In der Praxis ist es für den betroffenen Fluggast manchmal schwer zu erkennen, welche Fluggesellschaft "ausführendes Luftfahrtunternehmen" i.S.d. Fluggastrechteverordnung und somit richtiger Anspruchsgegner bezüglich der Ausgleichszahlungen ist. Zwei Passagiere buchten bei einem (später beklagten) Luftfahrtunternehmen jeweils einen Flug von Düsseldorf nach Nador (Marokko). Der Flug wurde unter dem IATA-Code der Beklagten, jedoch aufgrund einer sog. Wet-Lease-Vereinbarung mit einem Flugzeug und einer Besatzung eines spanischen Luftfahrtunternehmens durchgeführt. Der Flug erreichte Nador mit einer Verspätung von mehr als sieben Stunden. In den ersten beiden Instanzen wurden die Klagen gegen das "mietende" Luftfahrtunternehmen abgewiesen[38] bzw. die Berufungen zurückgewiesen.[39] Mit zwei Urteilen vom 12.9.2017 hat der BGH[40] dann jedoch entschieden, dass der Anspruch auf Ausgleichsleistung nach der Fluggastrechteverordnung nicht gegenüber dem Luftfahrtunternehmen, dessen Flugzeug und Besatzung aufgrund einer "Wet-Lease-Vereinbarung" eingesetzt wurden, geltend zu machen ist, sondern gegenüber dem Luftfahrtunternehmen, bei dem der Fluggast den Flug gebucht hat. Dabei hat sich der BGH insb. auf den Erwägungsgrund 7 der Fluggastrechteverordnung gestützt. Demnach sollen die Verpflichtungen nach der Verordnung im Interesse einer wirksamen Anwendung dem ausführenden Luftfahrtunternehmen obliegen, das einen Flug durchführt, und zwar unabhängig davon, ob der Flug mit einem eigenen Luftfahrzeug oder mit einem (mit oder ohne Besatzung) gemieteten Luftfahrzeug oder in sonstiger Form durchgeführt wird. Zudem ist das vermietende Luftfahrtunternehmen nicht besser und gegebenenfalls mangels Präsenz am Flughafen auch gar nicht in der Lage, die in der Verordnung vorgesehenen Unterstützungs- und Ausgleichsleistungen zu erbringen. Dem steht auch nicht entgegen, dass die unter anderem die Unterrichtung der Fluggäste über das ausführende Luftfahrtunternehmen betreffende Verordnung (EG) Nr. 2111/2005 vom 14.12.2005[41] ausweislich ihres Erwägungsgrundes 13 "Wet Lease" als einen Fall ansieht, in dem das anmietende Luftfahrtunternehmen den Flug nicht selbst durchführt. Die Unterrichtung nach Art. 11 Abs. 1 dieser Verordnung dient vornehmlich der Information der Fluggäste über mögliche Sicherheitsrisiken und damit anderen Belangen als die Fluggastrechteverordnung.

[38] AG Düsseldorf, Urt. v. 7.4.2016 – 47 C 390/15 (später BGH – X ZR 102/16) u. Urt. v. 17.2.2016 – 54 C 176/15 (später BGH – X ZR 106/16).
[39] LG Düsseldorf, Urteile v. 28.10.2016 – 22 S 139/16 (später BGH – X ZR 102/16) u. 22 S 90/16 (später BGH – X ZR 106/16).
[40] Urt. v. 12.9.2017 – X ZR 102/16 und X ZR 106/16 (Pressemitteilung Nr. 141/2017), zfs 2017, 542 (PM).
[41] Verordnung (EG) Nr. 2111/2005 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14.12.2005 über die Erstellung einer gemeinschaftlichen Liste der Luftfahrtunternehmen, gegen die in der Gemeinschaft eine Betriebsuntersagung ergangen ist, sowie über die Unterrichtung von Fluggästen über die Identität des ausführenden Luftfahrtunternehmens und zur Aufhebung des Artikels 9 der Richtlinie 2004/36/EG (Abl. 2005 L 344/15) – "Schwarze Liste".

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