Der Beschluss des BGH klärt einige seit langem in der Praxis umstrittene Fragen.
Für die Erstattungsfähigkeit von Terminsvertretermehrkosten ist auf eine ex-ante-Betrachtung abzustellen. Die auswärtige Partei muss sich spätestens kurz vor dem angesetzten Verhandlungstermin entscheiden, ob sie ihren Prozessbevollmächtigten zu dem Termin anreisen oder den Termin durch einen Terminsvertreter wahrnehmen lässt. Deshalb kann sie nur diejenigen Umstände berücksichtigen, die ihr zu diesem Zeitpunkt bekannt sind. Die tatsächliche Höhe der in der Folgezeit tatsächlich anfallenden Kosten, die für die Vergleichsberechnung maßgeblich sind, lässt sich allerdings vielfach nicht einschätzen. Dies gilt beispielsweise für die Anzahl der durchzuführenden Termine. Die Vergleichsberechnung ist deshalb von sehr vielen Unwägbarkeiten geprägt. Die Rspr. hat sich damit beholfen zu prüfen, mit welchen Gesamtkosten eine verständige Partei im konkreten Fall im Voraus rechnen musste (siehe etwa OLG Düsseldorf Rpfleger 2003, 538; OLG Hamburg RVGreport 2012, 115 (Hansens)). Dabei wird man im Regelfall von zumindest einem Verhandlungstermin ausgehen können, bei einer Stufenklage oder bei einer erforderlich werdenden Beweisaufnahme jedoch auch von mehreren Terminen.
Auf die ex ante vorzunehmende Vergleichsberechnung können jedoch auch weitere Gebühren Einfluss haben, die dem Terminsvertreter anfallen. Dies ist insb. die für die Mitwirkung beim Abschluss eines Einigungsvertrages anfallende Einigungsgebühr. Nach Auffassung des OLG München RVGreport 2007, 392 (Hansens) = AGS 2008, 52 und 102 mit Anm. N. Schneider ist bei der Vergleichsberechnung nicht zu berücksichtigen, dass unter Umständen eine zweite Einigungsgebühr anfallen kann. Dies hat der BGH hier leider in dieser Allgemeinheit nicht so bestätigt. In dem Fall des BGH hatte die Kl. selbst den Abschluss eines Vergleichs zunächst abgelehnt, sich jedoch im Termin offensichtlich eines anderen besonnen. Nicht geklärt hat der BGH somit die Frage, ob die zweite Einigungsgebühr des Terminsvertreters auch dann bei der Vergleichsberechnung unberücksichtigt bleibt, wenn es völlig offen ist, ob im Verhandlungstermin ein Vergleich zustande kommt. Aus erstattungsrechtlichen Gründen müsste man deshalb dem auswärtigen Prozessbevollmächtigten raten, gegenüber dem Gericht von vornherein einen Vergleichsschluss abzulehnen. Dies wird allerdings die Vergleichsbereitschaft der Gegenseite nicht fördern.
Nach den Ausführungen des BGH auch im amtlichen Leitsatz seiner Entscheidung, sind die durch die Tätigkeit des Unterbevollmächtigten entstandenen Kosten erstattungsfähig, wenn sie die erstattungsfähigen Terminsreisekosten des Hauptbevollmächtigten nicht wesentlich übersteigen. Dieser Ansatz ist so nicht ganz richtig. Vielmehr ist auf die Mehrkosten abzustellen, die durch die Einschaltung eines Terminsvertreters entstanden sind. Es muss nämlich berücksichtigt werden, dass dem Prozessbevollmächtigten bei eigener Terminswahrnehmung regelmäßig die Terminsgebühr angefallen wäre, es sei denn, er habe sie bereits für Besprechungen verdient. Somit gehört die dem Terminsvertreter angefallene Terminsgebühr in diesem Fall nicht zu den Mehrkosten, da sie sonst auch dem Prozessbevollmächtigten für die Terminswahrnehmung angefallen wäre.
Die Mehrkosten, die den ersparten Terminsreisekosten des auswärtigen Prozessbevollmächtigten gegenüberzustellen sind, bestehen im Regelfall in der halben Verfahrensgebühr nach Nr. 3401 i.V.m. Nr. 3104 bzw. Nr. 3202 VV RVG, ggf. zusätzlich in der auch dem Terminsvertreter anfallenden Terminsgebühr, wenn die Terminsgebühr auch dem Prozessbevollmächtigten entstanden ist.
Der auswärtige Prozessbevollmächtigte hat regelmäßig vor dem ersten Verhandlungstermin im Rahmen seiner anzustellenden Vergleichsberechnung je nach den Umständen des Einzelfalls verschiedene zu erwartende Fallgestaltungen mit einzubeziehen (vgl. hierzu Hansens RVGreport 2012, 122 ff. mit vielen Beispielsberechnungen).
VorsRiLG Heinz Hansens
zfs 6/2014, S. 344 - 346