Kurz, aber im Ergebnis zutreffend hat das AG Kronach hier den Anfall der zusätzlichen Gebühr bejaht.
I. Nicht nur vorläufige Einstellung
Nach Abs. 1 Nr. 1 der Anm. zu Nr. 4141 VV RVG entsteht diese Gebühr, wenn durch die anwaltliche Mitwirkung die Hauptverhandlung entbehrlich wird und das Strafverfahren nicht nur vorläufig eingestellt wird. Dies gilt nach Abs. 2 S. 1 der Anm. zu Nr. 4141 VV RVG nur dann nicht, wenn eine auf die Förderung des Verfahrens gerichtete Tätigkeit des Rechtsanwalts nicht ersichtlich ist. Von dieser Regelung werden nach allg. Auffassung alle Verfahrenseinstellungen mit dem Ziel der Endgültigkeit erfasst, somit auch die Einstellung nach § 170 Abs. 2 S. 1 StPO (Gerold/Schmidt/Burhoff, RVG, 22. Aufl., Nr. 4141 VV RVG, Rn 5).
II. Anwaltliche Mitwirkung
Hierzu genügt jede auf die Förderung des Verfahrens gerichtete Tätigkeit des Rechtsanwalts (BGH RVGreport 2008, 431 (Burhoff) = AGS 2008, 491= zfs 2008, 709 m. Anm. Hansens). Deshalb sind an die anwaltliche Mitwirkung keine besonderen Anforderungen zu richten. Folglich genügt nach zutreffender Auffassung des BGH für die insoweit identische Bestimmung der Nr. 5115 VV RVG (RVGreport 2011, 182 (Burhoff) = AGS 2011, 128 m. teilw. kritischer Anm. N. Schneider = zfs 2011, 285 m. Anm. Hansens) auch der Rat des Verteidigers, zu dem erhobenen Vorwurf zu schweigen. Gewissermaßen spiegelbildlich genügt dann auch der hier von dem Pflichtverteidiger dem Beschuldigten erteilte Rat, sich zu den Tatvorwürfen zur Sache zu äußern.
III. Gebührenhöhe
Dem Pflichtverteidiger fällt die zusätzliche Gebühr in Höhe des Festbetrags der jeweiligen Verfahrensgebühr an. Für den Wahlanwalt bestimmt sich die zusätzliche Gebühr nach der ausdrücklichen Regelung in Abs. 3 S. 2 der Anm. zu Nr. 4141 VV RVG nach der Rahmenmitte der Verfahrensgebühr (vgl. statt vieler KG RVGreport 2012, 110 (Burhoff) = JurBüro 2012, 466; Gerold/Schmidt/Burhoff, a.a.O. Rn 50; Burhoff, RVGreport 2015, 3, 8). Es handelt sich folglich für den Wahlanwalt um eine Betragsrahmengebühr, bei der nach dem Gesetzeswortlaut und den gesetzgeberischen Motiven (BT-Drucks 15/1971, S. 228) die Umstände des Einzelfalls, die sonst über § 14 Abs. 1 RVG zu berücksichtigen wären, ohne Bedeutung sind, mithin um eine Festgebühr. Angesichts des eindeutigen Gesetzeswortlauts und der Gesetzesmaterialien ist deshalb die gegenteilige Auffassung, nach der der Anwalt die Gebühr im konkreten Fall unter Berücksichtigung der in § 14 Abs. 1 RVG aufgeführten Kriterien bestimmt, nicht vertretbar (so aber z.B. OLG Stuttgart RVGreport 2010, 263 (Burhoff) = AGS 2010, 292 m. abl. Anm. N. Schneider, das nur die Mindestgebühr zugebilligt hat). Hartmann, KostG, 47. Aufl., vertritt sicherheitshalber beide Auffassungen: Die zusätzliche Gebühr Nr. 4141 VV RVG soll – zutreffend – eine Festgebühr sein (Nr. 4141 VV RVG Rn 12), für die zusätzliche Gebühr Nr. 5115 VV RVG soll trotz des insoweit identischen Gesetzeswortlauts bei einfachen Umständen die Mindestgebühr anfallen, bei schwierigen Umständen auch einmal die Höchstgebühr (Nr. 5115 VV RVG Rn 13 u.14).
Zu weiteren Einzelheiten der zusätzlichen Verfahrensgebühr nach Nr. 4141 VV RVG s. Burhoff, RVGreport 2015, 3 ff. und 42 ff.
VorsRiLG a.D. Heinz Hansens
zfs 4/2017, S. 230 - 231