Parkplatzunfälle, die sich im Zusammenhang mit dem Ausparken beider Unfallbeteiligter ereignen, sind häufig. Oft wird demjenigen ein geringerer Haftungsanteil auferlegt, der als erster aus seiner Parklücke herausgefahren war, zumal dann, wenn dieser bereits mehr oder weniger vollständig seine Parklücke verlassen hatte und im Zeitpunkt der Kollision gestanden hat.
Hierauf kann es jedoch nicht ankommen. Zwar ordnet § 9 Abs. 5 StVO an, das derjenige, der rückwärts fährt, sich so zu verhalten hat, dass eine Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer ausgeschlossen ist. § 9 Abs. 5 StVO dient jedoch dem Schutz des fließenden Verkehrs (vgl. Burmann/Heß/Jahnke/Janker, Straßenverkehrsrecht, 22. Auflage, § 9 StVO, Rn 67 m.w.N.). Fahrzeuge, die sich auf Parkplätzen bewegen, befinden sich jedoch in aller Regel nicht im fließenden Verkehr, da Parkplätze nur dem ruhenden Verkehr dienen. Somit ordnet sich ein ausparkendes Fahrzeug auf Parkplatzflächen nicht schon dann in den fließenden Verkehr ein, wenn es seine Parkbucht verlassen hat. Vielmehr sind hier gleichgeordnete Verkehrsflächen, die jeweils dem ruhenden Verkehr dienen, betroffen, so dass primär die Pflicht der gegenseitigen Verständigung gilt (vgl. Hentschel, Straßenverkehrsrecht, 41. Auflage, § 8 StVO, Rn 31a m.w.N.).
Darüber hinaus ist namentlich auf Parkplätzen immer damit zu rechnen, dass aus den Parkbuchten Fahrzeuge rückwärts herausfahren, so dass auch von dem Verkehrsteilnehmer, der die Flächen zwischen den Parkbuchten befährt, eine besonders erhöhte Aufmerksamkeit gefordert ist.
Außerdem ist zu berücksichtigen, dass die dem Rückwärtsfahren immanente Gefährlichkeit insbesondere daraus resultiert, dass andere Verkehrsteilnehmer weniger mit einem Rückwärtsfahren rechnen. Die Gefährlichkeit dieses Verkehrsvorgangs endet daher nicht in dem Moment, in dem die Rückwärtsfahrt als solche beendet wird, sondern wirkt auch noch dann fort, wenn das rückwärtsfahrende Fahrzeug sich als Hindernis in den Fahrweg anderer Fahrzeuge hinein bewegt, so dass es insofern nicht darauf ankommen kann, ob es im Zeitpunkt der Kollision bereits gestanden hat.
Etwas anderes kann allenfalls dann gelten, wenn nachweisbar das Fahrzeug so lange gestanden hat, dass der Verkehrsteilnehmer, der schließlich in dieses Fahrzeug hineinfährt, sich rechtzeitig hätte darauf einstellen können und müssen. In diesem Zusammenhang ist zu beachten, dass die Einholung eines teuren Sachverständigengutachtens zwar in der Regel klären kann, ob ein Fahrzeug gestanden hat oder nicht. Es ist jedoch regelmäßig nicht möglich, zu ermitteln, ob das Fahrzeug nur einen Sekundenbruchteil oder schon einen langen Zeitraum gestanden hat. Die Abwägung der beiderseitigen Betriebsgefahren wird daher regelmäßig bei Parkplatzunfällen der vorbeschriebenen Art zu einer hälftigen Haftungsverteilung führen.