FZV § 3 Abs. 1 S. 2 § 5 Abs. 1, Abs. 2 § 6 Abs. 3 S. 1 § 14 Abs. 1; EG-FGV § 25 Abs. 1, Abs. 2; VO (EG) Nr. 715/2007 Art. 3 Nr. 10 5 Abs. 2; VwGO § 93 S. 1
Leitsatz
1. Nimmt ein Fahrzeughalter trotz Aufforderung an einer Rückrufaktion zur Beseitigung einer unzulässigen Abschalteinrichtung nicht teil, kann ihm die Zulassungsbehörde den Betrieb des Fahrzeugs auf öffentlichen Straßen untersagen.
2. Nach Verkündung der verfahrensabschließenden Entscheidungen kann das Gericht eine Verbindung von Verfahren zur gemeinsamen Entscheidung nicht mehr wirksam beschließen.
BayVGH, Urt. v. 22.10.2019 – 11 BV 19.824
Sachverhalt
Der Kl. wendet sich gegen die Aufforderung zur Mängelbeseitigung und die Untersagung des Betriebs seines Fahrzeugs auf öffentlichen Straßen.
2 Aus den Gründen:
"[21] Die zulässige Berufung gegen die Ausgangsurteile hat in der Sache keinen Erfolg. Die angefochtenen Bescheide, mit denen die Bekl. den Kl. als Fahrzeughalter zunächst zum Nachweis der Mängelbeseitigung durch Teilnahme an der Rückrufaktion verpflichtet und ihm nach Fristablauf den Betrieb des Fahrzeugs im öffentlichen Verkehr untersagt hat, sind rechtmäßig und verletzen den Kl. nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 S. 1 VwGO)."
[22] I. Der Senat hat in der Sache selbst zu entscheiden, obwohl zu den beiden angefochtenen Ausgangsentscheidungen nur ein schriftlich abgefasstes und begründetes Urteil vorliegt (§ 130 Abs. 1 VwGO).
[23] Das VG hat die Entscheidungen über die Klagen in den beiden Ausgangsverfahren am Tag der mündlichen Verhandlung gem. § 116 Abs. 1 S. 1 VwGO verkündet. In den Entscheidungsgründen des gem. § 117 Abs. 4 S. 2 VwGO nachträglich abgefassten und den Beteiligten zugestellten Urteils hat es ausgeführt, die Kammer verbinde die Verfahren zur gemeinsamen Entscheidung (§ 93 S. 1 VwGO).
[24] Nach Verkündung der verfahrensabschließenden Entscheidungen konnte das Ausgangsgericht eine solche Verbindung jedoch nicht mehr wirksam beschließen. Das Gericht kann seine Entscheidung nur bis zur Verkündung des Urteils, mit der dieses wirksam wird, abändern. Danach ist eine Änderung nicht mehr möglich (BVerwG, Urt. v. 12.7.1985 – 6 C 95.82 – BVerwGE 72, 28/37). Damit scheidet auch eine nachträgliche Verbindung von Verfahren, in denen das Gericht seine abschließende Entscheidung bereits verkündet hat, aus. Da das VG die Verfahren in der mündlichen Verhandlung ausweislich der Sitzungsniederschrift zwar zur gemeinsamen Verhandlung, vor der Entscheidungsverkündung aber nicht mehr zur gemeinsamen Entscheidung verbunden hat, ist der nachträglich ergangene Verbindungsbeschluss zur gemeinsamen Entscheidung unwirksam und gilt als nicht ergangen. Der Senat hat deshalb die Verfahren gem. § 93 S. 1 VwGO (nochmals) zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden.
[25] II. Die Berufung ist zulässig.
[26] Der Zulässigkeit der Klage gegen den Bescheid vom 16.4.2018, mit dem die Bekl. den Kl. zum Nachweis der Mängelbeseitigung bis spätestens 30.4.2018 aufgefordert hat, steht insb. nicht entgegen, dass der Bescheid sich durch Zeitablauf oder – wie die Bekl. meint – durch die nachfolgend erlassene Betriebsuntersagung mit Bescheid vom 8.5.2018 erledigt hätte und der Kl. durch die Mängelbeseitigungsaufforderung nicht mehr eigenständig beschwert wäre.
[27] Eine Erledigung eines Verwaltungsakts (§ 113 Abs. 1 S. 4 VwGO) und des Rechtsstreits in der Hauptsache (§ 161 Abs. 2 S. 1 VwGO) tritt bei Wegfall der mit der Anfechtungsklage bekämpften beschwerenden Regelung ein. Kann der Rechtsmittelführer sein Ziel nicht mehr erreichen, weil er es bereits außerhalb des Prozesses erreicht hat oder weil es aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen überhaupt nicht mehr erreichbar ist, ist die Hauptsache erledigt (Schübel-Pfister in Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 113 Rn 100 m.w.N.). Eine solche Erledigung ist vorliegend aber weder durch Ablauf der im Bescheid vom 16.4.2018 gesetzten Frist für den Nachweis der Mängelbeseitigung noch durch die anschließend verfügte Betriebsuntersagung eingetreten. Letztere beruht auf der Nichtteilnahme des Kl. an der Rückrufaktion des Fahrzeugherstellers zur Entfernung der unzulässigen Abschalteinrichtung. Die Bekl. hat dem Kl. den Betrieb des Fahrzeugs im öffentlichen Verkehr ausdrücklich "so lange untersagt, bis der erforderliche Nachweis über die Beseitigung der festgestellten Mängel erbracht ist" (Nr. 1 des Bescheids vom 8.5.2018), und bestimmt, die Betriebsuntersagung sei gegenstandslos, wenn der Kl. den Nachweis spätestens innerhalb einer Woche nach Unanfechtbarkeit des Bescheids erbringe (Nr. 4 S. 2 des Bescheids vom 8.5.2018). Würde das Gericht die von der Bekl. ausgesprochene Verpflichtung zum Nachweis der Mängelbeseitigung aufheben, wäre hierdurch der Betriebsuntersagung die rechtliche Grundlage entzogen. Außerdem könnte der Kl., der nach wie vor Halter des Fahrzeugs ist und an der Rückrufaktion des Fahrzeugherstellers nicht teilgenommen hat, auch jetzt noch den Nachweis der Mängelbeseitigung erbringen mit der Folge, dass die Betriebsuntersagung gegenstandslos wäre. Da de...