Wer die Rechtsprechung des VI. Zivilsenats des BGH aufmerksam verfolgt, dem kommt jetzt vielleicht die Gruppe der sogenannten "Ölspurfälle" in den Sinn. Seit Oktober 2013 hatte sich der Senat viermal mit solchen Fällen zu beschäftigen. Auf den ersten Blick scheinen sie nicht so recht ins dargestellte System zu passen. Hier kam der VI. Zivilsenat nämlich zum Ergebnis, dass nicht der dem Geschädigte vom Werkunternehmer in Rechnung gestellte – und jedenfalls in einem Fall bezahlte – Betrag den erforderlichen Geldbetrag i.S.d. § 249 Abs. 2 BGB abbildete. Der Senat hat hier vielmehr auf den vom Geschädigten dem von ihm eingeschalteten Werkunternehmer rechtlich geschuldeten Werklohn abgestellt, bei Fehlen einer Vergütungsvereinbarung nach § 632 Abs. 2 BGB mangels Taxe mithin unmittelbar auf die übliche Vergütung. Bei genauerem Hinsehen bestätigen die Ölspurentscheidungen aber das dargestellte System.
1. Sachverhalt
Die Ausgangssachverhalte in den Ölspurentscheidungen liegen im Wesentlichen parallel: Ein Kraftfahrzeug verliert Betriebsstoffe und verschmutzt so die Fahrbahn. Die Straße muss gereinigt werden. Zum Einsatz kommt ein aufwändiges Nassreinigungsverfahren. Die zuständige Straßenmeisterei beauftragt ein Spezialunternehmen mit der Durchführung dieser Nassreinigung. Die der Straßenmeisterei vom Reinigungsunternehmen in Rechnung gestellten Beträge verlangt der Behördenträger vom Verursacher der Verschmutzung bzw. dessen Haftpflichtversicherer ersetzt. Diese haften jedenfalls aus § 7 StVG grundsätzlich für die bei Einschaltung eines Fachunternehmens entstehenden Kosten. Fraglich war in den genannten Fällen nun aber, in welcher Höhe die jeweiligen Kosten ersatzfähig sind. Denn die Beklagten haben jeweils geltend gemacht, die vom Reinigungsunternehmen in Rechnung gestellten Kosten seien überhöht.
2. Fehlen einer Vergütungsvereinbarung
In den Verfahren VI ZR 138/14, VI ZR 528/12 und VI ZR 471/12 war revisionsrechtlich davon auszugehen, dass Straßenmeisterei und Reinigungsunternehmer keine Preisvereinbarung getroffen hatten. Der VI. Zivilsenat gewährte der Geschädigten nur die "übliche Vergütung" i.S.d. § 632 Abs. 2 BGB, war also der Auffassung, dass die unmittelbar nur das Verhältnis des Geschädigten zum Werkunternehmer betreffende Vorschrift des § 632 Abs. 2 BGB auf das Verhältnis des Geschädigten zum Schädiger durchschlägt.
Eine Abkehr von den oben dargestellten Grundsätzen, die die genannten Entscheidungen referieren, ist damit freilich nicht verbunden. Die Entscheidungen sind vielmehr Resultat der konsequenten Anwendung der subjektbezogenen Schadensbetrachtung. Denn die Fälle weisen eine Besonderheit auf: Die Geschädigten waren keine Laien, sondern Körperschaften des öffentlichen Rechts, die – darauf kommt es entscheidend an – durch mit technischen Fachleuten besetzte Fachbehörden handelten, und zwar durch Fachbehörden, die ständig mit solchen Fragen konfrontiert werden. Von einer solchen Behörde kann erwartet werden, dass sie dem Reinigungsunternehmen nicht mehr zahlt, als dieses werkvertraglich beanspruchen kann, also mangels Preisvereinbarung oder Taxe nicht mehr als die übliche Vergütung. Sie muss also zum einen wissen, dass der Werkunternehmer bei fehlender Preisvereinbarung und Taxe nur die übliche Vergütung verlangen kann, und zum anderen, wie hoch die übliche Vergütung ist. Nur deshalb gehört alles, was darüber hinausgeht, nicht mehr zum erforderlichen Geldbetrag i.S.d. § 249 Abs. 2 BGB.
Wer trägt in einer solchen Fallkonstellation die Beweislast? Muss der Geschädigte beweisen, dass der – von ihm ggf. beglichene – Rechnungsbetrag der üblichen Vergütung i.S.d. § 632 Abs. 2 BGB entspricht, oder umgekehrt der Schädiger, dass die übliche Vergütung unter dem Rechnungsbetrag liegt? Das hängt zunächst davon ab, ob man § 249 Abs. 2 BGB oder § 254 BGB bemüht. Der VI. Zivilsenat greift – m.E. konsequent – auf den Begriff der Erforderlichkeit i.S.d. § 249 Abs. 2 S. 1 BGB zurück. Damit trägt grundsätzlich der Geschädigte die Beweislast. Ob davon ausgegangen werden kann, dass der Geschädigte seiner Darlegungs- und Beweislast auch in einem solchen Fall mit der Vorlage der von ihm beglichenen Rechnung genügt, erscheint mir zweifelhaft. Denn eine tatsächliche Vermutung dafür, dass die von einem Unternehmer abgerechneten und vom geschädigten Auftraggeber bezahlten Beträge bei fehlender Preisvereinbarung der üblichen Vergütung entsprechen, dürfte man kaum annehmen können.