Die Änderung des VVG hat zu einer teilweise anderen Beurteilung des Umfangs der Haftungsfreistellung des Mieters des Kfz bei Nichtbeachtung der Rot zeigenden Lichtzeichenanlage geführt. Schon vor Inkrafttreten des § 81 Abs. 2 VVG n.F. waren in der Rspr. vermehrt Fälle der subjektiven groben Fahrlässigkeit durch Bildung von Fallgruppen verneint worden. Hatte der VN ein seiner Fahrtrichtung aufleuchtendes Grünlicht, das etwa für abbiegenden Verkehr galt, er damit “mitgezogen' wurde, auf sich bezogen (vgl. OLG Hamm NZV 1993, 438; OLG München NJW-RR 1996, 407), war die Ampel unübersichtlich angebracht (vgl. OLG Nürnberg NJW-RR 1996, 986; OLG Köln r +s 2007, 149), wurde eine grob subjektive unfallursächliche Fahrlässigkeit verneint, sodass unter der Geltung des Alles-oder-Nichts-Grundsatzes eine Versagung von Versicherungsschutz nicht eingriff. Erweitert wurden die Zubilligung fehlender Fälle subjektiver grober Fahrlässigkeit durch Ablenkungen des kurz darauf das Rotlicht beachtenden Fahrers bei schwierigen Verkehrssituationen oder Fehlverhalten durch falsch gedeutete Hupsignale nachfolgender Fahrer (vgl. OLG Hamm zfs 2001, 215; OLG Köln r +s 2007, 149; OLG Hamm NZV 2005, 95; vgl. auch Münchener Handbuch Versicherungsrecht/Burmann, § 10 Rn 158 und 159; Heiss/Höke, in: Beckmann/Matusche-Beckmann, Handbuch Versicherungsrecht, 2. Aufl., § 30 Rn 36).
Nachdem der Senat das Fehlen grob fahrlässiger Herbeiführung des Verkehrsunfalls verneint hatte, musste er nicht mehr zu der Frage Stellung nehmen, welche Auswirkungen die Einführung des § 81 Abs. 2 VVG n.F. für den Umfang der Haftungsfreistellung für den Mieter bei grob fahrlässiger Herbeiführung des Unfalls hat. Da die Haftungsfreistellung des Mieters zur Folge hat, dass im Verhältnis des Mieters zu dem gewerblichen Autovermieter die Grundsätze des Vollkaskoversicherungsschutzes gelten, hätte es der Bestimmung der quotalen Freistellungspflicht des Autovermieters entsprechend der Schwere des Verschuldens des Mieters wegen Nichtbeachtung des Rotlichts bedurft. Für den Regelfall des Rotlichtverstoßes werden Leistungskürzungen von 50 % (vgl. Burmann/Heß/Stahl, Versicherungsrecht im Straßenverkehr, 2. Aufl., Rn 541; Stehl, in: Meschkat/Nauer, VVG-Quoten, Leistungskürzungen in der Sach- und Kaskoversicherung sowie KH-Regress, 2008, Rn 114) und von 60 % als “Einstiegsquote' angenommen (vgl. Schirmer, in: Marlow/Spuhn, Das neue VVG kompakt, Rn 814; Kloth/Neuhaus, in: Schwintowski/Brömmelmeyer, Praxiskommentar zum VVG, § 81 Rn 62) angeführt.
Ein Vorschlag zur Leistungskürzung bei Rotlichtverstößen differenziert nach den einzelnen Erscheinungsformen, wie der vorhergehenden Dauer des Rotlichtes, Fälle der Blendung, Durchschnittsfälle des Rotlichtverstoßes, Mitzieheffekten und verwirrender Ampelanlagen, wobei letztere häufig als Fälle nicht grob fahrlässiger Herbeiführung des Unfalls gewertet werden (vgl. Nugel, Kürzungsquoten nach dem VVG, § 2 Rn 79). Das nur in geringer Menge vorhandene Rechtsprechungsmaterial geht von Quoten von 50 % aus (vgl. LG Münster zfs 2009, 641; LG Essen zfs 2010, 393), erlaubt aber keine Verallgemeinerung und keine Vorhersage einer Tendenz.
RiOLG a.D. Heinz Diehl, Neu-Isenburg