" … I. Der gem. § 346 Abs. 2 StPO i.V.m. § 79 Abs. 3 S. 1 OWiG zulässige Antrag des Betr. Adam B. auf Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts hinsichtlich des Beschl. des AG v. 6.3.2013, mit dem seine Rechtsbeschwerde gegen das Urt. des AG v. 11.10.2012 als unzulässig verworfen wurde, ist begründet. Das Urt. wurde dem Verteidiger am 26.10.2012 zugestellt. Bereits mit Einlegung der Rechtsbeschwerde … wurde mit der Rüge der Verletzung materiellen Rechts in zulässiger Weise die allgemeine Sachrüge erhoben. Wenn sich – wie hier – das Ziel der Rechtsbeschwerde, nämlich die Anfechtung des Urt. insg. mit der allgemeinen Sachrüge ergibt, ist das Fehlen eines Rechtsbeschwerdeantrags unschädlich (Göhler/Seitz, OWiG, 16. Aufl., § 79 Rn 27a). Der angefochtene Beschl. v. 6.3.2013 war deshalb – ohne diesbezügliche Kostenentscheidung (vgl. Meyer-Goßner, StPO, 56. Aufl. § 346 Rn 12 m.w.N.) – aufzuheben."
II. Die gem. § 79 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 und 2 OWiG statthafte und auch sonst zulässige Rechtsbeschwerde führt zur Aufhebung des Urt. des AG und zur Verwerfung des Einspruchs der Berta B. als unzulässig.
1. Berta B. hatte gegen den Bußgeldbescheid v. 25.7.2012, der gegen den denselben Nachnamen führenden Betr. Adam B. gerichtet und ihm am 27.7.2012 zugestellt worden war, mit Schriftsatz des Rechtsanwalts T. v. 30.7.2012, dem eine Vollmacht zur Verteidigung und Vertretung von Berta B. v. 5.7.2012 beigefügt war, Einspruch eingelegt. Anhaltspunkte dahingehend, dass sie diesbezüglich für Adam B. in Vollmacht handelte, sind weder vorgetragen noch ersichtlich. Ein Einspruch des tatsächlich vom Bußgeldverfahren Betroffenen Adam B., gegen den sich der Bußgeldbescheid richtete, liegt nicht vor.
2. Der Einspruch der Berta B. gegen den – sie nicht betreffenden – Bußgeldbescheid v. 25.7.2012 war unzulässig, da von einem Unbefugten eingelegt. Der Einspruch hätte daher nach Vorlage der Akten beim AG dort gem. § 70 Abs. 1 OWiG verworfen werden müssen, was allerdings, da dieser Umstand offenbar unbemerkt blieb, nicht geschah.
3. Da die Unzulässigkeit des Einspruchs von Berta B. erst im Rechtsbeschwerdeverfahren festgestellt wurde, hat, nachdem das AG in Richtung gegen den tatsächlich Betr. Adam B. am 11.10.2012 durch Verwerfungsurteil gem. § 74 Abs. 2 OWiG entschieden hatte, nunmehr der Senat das Verwerfungsurteil auf die zulässige Rechtsbeschwerde von Adam B. hin aufzuheben. Die in zulässiger Weise gegen das Verwerfungsurteil gem. § 74 Abs. 2 OWiG erhobene Sachrüge führt zur Prüfung des Fehlens von Verfahrensvoraussetzungen und des Vorliegens von Verfahrenshindernissen (Göhler/Seitz, § 74 Rn 48b). Diese Prüfung ergibt, dass dem Erlass des Verwerfungsurteils wegen unerlaubter Abwesenheit des Betr. Adam B. in der Hauptverhandlung v. 11.10.2012 die Rechtskraft des gegen ihn gerichteten Bußgeldbescheids als Verfahrenshindernis entgegenstand (vgl. BGHSt 13, 306; BGHSt 26, 183; Göhler/Seitz, § 70 Rn 8). Da der Bußgeldbescheid bereits rechtskräftig war, weil ein Einspruch des Betr. Adam B. nicht vorlag, ist im Rechtsbeschwerdeverfahren das Urt. des AG aufzuheben. Des Weiteren ist der Einspruch der … Berta B. als unzulässig zu verwerfen (BGH a.a.O.; Göhler/Seitz a.a.O.).
III. Die Kostenentscheidung bezüglich der Verwerfung des Einspruchs der Berta B. folgt aus § 46 Abs. 1 OWiG i.V.m. § 473 Abs. 1 S. 1 StPO in entsprechender Anwendung; Berta B. hat erfolglos Einspruch gegen den Bußgeldbescheid v. 25.7.2012 eingelegt. Allerdings waren weitere Kosten des gerichtlichen Verfahrens, insb. solche, die durch die Anberaumung und Durchführung der Hauptverhandlung v. 11.10.2012 entstanden sind, gem. § 21 GKG nicht zu erheben, da diese Kosten bei richtiger Behandlung der Sache – Verwerfung des Einspruchs von Berta B. gem. § 70 OWiG durch das AG mit Beschl. außerhalb der Hauptverhandlung – nicht entstanden wären. Aus diesem Grund hat der Senat auch die Nichterhebung der Kosten der Rechtsbeschwerde bei dem Betr. Adam B. gem. § 21 GKG angeordnet. Allerdings ist mit dieser Anordnung nicht die Auferlegung der notwendigen Auslagen des Betr. Adam B. auf die Staatskasse verbunden. Dadurch, dass der Bußgeldbescheid v. 25.7.2012 bereits rechtskräftig war, da der Betr. gegen ihn keinen Einspruch eingelegt hatte, hat auch das nach Einspruch von Berta B. und Rechtsbeschwerde des Betr. Adam B. durchgeführte Verfahren im Ergebnis zur Verurteilung des Betr. Adam B. geführt. Ein verurteilter Betr. hat aber stets die Kosten des Verfahrens und auch diejenigen eines letztlich erfolglos gebliebenen Rechtsmittels zu tragen. Die Tatsache, dass es noch nach Rechtskraft des Bußgeldbescheids durch eine unrichtige Sachbehandlung beim AG zu einem Urt. und damit zu einem Rechtsbeschwerdeverfahren kam, rechtfertigt keine andere Beurteilung (vgl. BGHSt 13, 306/311). … “
Mitgeteilt von RiOLG Dr. Georg Gieg, Bamberg