" … II. Die sofortige Beschwerde der Kl. ist zwar gem. §§ 104 Abs. 3 S. 1, 567 ff. ZPO, § 11 Abs. 1 RPflG zulässig. In der Sache hat sie jedoch keinen Erfolg."

1. a) Die Kosten eines prozessbegleitend eingeholten Privatgutachtens sind zwar – angeblich – nur “ausnahmsweise’ erstattungsfähig (vgl. nur Zöller/Herget, 31. Aufl., § 91 ZPO Rn 13 “Privatgutachten’ m.w.N.) und vielfach nicht notwendig (MK-ZPO/Schulz, 4. Aufl., § 91 ZPO Rn 162). Deshalb sind an den Sachvortrag einer Partei zum Vorliegen einer Ausnahme “strenge Anforderungen’ zu stellen (vgl. Flockenhaus in: Musielak/Voit, 13. Aufl., § 91 ZPO Rn 60). Der BGH hat die Frage, ob eine verständige und wirtschaftlich vernünftig denkende Partei die Kosten auslösende Maßnahme ex ante als sachdienlich ansehen durfte, insbesondere in Fällen bejaht, in denen die Partei infolge fehlender Sachkenntnisse ohne die Einholung des Privatgutachtens nicht zu einem sachgerechten Vortrag in der Lage war (BGH RVGreport 2012, 229 (Hansens) = zfs 2012, 285 m. Anm. Hansens unter Hinweis auf BGH BRAGOreport 2003,96 (ders.) = AGS 2003, 178 und BGH RVGreport 2006, 315 (ders.) = AGS 2006, 461). Hierzu gehören auch Fälle, in denen die Partei ohne Einholung eines Privatgutachtens ein ihr nachteiliges Gerichtssachverständigengutachten nicht zu erschüttern vermag (BGH RVGreport 2012, 229 (Hansens)). Dies entspricht auch der st. Rspr. des Senats.

b) Das Vorliegen eines solchen Falls hat die Rechtspflegerin im Rahmen der Möglichkeiten eines – bloßen – Kostenfestsetzungsverfahrens in zumindest vertretbarer Weise bejaht. … Die Rechtspflegerin hat bei der Prüfung der Notwendigkeit der für die Festsetzung nach § 104 ZPO angemeldeten Kosten die Rspr. des BGH auf den vorliegenden Fall angewandt. Die Komplexität der hier aufgeworfenen Fachfragen wird allein schon im Umfang der Akten nebst Beiakte deutlich. Es sind bereits im selbstständigen Beweisverfahren 2 verschiedene Gerichtssachverständige tätig gewesen, die allein 3 Ergänzungsgutachten zu dem Hauptgutachten erstellt haben. Im hiesigen Rechtsstreit waren 2 Ortstermine erforderlich und ein Ergänzungsgutachten sowie die Anhörung des gerichtlich bestellten Sachverständigen. Wenn schon die jeweiligen Sachverständigen als Sonderfachleute bei der hier in Rede stehenden Problematik zu nahezu gegensätzlichen Ergebnissen kommen, kann der Bekl. als bloßem Bauunternehmen die behauptete fehlende Sachkunde nicht abgesprochen werden. Eine weitergehende Prüfung ist der Rechtspflegerin nicht möglich und sprengt den Rahmen eines Kostenfestsetzungsverfahrens.

Wenn man aber von fehlender Sachkunde der Bekl. im vorliegenden Fall ausgehen muss, kann man ihr eine fachgerechte Beratung bei den Ortsterminen nicht versagen. Denn dabei werden die maßgeblichen Feststellungen für das spätere Gutachten getroffen. Gerade wenn es darum geht, im Rahmen eines früheren gerichtlichen Verfahrens von gerichtlich bestellten Sachverständigen bereits erstellte Gutachten zu widerlegen, erscheinen die bei den notwendigen Ortsterminen gewonnenen Erkenntnisse wesentlich für die – neuen – sachverständigen Schlussfolgerungen. Dort werden quasi die Weichen für die Bearbeitung und Herangehensweise des nunmehrigen Gerichtssachverständigen gestellt. Es kann einer Partei in Fällen wie hier nicht allein aus kostenrechtlichen Gründen verwehrt werden, sich im Ortstermin selbst des Beistands eines eigenen Sachverständigen zu bedienen, um Einfluss auf die Methodik und Durchführung der erneuten Beweisaufnahme zu nehmen und das bisher von den Sachverständigen festgestellte Ergebnis des selbstständigen Beweisverfahrens in Frage zu stellen. Ähnlich wie zur Widerlegung eines Gerichtsgutachtens bedarf die Partei in solchen Fällen in aller Regel fachkundiger Hilfe, wenn sie nicht selbst genug Sachkunde besitzt. Dies hat die Rechtspflegerin in ausreichender Weise geprüft und dargelegt. Mehr kann man von ihr im Rahmen eines zügig und auf vereinfachte Prüfung zugeschnittenen Massenverfahrens nicht verlangen. Dies macht gerade den Unterschied zwischen der Prüfung der “Notwendigkeit’ von Kosten im Rahmen eines Prozessverfahrens (z.B. auf Schadensersatz) aus.

c) Der BGH hat insbesondere mit seiner Entscheidung v. 7.2.2013 (RVGreport 2013, 276 (Hansens) = zfs 2013, 526 m. Anm. Hansens) nicht nur den Anwendungsbereich von § 91 Abs. 1 ZPO und seine Rspr. zur Erstattungsfähigkeit von privaten Sachverständigengutachten auf das selbstständige Beweisverfahren und Kostenentscheidungen nach § 494a Abs. 2 S. 1 ZPO ausgedehnt. Vielmehr hat er auch noch einmal ausdrücklich bestätigt, dass die Einholung eines Privatgutachtens durch eine nicht sachkundige Partei notwendig sein kann, wenn sie ohne sachverständige Hilfe zu einem sachgerechten Vortrag nicht in der Lage ist. Dazu gehören die Fälle, in denen die Partei ohne sachverständige Hilfe die Feststellungen des Sachverständigen nicht überprüfen oder erschüttern oder das Fragerecht ihm gegenüber nicht ausüben kann (BGH, a.a.O. mit Hinweis auf BGH RVGreport 2012, 229 (Hanse...

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