Wenn der Kläger auf den Manipulationseinwand der gegnerischen Haftpflichtversicherung nicht darlegen und/oder beweisen kann, dass sich der Unfall in der von ihm nach Ort und Zeit beschriebenen Weise tatsächlich zugetragen hat, ist die Klage bereits nach der Rechtsprechung zum "So-nicht- Unfall" abzuweisen. Zweifel daran, ob sich der Unfall tatsächlich so zugetragen hat, wie er "im Streitgegenstand" vom Kläger dargestellt wird, reichen hier aus, um die Klage zu Fall zu bringen. Voraussetzung ist allerdings, dass anspruchsbegründende Tatsachen bestritten werden. Auf den Nachweis eines abgesprochenen Unfallereignisses durch die beklagte Haftpflichtversicherung kommt es dann gar nicht mehr an. Die "So-nicht"-Rechtsprechung gilt sowohl für den Haftungsgrund als auch für den Haftungsumfang im Rahmen der Darlegung und den Nachweis der haftungsausfüllenden Kausalität bei verschwiegenen Vorschäden.
1. "So-nicht"-Rechtsprechung beim Haftungsgrund
Der Entscheidung des OLG Saarbrücken vom 4.12.2014 lag folgender Sachverhalt zugrunde: Der Kläger behauptete, er habe sein Fahrzeug (Audi A6 quattro) am Freitag den 27.7.2012 abends in der Z-Straße abgestellt. Am nächsten Morgen habe er einen Zettel an der Windschutzscheibe gefunden, den der Beklagte zu 1) geschrieben habe. Demnach sollte sich der Unfallschaden am Vorabend ereignet haben. Der Beklagte zu 1) sei infolge von Unaufmerksamkeit mit dem geparkten Fahrzeug des Klägers kollidiert, hierdurch sei ein Streifschaden über die gesamte linke Seite i.H.v. 10.092,92 EUR netto entstanden, den er auf Gutachtenbasis abrechnen möchte. Der Kläger hatte das Fahrzeug erst knapp zwei Monate vorher am 31.5.2012 zum Preis von brutto 10.800 EUR erworben. Der Beklagte zu 1) habe keine Polizei gerufen, weil dies in seinem Heimatland, der Tschechoslowakei, nicht üblich gewesen sei und im Übrigen auch kein Personenschaden eingetreten sei. Nach Aussage der von der beklagten Haftpflichtversicherung bereits vorgerichtlich eingeschalteten Schadensermittlerin, der Zeugin F, will der Beklagte zu 1) den Kläger außerdem gekannt haben. Am Unfallort fehlte es an einer Trennung der Richtungsfahrbahnen durch eine Mittellinie, die zulässige Höchstgeschwindigkeit betrug 30 km/h. Am linken und rechten Fahrbahnrand befanden sich versetzt angeordnete Parkflächen, die teilweise in die Fahrbahn hineinragten. Der Beklagte zu 1) hatte angegeben, er sei durch entgegengesetzten Verkehr geblendet worden und beim Ausweichen nach rechts mit dem Fahrzeug des Klägers kollidiert.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen, weil sich der Schaden "so nicht" ereignet haben konnte. Das Landgericht hat es insbesondere als merkwürdigen und nicht plausiblen Fahrfehler angesehen, dass der Beklagte zu 1) statt zu bremsen nach rechts ausgewichen und so die Kollision verursacht habe. Das OLG Saarbrücken hat die Entscheidung u.a. deshalb gehalten, weil hier weitere typische Anzeichen einer Unfallmanipulation vorlagen: Die Beschädigung eines (angeblich) am Straßenrand äußerlich ordnungsgemäß geparkten Pkw durch einen unachtsamen Verkehrsteilnehmer im Zuge einer (langsamen) Vorbeifahrt mit der Folge eines ausgeprägten Schadenbildes stelle ein bei Unfallmanipulationen häufiges Muster dar; die Beteiligung eines älteren, wertlosen Schädigerfahrzeugs und eines angejahrten, hochwertigen Geschädigtenfahrzeugs sei ebenfalls typisch für die Fälle einer Unfallmanipulation, denn bei dem Schädigerfahrzeug handelte es sich um einen VW Golf III, Erstzulassung 5.9.1994, mit einer Laufleistung von 198.015 km und einem hinten rechts montierten, noch nicht ausgetauschten Notrad und der Streifschaden an dem Audi A6 erstreckte sich über die gesamte linke Seite und sollte auf Gutachtenbasis abgerechnet werden.
Grundsätzlich muss der Kläger im Zivilprozess darlegen und nachweisen, dass sich der Unfall tatsächlich in der nach Ort und Zeit beschriebenen Weise ereignet hat. Der vom Kläger vorgetragene Lebenssachverhalt bildet den Streitgegenstand der Klage, dessen tatsächliches Vorliegen der Kläger auch im Anwendungsbereich des § 7 StVG mit dem vollen Beweismaß des § 286 ZPO beweisen muss. Dieser Beweis ist erst dann erbracht, wenn sich der Unfall in der vom Kläger nach Ort und Zeit beschriebenen Weise auch tatsächlich so zugetragen hat. Es genügt nicht, wenn sich nach Durchführung der Beweisaufnahme zwar Zweifel an Ort und Zeit des tatsächlichen Geschehens ergeben, gleichzeitig jedoch Anhaltspunkte dafür vorhanden sind, dass beide Fahrzeuge eventuell an anderer Stelle unter nicht dargelegten Umständen miteinander zusammenstießen. Der Lebenssachverhalt darf sich nämlich nicht auf die isolierte Darstellung der Schadenserfolgs beschränken, vielmehr müssen alle zur Ausfüllung der haftungsnormrelevanten Tatbestandsmerkmale der Tatsachengrundlage eindeutig zugeordnet werden können.
Zivilrechtlich ist dem Geschädigten ein Verstoß gegen die prozessuale Wahrheitspflicht gem. § 138 ZPO anzulasten, der mit der vollständigen Klageabweisung san...