Kehren wir zum Ausgangspunkt unserer Überlegungen zurück und zu der Frage, ob nicht die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Verweisungsmöglichkeit auf eine günstigere Reparatur in einer anderen markengebundenen oder "freien" Fachwerkstatt auf die vorliegende Problematik übertragbar ist.
Die bisherige Untersuchung hat gezeigt, dass die Problematik alternativer Reparaturmethoden die Frage der Erforderlichkeit i.S.d. § 249 Abs. 2 S. 1 BGB berührt und mit dem dort verfügbaren Instrumentarium einer tragfähigen Lösung zugeführt werden kann. Auf § 254 Abs. 2 BGB und die darin normierte Schadensminderungspflicht des Geschädigten braucht insoweit nicht zurückgegriffen zu werden. Worin liegt aber der Unterschied zu den vom VI. Zivilsenat entschiedenen Verweisungsfällen? Betrachten wir hierzu die Norm des § 254 Abs. 2 BGB und deren Rechtsnatur einmal näher.
§ 254 BGB ist eine Ausprägung des in § 242 BGB festgelegten Grundsatzes von Treu und Glauben. Die Regelung beruht auf der Überlegung, dass jemand, der diejenige Sorgfalt außer Acht lässt, die nach Lage der Sache erforderlich erscheint, um sich selbst vor Schaden zu bewahren, auch den Verlust oder die Kürzung seiner Ansprüche hinnehmen muss, weil es im Verhältnis zwischen Schädiger und Geschädigtem unbillig erscheint, dass jemand für den von ihm erlittenen Schaden trotz eigener Mitverantwortung vollen Ersatz fordert. Als Ausprägung des Grundsatzes von Treu und Glauben stellt § 254 Abs. 2 BGB eine von Amts wegen zu beachtende Einwendung dar. Die Vorschrift greift mithin erst dann ein, wenn eine Verpflichtung zum Schadensersatz besteht, also von der Erforderlichkeit i.S.d. § 249 Abs. 2 S. 1 BGB auszugehen ist. Das ist bei den Verweisungsfällen nach dem Verständnis des Senats der Fall. Denn der Geschädigte hat nach der Auffassung des Senats grundsätzlich einen Anspruch auf Ersatz bestimmter Reparaturkosten, nämlich der üblichen Kosten einer Markenwerkstatt. Dieser Anspruch beschreibt mithin den zur Herstellung erforderlichen Betrag i.S.d. § 249 Abs. 2 S. 1 BGB, der nur ausnahmsweise im Rahmen des § 254 Abs. 2 BGB durch eine Verweisungsmöglichkeit beschränkt sein kann.
Ein solches Regel-Ausnahmeverhältnis existiert bei alternativen Reparaturmethoden nicht. Denn die Untersuchung hat gezeigt, dass es nach § 249 Abs. 2 S. 1 BGB gerade keinen Anspruch auf eine bestimmte Reparaturmethode, sondern lediglich den Anspruch auf eine fachgerechte und vollständige Restitution gibt. Einen generellen Anspruch auf eine bestimmte Reparaturmethode kann es auch nicht geben. Denn darin läge – wie die Untersuchung ebenfalls gezeigt hat – zum einen eine unzulässige rechtliche Beschränkung bei der Schadensabrechnung. Zum anderen würde das Postulat eines solches Anspruchs in letzter Konsequenz zum Stillstand der technischen Entwicklung führen.
Damit ist aber zugleich der Anwendungsbereich des § 254 Abs. 2 BGB bei alternativen Reparaturmethoden abgesteckt:
Auf § 254 Abs. 2 BGB kann erst zurückgegriffen werden, wo die herkömmliche Methode den erforderlichen Herstellungsaufwand i.S.d. § 249 BGB abbildet. Nur dann ist der Anwendungsbereich des § 254 Abs. 2 BGB überhaupt eröffnet und es kann eine Verweisung auf eine günstigere Reparaturmethode in Betracht kommen. Für Geschädigte, die ihren Schaden konkret nach den Kosten einer herkömmlichen Methode abrechnen, dürfte dies in aller Regel ohne praktische Relevanz sein. Denn bei konkreter Abrechnung sind die Kosten einer herkömmlichen Reparatur, sofern diese zur Schadensbehebung erforderlich sind, grundsätzlich zu ersetzen. Insoweit ist der Anwendungsbereich des § 254 Abs. 2 BGB im vorliegenden Zusammenhang grundsätzlich auf Fälle der fiktiven Schadensabrechnung beschränkt. Eine wirksame Verweisung auf günstigere alternative Reparaturmethoden setzt aber auch bei fiktiver Abrechnung voraus, dass die günstigere Methode nicht qualitativ schlechter als die herkömmliche Methode und gegenüber dieser mit sonstigen Risiken (Bsp.: fehlende Gewährleistung) verbunden ist. Denn auf eine solche Methode kann der Geschädigte von vorneherein nicht verwiesen werden. Eine Verweisung kommt aber in Betracht bei alternativen Reparaturmethoden, deren Berücksichtigung von einem durchschnittlichen Sachverständigen zwar nicht erwartet werden kann, weil sie sich nach dem gegenwärtigen Stand der Technik (noch) als "Außenseitermethode" darstellen, im Einzelfall aber durchaus geeignet sind, die Kosten einer fachgerechten und vollständigen Reparatur abzubilden. Sie kommt des Weiteren in Betracht, wenn der Geschädigte vom Haftungsschuldner auf eine Reparatur in einer "freien" Fachwerkstatt verwiesen werden kann und in dieser Werkstatt eine gleichwertige alternative Reparatur angeboten wird.