In den meisten AVB der Versicherer findet man eingeschränkte oder uneingeschränkte Abtretungsverbote. A.2.14.4 AKB 2008 bestimmt, dass der Versicherungsnehmer seinen Anspruch auf Entschädigung vor dessen endgültiger Feststellung weder abtreten noch verpfänden kann. Ein ähnliches Abtretungsverbot enthielten auch die früheren AKB: Nach § 20 Abs. 1 ARB 75 konnten Versicherungsansprüche nicht abgetreten werden, solange sie nicht dem Grunde und der Höhe nach festgestellt waren.

§ 17 Abs. 8 ARB 2010 modifiziert das Abtretungsverbot dahingehend, dass es nicht mehr auf die Feststellung, vielmehr ausschließlich auf die Zustimmung des Rechtsschutzversicherers ankommt: "Ansprüche auf Rechtsschutzleistungen können nur mit schriftlichem Einverständnis des Versicherers abgetreten werden".

I. Wirksamkeit

Eine Abtretung des Freistellungsanspruchs ist somit zunächst nicht unwirksam, dem beauftragten Rechtsanwalt obliegt es lediglich, insoweit die Zustimmung des Rechtsschutzversicherers einzuholen.

Die Begründung für das vertragliche Abtretungsverbot in den meisten Versicherungsbedingungen beschränkt sich darauf, dass der Versicherer davor geschützt werden müsse, sich einer unübersehbaren Zahl von Gläubigern auszusetzen, die aufgrund von Abtretungsvereinbarungen die Versicherungsleistung verlangen. Diese Überlegungen galten auch und vor allem für das Abtretungsverbot in der Haftpflichtversicherung.

II. Abtretung des Freistellungsanspruchs in der Haftpflichtversicherung

Die gesetzliche Regelung in § 108 Abs. 2 VVG führt dazu, dass in Haftpflichtfällen der Schädiger seinen Freistellungsanspruch gegen den Versicherer an den Geschädigten abtreten kann. Auf diese Weise wird gewährleistet, dass die Auseinandersetzung über Grund und Höhe des Haftpflichtanspruchs unmittelbar zwischen dem eintrittspflichtigen Haftpflichtversicherer und dem Anspruchsteller stattfindet.

III. Abtretung des Freistellungsanspruchs in der Rechtsschutzversicherung

Die Abtretung des Freistellungsanspruchs an den beauftragten Rechtsanwalt ist für den Rechtsschutzversicherer ebenso vorteilhaft wie für den Versicherungsnehmer und den beauftragten Rechtsanwalt.

1. Schutz des Rechtsschutzversicherers

Wenn der Versicherungsnehmer mit Genehmigung seines Rechtsschutzversicherers seinen Freistellungsanspruch an den beauftragten Rechtsanwalt abtritt, können Rechtsschutzversicherer und Rechtsanwalt – wie bisher – miteinander unmittelbar korrespondieren und Streitfragen über die Erforderlichkeit der Verfahrenskosten klären. Rechtsschutzversicherer sehen sich nur einem einzigen Anspruchsgegner gegenüber, der über die erforderliche Sachkompetenz verfügt, die beim Versicherungsnehmer meistens nicht vorhanden ist.

Gegenüber dem beauftragten Rechtsanwalt als Abtretungsempfänger können die Rechtsschutzversicherer dieselben Einwendungen erheben wie gegenüber dem Versicherungsnehmer (§ 404 BGB). Die Streitfrage, ob der beauftragte Rechtsanwalt Repräsentant, Wissensvertreter oder Wissenserklärungsvertreter des Versicherungsnehmers ist, würde gegenstandslos, da der beauftragte Rechtsanwalt als Inhaber des Freistellungsanspruchs auch die Obliegenheiten aus dem Versicherungsvertrag zu wahren hat.

Gerade bei einem Anwaltswechsel steht der Versicherer oft vor der Frage, an welche der beauftragten Rechtsanwälte Leistungen zu erbringen sind, insbesondere dann, wenn uneingeschränkte Deckungszusagen gemacht worden sind.

Wenn der Freistellungsanspruch an den beauftragten Rechtsanwalt abgetreten ist, kann dieser vom Versicherungsnehmer nicht mehr an einen anderen Rechtsanwalt abgetreten werden.

2. Schutz des beauftragten Rechtsanwalt

Durch Abtretung des Freistellungsanspruchs ist der beauftragte Rechtsanwalt dagegen geschützt, dass sein Mandant den Rechtsschutzversicherer anweist, an einen anderen Rechtsanwalt Leistungen zu erbringen. Der Rechtsanwalt kann dann auch unmittelbar gegen den Rechtsschutzversicherer vorgehen, wenn dieser – aus welchen Gründen auch immer – seine Leistung verweigert. Ohne Abtretung muss der beauftragte Rechtsanwalt zunächst seinen Mandanten in Anspruch nehmen, der dann gegen den Rechtsschutzversicherer Erstattung der gezahlten Beträge im Klageweg geltend machen muss.

3. Schutz des Versicherungsnehmers

Durch die Abtretung des Freistellungsanspruchs ist der Versicherungsnehmer nicht mehr "Prellbock" zwischen Rechtsschutzversicherer und Rechtsanwalt, er braucht sich um die Abwicklung des Rechtsschutzfalls nicht zu kümmern, da dies dann ausschließlich Aufgabe des Rechtsanwalts als Zessionar ist.

IV. Praxishinweis

Rechtsanwälte sollten in Zukunft trotz des vertraglichen Abtretungsverbots sich dem Freistellungsanspruch des Versicherungsnehmers gegen seinen Versicherer abtreten lassen. Alsdann sollte der Rechtsschutzversicherer von dieser Abtretung in Kenntnis gesetzt und um Zustimmung gebeten werden.

Bei einigen Rechtsschutzversicherungen soll bereits ein Umdenkungsprozess dahingehend stattfinden, ob das Abtretungsverbot uneingeschränkt aufrechterhalten werden soll.

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