Der Entscheidung des OLG München ist zuzustimmen. Sie entspricht der ganz herrschenden Meinung in Rspr. und Literatur (OLG Hamburg RVGreport 2013, 348 [Hansens] = AGS 2013, 428 mit Anm. N. Schneider; LAG Mainz JurBüro 1997, 29; AnwK-RVG/Volpert/N. Schneider, 7. Aufl., § 55 Rn 19 und Nr. 7008 VV RVG, Rn 71, 74; Gerold/Schmidt/Müller-Rabe, RVG, 22. Aufl., § 46 Rn 77). Gegenteiliger Auffassung ist in letzter Zeit nur das OLG Celle RVGreport 2014, 20 (Hansens) = AGS 2014, 80 = JürBüro 2014, 31 gewesen, das jedoch den Vergütungsanspruch des PKH-Anwalts mit dessen Kostenerstattungsanspruch bzw. dem Erstattungsanspruch der Partei vermischt hat. Tatsächlich handelt es sich um völlig getrennte Ansprüche, die unter Berücksichtigung der für sie geltenden Gesetzesvorschriften auch gesondert betrachtet werden müssen. Dabei handelt es sich um folgende Ansprüche:

I. Vergütungsanspruch des PKH-Anwalts gegen die Landeskasse

Der Vergütungsanspruch gegen die Landeskasse hat mit dem Kostenerstattungsanspruch der bedürftigen Partei (§§ 103 ff. ZPO) oder dem eigenen Beitreibungsrecht des PKH-Anwalts (§ 126 Abs. 1 ZPO) nichts zu tun. Deshalb wirkt sich in diesem Verhältnis auch die Vorsteuerabzugsberechtigung des Mandanten nicht aus.

Dem Rechtsanwalt, der für einen nicht bedürftigen, zum Vorsteuerabzug berechtigten Auftraggeber tätig wird, steht die gesetzliche Vergütung einschließlich der Umsatzsteuer zu. Zahlt der Auftraggeber nicht freiwillig, kann der Rechtsanwalt das Vergütungsfestsetzungsverfahren gem. § 11 RVG betreiben. Hierbei ist die die Vorsteuerabzugsberechtigung betreffende Bestimmung des § 104 Abs. 2 S. 3 ZPO in § 11 Abs. 2 S. 3 RVG ausdrücklich ausgenommen.
Der dem vorsteuerabzugsberechtigten bedürftigen Mandanten im Wege der PKH beigeordnete Anwalt erhält aus der Staatskasse ebenfalls die Umsatzsteuer. Nach Auffassung des OLG Celle a.a.O. müsste der PKH-Anwalt die Umsatzsteuer aus eigener Tasche an das Finanzamt abführen. Damit würden die PKH-Anwälte, die in vielen Fällen mit ihrer meist geringer als Wahlanwälte vergüteten Tätigkeit ohnehin ein Sonderopfer erbringen, doppelt bestraft.

II. Vergütungsanspruch des PKH-Anwalts gegen den Auftraggeber

Der Rechtsanwalt hat gegen den Auftraggeber einen Anspruch auf Zahlung der Anwaltsvergütung aufgrund der §§ 675 ff., 670 BGB. Dieser Anspruch umfasst auch bei Vorsteuerabzugsberechtigung des Mandanten die Umsatzsteuer nach Nr. 7008 VV RVG. Allerdings kann der beigeordnete Rechtsanwalt diesen Vergütungsanspruch aufgrund der Regelung des § 122 Abs. 1 Nr. 3 ZPO nur geltend machen, wenn das Prozessgericht die PKH-Bewilligung aufgehoben oder abgeändert oder von vornherein Ratenzahlungen des Mandanten angeordnet hat. Nach Auffassung des BGH RVGreport 2006, 392 (Hansens) ist der beigeordnete Rechtsanwalt durch § 122 Abs. 1 Nr. 3 ZPO nicht gehindert, ohne eine der vorgenannten Entscheidungen des Prozessgerichts den Vergütungsanspruch betreffend die Umsatzsteuer gegen den zum Vorsteuerabzug berechtigten Mandanten geltend zu machen, da dieser wegen der Möglichkeit des Vorsteuerabzugs im Regelfall mit der Umsatzsteuer nicht belastet wird.

Hat das Prozessgericht die PKH-Bewilligung aufgehoben oder abgeändert oder von vornherein Ratenzahlungen des Mandanten angeordnet, so dass die Sperre des § 122 Abs. 1 Nr. 3 ZPO nicht (mehr) eingreift, kann der beigeordnete Rechtsanwalt seinen Vergütungsanspruch – soweit ihn die Staatskasse noch nicht erfüllt hat – im Vergütungsfestsetzungsverfahren nach § 11 RVG geltend machen. Für dieses Vergütungsfestsetzungsverfahren ist die entsprechende Anwendung von § 104 Abs. 2 S. 3 ZPO in § 11 Abs. 2 S. 3 RVG ausdrücklich ausgeschlossen. Daraus wird ersichtlich, dass die Vorsteuerabzugsberechtigung des bedürftigen Mandanten im Verhältnis zu seinem Rechtsanwalt keine Rolle spielt.

III. Anspruch des PKH-Anwalts gegen die Staatskasse

Die Umsatzsteuer nach Nr. 7008 VV RVG gehört zu der gesetzlichen Vergütung des Rechtsanwalts (siehe § 1 Abs. 1 RVG) und ist deshalb von der Landeskasse nach § 45 Abs. 1 RVG zu zahlen. Anhaltspunkte dafür, dass die Umsatzsteuer keine erforderliche Auslage ist (siehe § 46 Abs. 1 RVG), bestehen nicht, zumal der beigeordnete Rechtsanwalt gem. § 13a Abs. 1 Nr. 1 UStG zur Abführung der auf seine Vergütung entfallenden Umsatzsteuer verpflichtet ist.

Gegenteiliges ergibt sich auch nicht aus den das Festsetzungsverfahren der PKH-Anwaltsvergütung betreffenden Vorschriften. § 55 Abs. 5 S. 1 RVG verweist zwar auf die entsprechende Anwendung des gesamten § 104 Abs. 2 ZPO und damit auch auf dessen Satz 3, der die Vorsteuerabzugsberechtigung der erstattungsfähigen Partei betrifft. Dieses offensichtliche Versehen hat der Gesetzgeber auch im Rahmen des 2. KostRMoG nicht beseitigt. Dies führt jedoch gleichwohl nicht zur Berücksichtigung der Vorsteuerabzugsberechtigung im Verfahren auf Festsetzung der PKH-Anwaltsvergütung. § 104 Abs. 2 S. 3 ZPO ist nämlich dort bereits deshalb nicht anwendbar, weil es sich bei dem Anspruch des beigeordneten Rechtsanwalts g...

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