" … I. Die Kl. leitet den von ihr mit der Klage als Hauptforderung geltend gemachten Zahlungsanspruch aus einem zwischen den Parteien geschlossenen Vertrag über eine Kraftfahrt-Vollkaskoversicherung für das Fahrzeug … mit dem amtlichen Kennzeichen … her. Mit diesem Fahrzeug erlitt die Kl. am 31.1.2014 einen Verkehrsunfall. Den dadurch entstandenen Schaden i.H.v. 5.504,32 EUR verlangt die Kl. abzüglich des Selbstbehalts von 300 EUR mit der Klage ersetzt. Die Bekl. hat sich gegen den geltend gemachten Anspruch ausschließlich damit verteidigt, sie sei mit Schreiben v. 26.2.2014 wirksam nach § 37 Abs. 1 VVG vom Versicherungsvertrag zurückgetreten, zudem sei sie nach § 37 Abs. 2 VVG leistungsfrei. Diese Einwände der Bekl. greifen indes entgegen der Ansicht des LG nicht durch, weil die Bekl. die dafür erforderlichen Voraussetzungen nicht bewiesen hat."

1. Nach § 37 Abs. 1 VVG ist der VR, wird die erste Prämie nicht rechtzeitig gezahlt, solange zum Rücktritt vom Vertrag berechtigt, wie die Zahlung nicht bewirkt ist, es sei denn, der VN hat die Nichtzahlung nicht zu vertreten. Nach § 37 Abs. 2 S. 1 VVG ist der VR, ist die erste Prämie bei Eintritt des Versicherungsfalls nicht gezahlt, nicht zur Leistung verpflichtet, es sei denn, der VN hat die Nichtzahlung nicht zu vertreten. Voraussetzung von Rücktrittsrecht und Leistungsfreiheit ist es demnach, dass die Erstprämie nicht rechtzeitig gezahlt worden ist, was das Ausbleiben der Leistungshandlung zum Zeitpunkt der Fälligkeit voraussetzt (vgl. etwa Rixecker, in: Römer/Langheid, VVG, 4. Aufl., § 37 Rn 6). Für den Streitfall bedeutet dies, dass die Erstprämie, auf deren Nichtzahlung sich die Bekl. zur Begründung ihres auf § 37 Abs. 1 VVG bzw. aus § 37 Abs. 2 VVG gestützten Einwands beruft, zum Zeitpunkt des Verkehrsunfalls am 31.1.2014 bzw. zum Zeitpunkt des mit Schreiben v. 26.2.2014 erklärten Rücktritts zur Zahlung fällig gewesen sein muss. Fälligkeitsvoraussetzung ist indes der Zugang des Versicherungsscheins (s. Knappmann, in: Prölss/Martin, VVG, 29. Aufl., § 33 Rn 7, § 38 Rn 10 ff.), für den der VR darlegungs- und beweisbelastet ist (vgl. etwa OLG Hamm r+s 1992, 258 … ). Einen solchen Zugang beweist nicht – auch nicht prima facie – die Absendung. Es bestehen keine Erfahrungssätze, dass Postsendungen den Empfänger erreichen, zumal es in der Hand des VR liegt, etwaige Beweisschwierigkeiten zu vermeiden (vgl. OLG Hamm r+s 1992, 258 … ).

2. Die Bekl. hat den nach allem ihr obliegenden Beweis, dass der einschlägige Versicherungsschein der Kl. vor dem Verkehrsunfall am 31.1.2014 bzw. vor Zugang des Rücktrittsschreibens v. 26.2.2014 zugegangen ist, nicht geführt. Hierauf wurde bereits in der Terminsverfügung hingewiesen. Sollte das LG eine gegenteilige Feststellung getroffen haben, hätte diese nach § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO keinen Bestand.

a) Die Bekl. behauptet zumindest sinngemäß, der Versicherungsschein sei der Kl. in dem genannten Zeitraum zugegangen. Sie führt aus, der Versicherungsschein sei am 26.11.2013 oder kurz danach per einfachem Schreiben an die Kl. übersandt worden, dieses Schreiben sei nicht zurückgekommen. Die Kl. bestreitet einen solchen Zugang. Dieses Bestreiten ist ausreichend; der VN kann sich grds. auf einfaches Bestreiten beschränken. …

b) Die Bekl. ist beweisfällig geblieben. aa) Die Absendung und der Umstand, dass die Sendung nicht zurückgekommen ist, beweisen – wie erwähnt – auch nicht prima facie den streitigen Zugang, zumal die Übersendung mit einfacher Post erfolgt ist (vgl. auch OLG Hamm r+s 1992, 258). Die Bekl. hat für ihre bestrittene Behauptung auch nach erfolgtem Hinweis keinen Beweis angeboten.

bb) Der Umstand, dass die Kl. weder in der Klagschrift v. 27.6.2014 noch in dem außergerichtlichen Schreiben v. 28.4.2014 den Zugang bestritten und sich in ihrem Schriftsatz v. 27.8.2014 dahin eingelassen hat, sie habe lediglich einen Versicherungsschein erhalten, jedoch keine Zahlungsaufforderung, sowie dass das erstmalige Bestreiten des Zugangs des Versicherungsscheins auf die gerichtliche Verfügung v. 4.9.2014 hin erfolgt ist, mag – allenfalls – gewisse Zweifel daran begründen, dass der Kl. der Versicherungsschein tatsächlich nicht zugegangen ist. Solche Zweifel rechtfertigen aber nicht, den der Bekl. obliegenden Beweis als geführt anzusehen, wie dies die Bekl. den Erwägungen des LG entnehmen will.

cc) Die Darlegungen der von dem LG als Zeugin vernommenen Vermittlerin sind für das hier in Frage stehende Beweisthema unergiebig, jedenfalls stützen sie nicht die Behauptung der Bekl. …

dd) Aus eigenen Angaben der Kl. im Rechtsstreit ergibt sich nichts für die Richtigkeit der streitigen Behauptung der Bekl. Die Kl. hat an dem Termin vor dem LG selbst nicht teilgenommen und sich im Rechtsstreit auch sonst nicht selbst geäußert. Ihr Prozessbevollmächtigter hat in diesem Termin jedoch erklärt, seine Mandantin wisse nicht mehr genau, wann sie eine Kopie des Versicherungsscheins erhalten habe, sie meine aber, dass sie das Original nicht erhalten habe, sondern eine...

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