Ein Fluggast hatte über ein Online-Portal einen Flug von Frankfurt nach Bangkok mit einem rund fünfstündigen Zwischenstopp in Kuwait-Stadt gebucht. Der Flugpreis betrug 643,77 EUR. Erst später teilte er der kuwaitischen Fluggesellschaft seine eigene Staatsangehörigkeit mit. Die kuwaitische Fluggesellschaft stornierte daraufhin den Flug und begründet ihr Vorgehen mit einem kuwaitischen Gesetz aus dem Jahr 1964, das es ihr untersage, Vereinbarungen mit Staatsbürgern des betroffenen Staates (also des Landes des Fluggastes) zu schließen. Verstöße dagegen seien in Kuwait mit Strafe bedroht. Die Fluggesellschaft hat dem Fluggast jedoch angeboten, ihn auf ihre Kosten durch eine andere Fluggesellschaft ohne Zwischenlandung in Kuwait von Frankfurt nach Bangkok zu befördern. Der Fluggast hat dieses Angebot nicht angenommen. Er bestand darauf, dass die kuwaitische Fluggesellschaft (und keine andere Fluggesellschaft) ihm den verbindlich gebuchten Flug mit Stopp in Kuwait ermöglicht. Hilfsweise möchte er wegen einer Diskriminierung durch die Airline entschädigt werden – mindestens i.H.v. 15.000 EUR.
Das LG Frankfurt hat dazu am 16.11.2017 entschieden, dass es der kuwaitischen Fluggesellschaft aus rechtlichen Gründen unmöglich ist, den Kläger aufgrund seiner Staatsbürgerschaft zu befördern. Das erwähnte Gesetz verbiete es nämlich der kuwaitischen Fluggesellschaft als juristischer Person des Staates Kuwait, einen Vertrag mit einem Fluggast der vorliegenden Staatsangehörigkeit zu schließen. Verstöße dagegen würden in Kuwait mit Gefängnisstrafe, harter Arbeit oder Geldstrafe geahndet. Es sei einer Vertragspartei nicht zumutbar, einen Vertrag zu erfüllen, wenn sie damit einen Gesetzesverstoß nach den Regeln ihres eigenen Staates begehe und sie deswegen damit rechnen müsse, dort bestraft zu werden. Das LG hat ausgeführt: "Es geht bei der Beurteilung einer rechtlichen Unmöglichkeit nicht darum, aus Sicht eines deutschen Gerichts zu beurteilen, ob das Gesetz eines fremden Staates – hier das Gesetz (…) des Staates Kuwait – sinnvoll ist und ob es nach den Wertungen der deutschen und europäischen Rechtsordnung Bestand haben könnte." Eine inhaltliche Bewertung des kuwaitischen Gesetzes sei mit dem Urteil daher nicht – auch nicht mittelbar – verbunden. Darüber hinaus hat das LG dem Kläger keine Entschädigung wegen einer Diskriminierung durch die Fluggesellschaft zugesprochen. Das Antidiskriminierungsgesetz verbiete u.a. eine Benachteiligung aus Gründen der Rasse, der ethnischen Herkunft oder der Religion. Eine Diskriminierung wegen der Staatsangehörigkeit werde durch das Antidiskriminierungsgesetz hingegen nicht sanktioniert. Der Gesetzgeber habe daher keine Grundlage geschaffen, um dem Staatsbürger des betroffenen Landes im vorliegenden Fall eine Entschädigung zuzusprechen. Die kuwaitische Fluggesellschaft könne auch nicht aufgrund einer nur mittelbaren Diskriminierung des Staatsbürgers zu einer Geldentschädigung verurteilt werden. Denn das kuwaitische Gesetz verbiete generell Verträge mit Staatsbürgern des betroffenen Landes und zwar unabhängig davon, welcher Religion sie angehörten.
Nach Bekanntwerden des Tenors der Entscheidung des LG Frankfurt schwappte – fast schon reflexartig – eine breite Welle der Empörung durch die deutsche Medienlandschaft, obwohl die Urteilsgründe anfangs noch gar nicht veröffentlicht waren. Auch führende Reiserechtler zeigten sich erschüttert und hielten das Urteil gar für verfassungswidrig.
Trotz aller Kritik kann das Urteil des LG Frankfurt m.E. letztlich wohl doch überzeugen. Das Gericht betont zu Recht, dass die Sinnhaftigkeit des kuwaitischen Gesetzes nicht zu prüfen war – auch nicht die Vereinbarkeit des Gesetzes mit deutschen oder europäischen Rechtsgrundsätzen. Der von den Kritikern angebrachte ordre public-Vorbehalt greift daher nicht. Zu entscheiden war nur, ob der Kläger hätte befördert werden müssen. Es ist absolut einhellige Rechtsprechung, dass ein Fluggast dann nicht befördert werden muss (bzw. gar nicht befördert werden darf), wenn er die Einreisevoraussetzungen des Ziellandes nicht erfüllt. Spätestens beim Check-in und/oder beim Boarding wird routinemäßig geprüft, ob die erforderlichen Ausweisdokumente und ggf. Visa vorhanden sind. Es kann von einer Fluggesellschaft daher nicht verlangt werden, die Wirksamkeit der Einreisebestimmungen des Ziellandes anzuzweifeln bzw. sich ggf. sogar eigenmächtig über das Gesetz des Ziellandes hinwegzusetzen. Etwaiger "Widerstand" der Fluggesellschaft gegen die Normen bestimmter Länder würde dem betroffenen Fluggast im Ergebnis auch nicht helfen, weil der Fluggast dann letztlich an den Grenzen des Ziellandes stranden würde. Wäre dem Beförderungsverlangen des Klägers im konkreten Fall stattgegeben worden, dann wäre er zwar von der Beklagten bis nach Kuwait-Stadt befördert worden, dort hätten die örtlichen Behörden dann aber mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit seine Weitebeförderung mit Kuwait Airways nach Bangkok verhindert – und ...