VV RVG Vorbem. 3 Abs. 3, Nr. 3104; ZPO § 127

Leitsatz

In Verfahren über die Bewilligung von Prozesskostenhilfe, in denen ohne mündliche Verhandlung entschieden wird, kann eine Terminsgebühr nicht anfallen.

BGH, Beschl. v. 28.2.2012 – XI ZB 15/11

Sachverhalt

Das LG München I hatte dem ASt. für eine beabsichtigte Klage die beantragte Prozesskostenhilfe nur teilweise bewilligt, im Übrigen jedoch abgelehnt und zugleich einen schriftlichen Vergleichsvorschlag gemacht. Hieraufhin haben die Prozessbevollmächtigten der Parteien telefonisch eine Änderung dieses Vergleichsvorschlags erörtert und entsprechende Entwürfe ausgetauscht. Der ASt. legte daraufhin Beschwerde gegen die teilweise Ablehnung der Prozesskostenhilfe ein. Auf den neuen Vergleichsvorschlag des LG haben die Parteien hierzu schriftsätzlich Änderungsvorschläge gemacht und sich schließlich geeinigt. Durch Beschl. gem. § 278 Abs. 6 ZPO hat das LG dann das Zustandekommen und den Inhalt des von den Parteien geschlossenen Vergleichs festgestellt. Nach der Kostenregelung dieses Vergleichs hat die AG die Kosten des Prozesskostenhilfe-Verfahrens einschließlich der Kosten des Vergleichs zu tragen. Im Kostenfestsetzungsverfahren hat der Rechtspfleger des LG München I die von dem ASt. zur Festsetzung angemeldete Terminsgebühr unberücksichtigt gelassen. Auf die hiergegen gerichtete sofortige Beschwerde des ASt. hat das OLG München auch die Terminsgebühr festgesetzt. Die dagegen gerichtete Rechtsbeschwerde der AG führte zur Wiederherstellung der landgerichtlichen Entscheidung.

2 Aus den Gründen:

[7] "… a) Eine Terminsgebühr nach Vorbem. 3 Abs. 3 Alt. 3 VV RVG entsteht nach der Rspr. des BGH (NJW 2007, 1461 Rn 19 = zfs 2007, 467 m. Anm. Hansens = RVGreport 2007, 269 (Hansens); NJW 2007, 2644 Rn 7; vgl. auch BGH AGS 2012, 124 m. Anm. N. Schneider = RVGreport 2012, 148 (Hansens); ferner OLG Frankfurt am Main NJW-RR 2006, 1438; OLG Karlsruhe NJW-RR 2007, 503, 504; OLG München AnwBl. 2006, 147; Mayer, in: Mayer/Kroiß, RVG, 4. Aufl., Nr. 3104 VV Rn 26) nicht, wenn für das betreffende Verfahren eine mündliche Verhandlung nicht vorgeschrieben ist und das Gericht durch Beschl. entscheidet. So ist es im vorliegenden Verfahren über die Bewilligung von Prozesskostenhilfe. Entscheidungen in Prozesskostenhilfeverfahren ergehen gem. § 127 Abs. 1 S. 1 ZPO ohne mündliche Verhandlung. Die mündliche Erörterung gem. § 118 Abs. 1 S. 3 ZPO ist nur fakultativ und keine mündliche Verhandlung im eigentlichen Sinne (Stein/Jonas/Bork, ZPO, 22. Aufl., § 118 Rn 21). Im vorliegenden Fall hat auch tatsächlich keine mündliche Verhandlung oder Erörterung stattgefunden."

[8] Die vom Beschwerdegericht im Anschluss an einen Teil der Rspr. und Literatur (vgl. die Darstellung in BGH zfs 2012, 43 m. Anm. Hansens = AGS 2012, 10 m. Anm. Thiel = RVGreport 2012, 59 (Hansens)) erhobenen Einwände gegen die Rspr. des BGH rechtfertigen keine andere Beurteilung. Entgegen dieser abweichenden Auffassung rechtfertigen Wortlaut und Regelungszweck der Vorbem. 3 Abs. 3 Alt. 3 VV RVG die Entstehung einer Terminsgebühr in Verfahren, in denen eine mündliche Verhandlung nicht vorgeschrieben ist, nicht. Das Erfordernis einer vorgeschriebenen mündlichen Verhandlung wird zwar im Wortlaut der Vorbem. 3 Abs. 3 Alt. 3 VV RVG, anders als in Anm. 1 Nr. 1 zu Nr. 3104 VV RVG, nicht ausdrücklich erwähnt. Dies ändert aber nichts daran, dass die in Teil 3 des VV bezeichnete Terminsgebühr durch Vorbem. 3 Abs. 3 Alt. 3 nicht zu einer von den einzelnen Gebührentatbeständen losgelösten Korrespondenzgebühr für anwaltliche Besprechungen in den Streitigkeiten umgestaltet worden ist, in denen eine mündliche Verhandlung vor Gericht nicht vorgesehen ist (BGH NJW 2007, 2644 Rn 7 ff.). Dies ergibt sich bereits aus der Bezeichnung der Gebühr als Terminsgebühr und aus dem Standort der jeweiligen Gebührentatbestände in Teil 3 des Gebührenverzeichnisses, der die Gebühren für die Vertretung in gerichtlichen Verfahren bestimmt. Anderes ergibt sich auch nicht aus dem Zweck, den der Gesetzgeber mit der Ausweitung dieser Gebühr auf Besprechungen ohne Mitwirkung des Gerichts zur Vermeidung oder zur Erledigung eines Verfahrens verfolgt hat. Damit sollten dem Anwalt die Bemühungen um die Erledigung der Sache honoriert werden und den Verfahrensbeteiligten sowie dem Gericht unnötige Erörterungen in einem Gerichtstermin allein im Gebühreninteresse erspart bleiben (BT-Drucks 15/1971, S. 209). Diese Begründung für die darin von § 31 Abs. 1 Nr. 2 und 4 BRAGO abweichende Neuregelung greift nicht in den Beschlussverfahren, in denen das Gericht grds. ohne eine mündliche Verhandlung entscheidet. Auch die Gesetzesmaterialien zum RVG enthalten keinen Hinweis darauf, dass mit der Terminsgebühr eine allgemeine Korrespondenzgebühr für rechtsanwaltliche Mitwirkung an solchen Besprechungen eingeführt werden sollte (BGH NJW 2007, 1461 Rn 20).

[9] b) Eine Terminsgebühr ist, wie auch das BG zutreffend erkannt hat, auch nicht nach Nr. 3104 VV RVG angefallen. Dieser Gebührentatbestand nennt in Anm. 1 Nr. 1 ausdrücklich das E...

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