Prof. Dr. Roland Rixecker
VVG § 116 Abs. 1; BGB § 426 Abs. 2, § 823 Abs. 1 BGB
Der in Regress genommene Versicherte kann grds. nicht einwenden, den Geschädigten, dessen Ansprüche der Versicherer erfüllt hat, treffe ein Mitverschulden.
AG Merzig, Urt. v. 23.8.2010 – 24 C 321/10
Der Beklagte, Sohn des Versicherungsnehmers, besaß keine Fahrerlaubnis. Er entwendete seinem Vater die Schlüssel des versicherten Geländewagens, fuhr auf dem Hofgelände des elterlichen Anwesens herum und stieß mit dem Geschädigten zusammen. Die Klägerin regulierte den Unfallschaden und nahm den Beklagten in Regress. Dieser verteidigte sich damit, den Geschädigten treffe ein Mitverschulden.
Aus den Gründen:
“Die Klage ist bis auf die Mahnkosten begründet.
Die Anspruchsgrundlage ergibt sich aus § 116 Abs. 1 S. 1–3 VVG i.V.m. den §§ 426 Abs. 2 S. 1, 823 Abs. 1 BGB, § 18 StVG.
Danach kann der Versicherer Ersatz seiner Aufwendungen verlangen, die er den Umständen nach für erforderlich halten durfte, wenn er als Gesamtschuldner neben dem Versicherten bzw. einem mitversicherten Dritten Leistungen an den Geschädigten erbringt und der Versicherer im Verhältnis zu dem Versicherungsnehmer bzw. dem mitversicherten Dritten von der Verpflichtung zur Leistung frei ist. …
Unstreitig war der Beklagte unberechtigter Fahrer des Pkw seines Vaters i.S.d. § 2b Abs. 1b AKB, da er das Fahrzeug gegen den Willen seines Vaters und Halters benutzte. Da die Klägerin dem Beklagten mit Schreiben vom 15.11.2007 den Versicherungsschutz versagt hatte, war sie ihm gegenüber leistungsfrei und berechtigt, Regressansprüche geltend zu machen.
Im Rahmen des Rückgriffs gem. § 116 Abs. 1 S. 1–3 VVG (früher § 3 Nr. 9 PflVersG) kann der in Anspruch genommene Versicherte grds. keine Einwendungen aus dem Haftpflichtverhältnis geltend machen. Die Vollmacht aus § 10 Abs. 5 AKB gilt zugunsten des Versicherers auch für versicherte Personen, sodass der Versicherte die Verfügung im Verhältnis zum Verletzten gegen sich gelten lassen muss (OLG Karlsruhe VersR 1971, 509).
Auf Grund der Schadensmeldung des Vaters des Beklagten (Fahrzeughalter und Versicherungsnehmer) vom 20.10.2007 bestand für die Klägerin kein Anlass, eine eventuelle Mithaftung des Fahrers des Mopeds in Betracht zu ziehen. Da die Klägerin vorsorglich noch die Zeugen V und G schriftlich zum Unfallhergang befragt hatte und diese mitteilten, dazu nichts sagen zu können, ergaben sich keine konkreten Anhaltspunkte für eine eventuelle Mithaftung des Mopedfahrers.
Die Klägerin war deshalb verpflichtet, die vom Geschädigten geltend gemachten Ansprüche zu regulieren. …
Die vom Beklagten gezahlten Gutachterkosten i.H.v. 360,57 EUR hat dieser selbst veranlasst, weil er den Unfallschaden ohne Einschaltung der Klägerin regulieren wollte.
Für dieses vom Vater des Beklagten eingeholte Privatgutachten braucht die Klägerin nicht einzustehen. Die von ihr regulierten Sachverständigenkosten waren die Kosten, die durch die Erstattung eines Gutachtens auf Grund eines Auftrags des Geschädigten zur Feststellung der Schadenshöhe angefallen waren.”
Der Regress des Kfz-Haftpflichtversicherers wegen des von ihm dem Geschädigten geleisteten Ersatzes bereitet immer wieder rechtliche Probleme.
Anders als der Regress des Kaskoversicherers gegen den schädigenden Dritten, der sich auf den Übergang des Schadensersatzanspruchs des Versicherten nach § 86 Abs. 1 S. 1 VVG stützt, geht es bei ihm um die Inanspruchnahme des schädigenden Versicherungsnehmer oder des Versicherten. Versicherer und Versicherungsnehmer (oder der Versicherte) haften nach § 115 Abs. 1 S. 4 VVG als Gesamtschuldner. Das Innenverhältnis der Gesamtschuldner regelt § 116 VVG. Ist der Versicherer in diesem Innenverhältnis leistungsfrei – vor allem wegen Verletzung einer vor oder nach dem Versicherungsfall zu erfüllenden Obliegenheit –, kann er nach § 426 Abs. 2 BGB i.V.m. § 116 Abs. 1 S. 2 VVG Rückgriff nehmen. Diesem Rückgriff sind – anders als nach § 86 Abs. 3 VVG in der Kaskoversicherung – auch Personen ausgesetzt, mit denen der Versicherungsnehmer in häuslicher Gemeinschaft lebt (BGH VersR 1984, 327). Begrenzt wird der Regress nur durch die Höchstgrenzen der §§ 5 Abs. 3, 6 Abs. 3 KfzPflVV. Ist der Versicherer im Innenverhältnis teilweise leistungsfrei – auf Grund einer Quotelung nach § 28 Abs. 2 VVG – gilt der Grundsatz "Quote vor Regressbegrenzung".
Wenig bekannt ist, dass im Rückgriffsrechtsstreit Versicherungsnehmer oder Versicherter nicht ohne Weiteres einwenden können, der durch den Versicherer regulierte Anspruch des Geschädigten (für dessen Erfüllung der Versicherer sich schadlos halten will) habe gar nicht oder nicht in der geleisteten Höhe bestanden. Daran erinnert die abgedruckte Entscheidung, auch wenn sie die maßgebliche Vorschrift nicht nennt: Nach § 124 Abs. 2 VVG muss der Versicherungsnehmer (oder der Versicherte) es gegen sich gelten lassen, wenn der Anspruch des Dritten durch rechtskräftiges Urteil, Anerkenntnis oder Vergleich festgestellt worden (und so erfüllt worden) ist. Über den Wortlaut im engeren...