ein besonderer Einstandswille des Verkäufers oder gar eine Garantiezusage vorliegt. Ausschlaggebend können hier mündliche Beschreibungen in einem Verkaufsgespräch ebenso wie Informationen aus einem Inserat, Verkaufsschild oder anderen Angebotsformen sein. Erfasst werden auch öffentliche Äußerungen, insbes...