In der Entscheidung des OLG Köln wird im Wege der freien Rechtsschöpfung Folgendes ausgeführt:
"Der Geschädigte verletzt daher die ihm obliegende Schadensminderungspflicht, wenn er das Unfallfahrzeug zum Restwert veräußert, bevor dem Schädiger bzw. dessen Versicherung das Schadensgutachten zugegangen ist, denn dadurch nimmt er diesem die Möglichkeit, ihm ein besseres Angebot zu unterbreiten."
Mit diesem Beschluss setzt sich das OLG Köln in eindeutigen Widerspruch zur Rechtsprechung des BGH. Die Entscheidung des BGH vom 12.7.2005 findet im Beschluss des OLG Köln keine Erwähnung, obwohl der BGH in der Entscheidung aus dem Jahre 2005 noch Folgendes ausgeführt hat:
"In einer solchen Situation braucht der Geschädigte kein weiteres Sachverständigengutachten zum Restwert einzuholen und muss grundsätzlich auch nicht den Haftpflichtversicherer über den beabsichtigten Verkauf seines beschädigten Fahrzeuges informieren, weil anderenfalls die ihm nach § 249 S. 2 BGB a.F. (jetzt § 249 Abs. 2 S. 1 BGB) zustehende Ersetzungsbefugnis unterlaufen würde, die ihm die Möglichkeit der Schadensbehebung in eigener Regie eröffnet und deshalb auf seine individuelle Situation und die konkreten Gegebenheiten des Schadenfalles abstellt [ … ]. Dies entspricht dem gesetzlichen Bild des Schadenersatzes, nach dem der Geschädigte Herr des Restitutionsgeschehen ist und grundsätzlich selbst bestimmen darf, wie er mit der beschädigten Sache verfährt [ … ]."
Wenn der Unfallgeschädigte in der vom BGH entschiedenen Fallgestaltung den Haftpflichtversicherer des Unfallverursachers über den beabsichtigten Verkauf des Unfallfahrzeuges nicht informieren muss, so muss er dies erst recht dann nicht, wenn er das Unfallfahrzeug im Vertrauen auf ein Sachverständigengutachten veräußert, das eine korrekte Restwertermittlung erkennen lässt. Entsprechendes hat der BGH in der angesprochenen Entscheidung bereits im Jahre 2005 judiziert. Von daher wundert es nicht, dass zahlreiche Gerichte der Entscheidung des OLG Köln nicht folgen. Die vom OLG Köln vertretene Auffassung unterläuft die Ersetzungsbefugnis des Geschädigten und führt auch in praktischer Hinsicht zu einer Verunsicherung und Überforderung des Unfallgeschädigten. Viele Haftpflichtversicherer akzeptieren die vom Unfallgeschädigten vorgelegten Restwerte; sie versenden keine abweichenden Angebote. Wie lange soll der Unfallgeschädigte also im Einzelfall auf ein abweichendes Restwertangebot warten? Kann dem Unfallgeschädigten abverlangt werden, auf etwas zu warten, womit er wahrscheinlich gar nicht rechnet? Die Unterbreitung eines günstigeren Restwertangebotes ist keinesfalls eine für jeden Geschädigten vorhersehbare Folge der Übersendung des Schadensgutachtens an die gegnerische Haftpflichtversicherung.
Würde man der Rechtsprechung des OLG Köln folgen, so tun sich zahlreiche neue "Baustellen" in der Schadenregulierung auf. Würde man eine Pflicht zur Vorlage des Restwertgutachtens an den Versicherer annehmen, so würde dies zu weitergehenden Kosten für Nutzungsausfallentschädigung und Mietwagenkosten führen. Viele Unfallgeschädigte sind bei der Anschaffung eines Ersatzfahrzeuges auf den Restwerterlös finanziell angewiesen. Hier besteht oftmals keine Finanzierungsmöglichkeit, weil das bereits durch den Unfall beschädigte Fahrzeug durch Kredit finanziert war. Gleichzeitig muss fast jeder Unfallgeschädigte meist schon aus beruflichen Gründen mobil bleiben. In den allermeisten Fällen muss bis zur Anschaffung eines Ersatzfahrzeuges ein Mietfahrzeug genutzt werden. Weil die Wiederbeschaffungsdauer von den Sachverständigen meist nur auf 12 bis14 Tage geschätzt wird, kann der Unfallgeschädigte in der Regel ab Zugang des Schadensgutachtens ein Mietfahrzeug nur für weitere 12 bis 14 Tage nutzen. Schon aufgrund dieser Zusammenhänge steht der Unfallgeschädigte unter Zeitdruck. Dieser Druck würde unnötig erhöht, räumte man dem Unfallgegner zusätzliche Zeit zur Überprüfung der Restwerte ein. Teilweise werden in der Praxis abweichende Restwertangebote nach vier Wochen übersandt.