[5] “… Das BG, dessen Entscheidung in VersR 2010, 1193 veröffentlicht ist, hat ausgeführt: Der Bekl. hafte zwar dem Grunde nach gem. § 823 Abs. 1 BGB. Die Voraussetzungen für die Unzurechnungsfähigkeit des Bekl. gem. § 827 S. 1 BGB könnten nicht festgestellt werden. Die Blutalkoholkonzentration von über 3 Promille reiche hierfür allein nicht aus. Weitere Indizien könnten nicht festgestellt werden. Die Haftung des Bekl. sei jedoch zu seinen Gunsten als berechtigtem Fahrer auf die vereinbarte Selbstbeteiligung von 770 EUR beschränkt. Die Vertragsbestimmung in den AGB der Kl., die einen pauschalen und generellen Haftungsvorbehalt für den Fall der groben Fahrlässigkeit vorsieht, verstoße gegen § 307 BGB und sei deshalb unwirksam. Weil die Parteien des Mietvertrags eine Haftungsreduzierung für den Mieter nach Art der Vollkaskoversicherung mit Selbstbeteiligung vereinbart hätten, dürfe der Mieter darauf vertrauen, dass die Reichweite des mietvertraglich vereinbarten Schutzes im Wesentlichen dem Schutz entspreche, den er als Eigentümer des Kraftfahrzeugs und als VN in der Fahrzeugvollversicherung genießen würde …
[8] II. … 2. Entgegen der Annahme des BG scheitert die Haftung des Bekl. aber nicht ohne weiteres an der zwischen der Kl. und der Arbeitgeberin des Bekl. vereinbarten vertraglichen Haftungsfreistellung.
[9] a) Mit Recht hat das BG allerdings angenommen, dass bei einem gewerblichen Kraftfahrzeugmietvertrag mit Haftungsfreistellung nach Art der Fahrzeugvollversicherung die Vertragsbestimmung, die die volle Haftung des Mieters oder seines berechtigten Fahrers bei grober Fahrlässigkeit vorsieht, gem. § 307 BGB unwirksam ist. Denn eine solche Klausel weicht von wesentlichen Grundgedanken der hier maßgeblichen gesetzlichen Regelung über die Fahrzeugvollversicherung ab und ist mit dieser nicht zu vereinbaren.
[10] aa) Gem. § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB ist der Vertragspartner im Zweifel nach § 307 Abs. 1 S. 1 BGB unangemessen benachteiligt, wenn eine Vertragsbestimmung mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist. Von maßgeblicher Bedeutung ist insoweit, ob die dispositive gesetzliche Regelung nicht nur auf Zweckmäßigkeitserwägungen beruht, sondern eine Ausprägung des Gerechtigkeitsgebots darstellt. Dabei brauchen Grundgedanken eines Rechtsbereichs nicht in Einzelbestimmungen formuliert zu sein. Es reicht aus, dass sie in allgemeinen, am Gerechtigkeitsgedanken ausgerichteten und auf das betreffende Rechtsgebiet anwendbaren Grundsätzen ihren Niederschlag gefunden haben …
[11] Dementsprechend wird, wovon das BG zutreffend ausgeht, der Umfang einer entgeltlichen Haftungsfreistellung in einem gewerblichen Kraftfahrzeugmietvertrag am Leitbild der Kraftfahrzeugvollversicherung beurteilt. Vereinbaren die Parteien eines Kraftfahrzeugmietvertrags eine entgeltliche Haftungsreduzierung für den Mieter nach Art einer Vollkaskoversicherung, so darf dieser – wie der VN – darauf vertrauen, dass die Reichweite des mietvertraglich vereinbarten Schutzes im Wesentlichen dem Schutz entspricht, den er als Eigentümer des Kraftfahrzeugs und als VN in der Fahrzeugvollversicherung genießen würde. Nur bei Einräumung dieses Schutzes genügt der gewerbliche Vermieter von Kraftfahrzeugen seiner aus dem Grundsatz von Treu und Glauben erwachsenen Verpflichtung, schon bei der Festlegung seiner AGB die Interessen künftiger Vertragspartner angemessen zu berücksichtigen …
[12] bb) In der Fahrzeugvollversicherung ist – wie auch sonst im Versicherungsvertragsrecht – eine Vertragsbestimmung in AGB, wonach der VN voll haftet, wenn er den Versicherungsfall grob fahrlässig herbeiführt, regelmäßig gem. § 307 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB unwirksam (vgl. Baumann, in: Bruck/Möller, VVG, 9. Aufl. § 81 Rn 189, 191 … ; Rixecker, zfs 2007, 15, 16).
[13] Eine Mindermeinung hält einen solchen Leistungsausschluss zwar für zulässig (Günther/Spielmann, r+s 2008, 133, 143). Dieser Ansicht ist aber nicht zu folgen. Die Abschaffung des Alles-oder-nichts-Prinzips durch § 81 Abs. 2 VVG in der seit 1.1.2008 geltenden Fassung war ein “zentraler Punkt’ der Gesetzesreform (vgl. BT-Drucks 16/3945, S. 49). Die formularmäßige Rückkehr zu § 61 VVG a.F. wird daher in der Regel als unzulässig, weil einem wesentlichen Grundgedanken (§ 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB) des Versicherungsvertragsrechts widersprechend, beurteilt (vgl. LG Göttingen VersR 2010, 1490, 1491; LG Konstanz zfs 2010, 214, 215 mit insoweit zustimmender Anmerkung Rixecker … ).
[14] cc) Nach Ziff. 7 der Allgemeinen Vermietbedingungen wird dem berechtigten Fahrer der gleiche Umfang der Haftungsfreistellung gewährt wie dem Mieter, weshalb für die Beurteilung der Wirksamkeit der Klausel hier auch das Verhältnis des Vermieters zum Mieter maßgeblich ist. Die Erwartung einer der Fahrzeugvollversicherung entsprechenden Vertragsgestaltung besteht bei Kraftfahrzeugmietverträgen mit entgeltlicher Haftungsreduzierung auch hinsichtlich des Verhaltens eines Fahrers, dem der Mieter berechti...