" … II. Die zulässige Rechtsbeschwerde hat teilweise Erfolg. Sie führt in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang zur Aufhebung und Zurückverweisung der Sache (§ 79 Abs. 6 OWiG). Im Übrigen ist sie offensichtlich unbegründet i.S.v. §§ 79 Abs. 3 OWiG, 349 Abs. 2 StPO."

1. Der Schuldspruch selbst, also soweit festgestellt wurde, dass der Betr. überhaupt einen Rotlichtverstoß nach §§ 37, 49 Abs. 3 Nr. 2 StVO, 24 StVG begangen hat, weist keine Rechtsfehler zu seinen Lasten auf.

2. Im Rechtsfolgenausspruch, also soweit die Höhe der Geldbuße und die Anordnung des Fahrverbots mit der Erfüllung der weiteren Voraussetzungen nach Ziff. 132.3.1. BKatV (Dauer länger als eine Sekunde; Gefährdung) begründet wird, weist das angefochtene Urteil hingegen durchgreifende Rechtsfehler zu Lasten des Betr. auf. Schon die Voraussetzung für die Ahndung des Rotlichtverstoßes mit einem Fahrverbot wegen Missachtung einer schon länger als eine Sekunde andauernden Rotphase (BKatV Ziff. 132.3) ist nicht hinreichend in der Beweiswürdigung belegt. Die Beweiswürdigung ist hier insoweit lückenhaft. Zwar trägt sie noch soweit, dass die Rotlichtphase für den Betr. jedenfalls mindestens seit dem Zeitpunkt andauerte, seit dem das Lichtzeichen für das Polizeifahrzeug Grünlicht zeigte. Soweit dann in der Beweiswürdigung des angefochtenen Urteils ausgeführt wird, dass dieses erst “drei bis fünf Sekunden' später losgefahren (und in den Kreuzungsbereich eingefahren) sei, bleibt schon unklar, wo sich das Fahrzeug des Betr. zu diesem Zeitpunkt befand. Insoweit ist grds. maßgeblich, wann eine etwa vorhandene Haltelinie – zu der sich das Urteil allerdings nicht verhält – überfahren wird (vgl. OLG Dresden zfs 2017, 234; OLG Köln, Beschl. v. 8.2.2000 – Ss 51/00 B). Insb. ist aber die Dauer der Rotlichtphase von “3–5 Sekunden' nicht hinreichend belegt. Für die Feststellung eines qualifizierten Rotlichtverstoßes genügt die bloße gefühlsmäßige Schätzung eines den Rotlichtverstoß zufällig beobachtenden (ggf. in der Verkehrsüberwachung erfahrenen) Polizeibeamten alleine nicht, um zuverlässig entscheiden zu können, ob nur ein einfacher oder ein qualifizierter Rotlichtverstoß vorliegt (OLG Jena, Beschl. v. 10.12.1998 – 1 Ss 219/98; OLG Düsseldorf NZV 1995, 197). Soll durch Zeugenbeweis – ohne technische Hilfsmittel – ein qualifizierter Rotlichtverstoß bewiesen werden, so ist eine kritische Würdigung des Beweiswertes der Aussagen geboten (OLG Köln, Beschl. v. 20.3.2012 – III-1 RBs 65/12). Die Anforderungen können hier nicht niedriger sein, als bei einer gezielten Kreuzungsüberwachung im Hinblick auf Rotlichtverstöße (vgl. zu den Anforderungen dort: OLG Hamm NZV 2010, 44). Hier hätte kritisch gewürdigt werden müssen, wie die Zeugen zu ihrer Schätzung kommen. Angegeben wird zwar, dass sie es “nicht eilig' gehabt hätten. Andererseits ist kaum anzunehmen, dass sie vor der späteren Schrecksituation überhaupt ein Augenmerk darauf gelegt haben, wie lange es vom Beginn der Grünphase bis zum Anfahren des Polizeifahrzeugs dauerte, denn dies hatte für sie – jedenfalls nach den bisherigen Feststellungen zu diesem Zeitpunkt keinerlei Relevanz.

Auch fehlt es an einer hinreichenden Angabe, wie weit der Betr. mit seinem Fahrzeug noch von der Ampel entfernt war, als diese von Gelb- auf Rotlicht umschaltete (vgl. dazu OLG Hamm, Beschl. v. 2.11.2010 – III-4 RBs 374/10). Das AG teilt hierzu wiederum die – an sich von ihm selbst zutreffenden – Wertung eines Zeugen mit, dass der Betr. habe “problemlos' anhalten können, da er “mit normaler Geschwindigkeit von geschätzt 50 km/h gefahren sei'. Auch hier stellt sich die Frage, inwieweit die Zeugen hierauf ihr Augenmerk vor der eigentlichen etwaigen Gefahrensituation gerichtet hatten, um dies beurteilen zu können.

Für die neue Hauptverhandlung weist der Senat darauf hin, dass sich womöglich die Dauer der Rotlichtphase bei Überfahren der Haltelinie am sichersten durch entsprechende Berechnung der Fahrzeiten und Wegstrecken der beteiligten Fahrzeuge bis zur etwaigen Gefahrenstelle – ggf. nach sachverständiger Beratung – feststellen lässt.

Des Weiteren ist für eine Ahndung mit einer Regelgeldbuße i.H.v. 320 EUR erforderliche Gefährdung i.S.v. Ziff. 132.3.1. BKatV nicht hinreichend festgestellt. Diese Alternative des BKatV greift nur bei einer konkreten Gefährdung ein. Sie ist nur dann gegeben, wenn der Täter eine Lage herbeiführt, die auf einen unmittelbar bevorstehenden Unfall hindeutet. Dabei muss die Sicherheit eines bestimmten Rechtsgutes so stark beeinträchtigt sein, dass es vom Zufall abhängt, ob es verletzt wird oder nicht (KG Berlin NZV 2010, 584; vgl. auch: OLG Köln, Beschl. v. 3.9.1996 – Ss 366/96 (B)). Dem werden die Feststellungen des AG nicht gerecht, in denen nur von einem “umsichtigen Ausweichmanöver' die Rede ist. Dies lässt offen, ob bzw. inwieweit es zu einer “kritischen Annäherung' (vgl. KG Berlin a.a.O.) der beiden Fahrzeuge gekommen ist. Soweit in der Beweiswürdigung des angefochtenen Urteils Aussagen von Zeugen aus dem Polizeif...

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