1. Der BayVGH hat im Rahmen einer Interessenabwägung die aufschiebende Wirkung der Klage unter Auflagen wiederhergestellt. Mit Blick auf den Ablauf der sog. verfahrensrechtlichen Einjahresfrist seien weitere Aufklärungsmaßnahmen erforderlich gewesen. Allerdings genüge die bloße Behauptung der Drogenabstinenz jedoch regelmäßig nicht, sondern es müssen Umstände hinzutreten, die diese Behauptung glaubhaft und nachvollziehbar erscheinen lassen.

Auch das OVG des Landes Sachsen-Anhalt (Beschl. v. 1.10.2014 – 3 M 406/14, VerkMitt. 2015, S. 14, Ls. in zfs 2015, 236) geht davon aus, dass die Fahrerlaubnisbehörde nach Ablauf einer Frist von einem Jahr nach erwiesener oder auch nur behaupteter Drogenabstinenz grds. nicht mehr ohne Weiteres berechtigt sei, die Entziehung der Fahrerlaubnis ohne weitere Überprüfung einer fortbestehenden Drogenabhängigkeit allein aufgrund der in der Vergangenheit anzunehmenden Ungeeignetheit zum Führen eines Kfz zu stützen. Anders verhält es sich nach OVG des Landes Sachsen-Anhalt a.a.O. allerdings dann, wenn nach den eigenen Angaben des Fahrerlaubnisinhabers im Zeitpunkt der Entscheidung der Fahrerlaubnisbehörde die Jahresfrist noch nicht abgelaufen ist und/oder die materiellen Voraussetzungen für die Annahme eines nachhaltigen Drogenverzichts nicht vorliegen bzw. diese nicht in der erforderlichen Weise glaubhaft gemacht worden sind.

Die "verfahrensrechtliche Einjahresfrist" als solche stellt der BayVGH entgegen der Rspr. des VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 7.4.2014 – 10 S 404/14 (zfs 2014, 355, Ls. 3) nicht in Frage. Beim VGH Bad.-Württ. a.a.O. heißt es:

"Ist die Kraftfahreignung wegen Drogenkonsums nach Nr. 9.1 der Anlage 4 zur FeV verloren gegangen, entfällt nicht allein durch die Behauptung einer nachfolgenden Drogenabstinenz und den Ablauf eines Jahres seit Beginn der behaupteten Abstinenz die Befugnis der Fahrerlaubnisbehörde, wegen fortbestehender Fahrungeeignetheit die Fahrerlaubnis zu entziehen, wenn der materielle Nachweis der Wiedererlangung der Fahreignung von dem Betr. nicht erbracht worden ist. Vielmehr ist ohne Bindung an starre zeitliche Grenzen und unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls zu beurteilen, ob sich der Betr. trotz des Ablaufs einer längeren Zeitspanne weiterhin als fahrungeeignet erweist (entgegen BayVGH, Beschl. v. 9.5.2005 – 11 CS 04.2526 – BayVBl. 2006, 18)."

2. Aufgeben hat der Senat seine bisherige Rspr. zur Wirkung des § 47 Abs. 1 S. 1 und 2 FeV als einer Regelung i.S.d. § 80 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 VwGO (Entfallen der aufschiebenden Wirkung der Anfechtung aufgrund entsprechender Anordnung in einem Gesetz). Die Fahrerlaubnisbehörden werden deshalb neben der Anordnung der sofortigen Vollziehung der Fahrerlaubnisentziehung auch die Anordnung der Ablieferung des Führerscheins nach § 80 Abs. 2 S. 1 Nr. 4 VwGO für sofort vollziehbar erklären müssen.

Klaus-Ludwig Haus

zfs 12/2015, S. 718 - 721

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