[8] "… II. Die für die Durchführung des Rechtsbeschwerdeverfahrens beantragte Prozesskostenhilfe ist nicht zu bewilligen, weil die beabsichtigten Rechtsmittel keine hinreichende Aussicht auf Erfolg haben (§ 114 S. 1 ZPO). Das OLG hat die Anträge des ASt. auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für 265 Entschädigungsklagen im Ergebnis zu Recht als mutwillig zurückgewiesen."
[9] 1. Von der Frage der Mutwilligkeit i.S.v. § 114 S. 1 ZPO wird in erster Linie die verfahrensmäßige Geltendmachung des Anspruchs betroffen (vgl. BAG NJW 2011, 1161 = RVGreport 2011, 275 (Hansens)). Eine Rechtsverfolgung ist mutwillig, wenn eine wirtschaftlich leistungsfähige, also nicht bedürftige Partei bei sachgerechter und vernünftiger Einschätzung der Prozesslage von ihr Abstand nehmen oder ihre Rechte nicht in gleicher Weise verfolgen würde, weil ihr ein kostengünstigerer Weg offensteht und dieser Weg genauso Erfolg versprechend ist (st. Rspr., vgl. nur BGH NJW 2005, 1497 f.; BGH NZI 2011, 104 für die Teilklage eines Insolvenzverwalters; s. auch BAG a.a.O.; Hk-ZPO/Pukall, 5. Aufl., § 114 Rn 19; Musielak/Fischer, ZPO, 10. Aufl., § 114 Rn 30; Zöller/Geimer, ZPO, 30. Aufl., § 114 Rn 30, 34 f). Mutwilligkeit i.S.v. § 114 S. 1 ZPO liegt deshalb regelmäßig vor, wenn eine Partei keine nachvollziehbaren Sachgründe dafür vorbringt, warum sie eine Mehrzahl von Ansprüchen nicht in einer Klage geltend macht, oder nicht plausibel erklärt, aus welchen Gründen sie einen neuen Prozess anstrengt, obwohl sie das gleiche Klageziel kostengünstiger im Wege der Erweiterung einer bereits anhängigen Klage hätte erreichen können (BAG a.a.O., m.w.N.). Ein sein Kostenrisiko vernünftig abwägender Kläger, der die Prozesskosten aus eigenen Mitteln finanzieren muss, wird ein Verfahren nicht (weiter) betreiben, solange dieselben (Rechts-)Fragen bereits in anderen Verfahren anhängig sind (sog. unechte Musterverfahren). Er kann auf diesem Wege im Falle einer in seinem Sinne positiven Entscheidung – die ggf. erst durch das Revisionsgericht getroffen wird – vom Ausgang dieser Verfahren profitieren, ohne selbst einem (weiteren) Kostenrisiko zu unterliegen. Bei einem aus seiner Sicht negativen Ausgang des Musterverfahrens ist er nicht gehindert, sein Rechtsschutzziel im eigenen Verfahren weiter zu verfolgen (vgl. BVerfG NJW 2010, 988; Zöller/Geimer a.a.O. Rn 12a). Dieses Verständnis des Begriffs der Mutwilligkeit entspricht auch der ratio legis des § 114 S. 1 ZPO. Prozesskostenhilfe kann nur für zweckentsprechende Rechtsverfolgung beziehungsweise Rechtsverteidigung verlangt werden. Einer Partei, die auf Kosten der Allgemeinheit prozessiert, muss zugemutet werden, zulässige Maßnahmen erst dann vorzunehmen, wenn dies wirklich notwendig ist (Zöller/Geimer a.a.O., § 114 Rn 30).
[10] 2. Daran gemessen ist die Rechtsverfolgung des ASt. jedenfalls insoweit mutwillig i.S.v. § 114 S. 1 ZPO, als er beabsichtigt, sämtliche Entschädigungsprozesse getrennt und gleichzeitig zu betreiben. Da die Verfahren in einem engen sachlichen Zusammenhang stehen, denselben Bekl. betreffen und die Ausgangsverfahren vom LG nach “demselben Schema‘ bearbeitet wurden, kann der ASt. durch Betreiben (und ggf. Erweiterung) des Verfahrens … 1/13, in dem ihm Prozesskostenhilfe bewilligt wurde, die zwischen den Parteien streitigen Fragen abschließend klären lassen. Dabei geht es insb. um die Frage, ob bei der Bestimmung der angemessenen Verfahrensdauer nach § 198 Abs. 1 S. 1 GVG und der Bemessung des Entschädigungsbetrags nach § 198 Abs. 2 S. 3 und 4 GVG eine Einzelfallbetrachtung oder eine Gesamtbetrachtung (über das jeweilige Verfahren hinaus) geboten ist. Geht das Musterverfahren im Sinne des ASt. aus und wird ihm – ggf. nach Entscheidung des Revisionsgerichts – ein Entschädigungsbetrag zugesprochen, bietet diese Verfahrensweise den Vorteil, dass nach (höchstrichterlicher) Klärung der für das Zusprechen der Entschädigung maßgeblichen Kriterien es möglicherweise nicht mehr notwendig sein wird, zur Durchsetzung der jeweiligen Entschädigungsansprüche den Rechtsweg zu beschreiten. Durch das kostensparende Führen eines Musterverfahrens in dem dargelegten Sinn erleidet der ASt. keinen Nachteil. Ihm steht ein dauerhaft solventer AG gegenüber. Es droht keine Verjährung. Im Hinblick darauf, dass die sechsmonatige Klagefrist des § 198 Abs. 5 S. 2 GVG erst mit der Rechtskraft der Entscheidung im Ausgangsverfahren oder mit einer anderen Erledigung dieses Verfahrens beginnt, verbleibt in jedem Fall noch ausreichend Zeit, Entschädigungsansprüche ggf. gerichtlich durchzusetzen.
[11] Nach allem ist es dem ASt. zuzumuten, die Entschädigungsverfahren … 2/13 bis … 266/13 ruhend zu stellen, bis die relevanten (Rechts-)Fragen in dem Parallelverfahren … 1/13 geklärt sind. Dabei kann dahinstehen, ob der ASt. – wie das OLG meint – von Anfang an gehalten war, sämtliche Entschädigungsansprüche in einer Klage gem. § 260 ZPO zusammenzufassen, oder ob nachvollziehbare Gründe dafür sprechen, die getrennte Klageerhebung ausnahmsweise ni...