[6] "… 1. Das BG ist allerdings zutreffend davon ausgegangen, dass durch ein Unfallgeschehen ausgelöste, traumatisch bedingte psychische Störungen von Krankheitswert eine Gesundheitsverletzung i.S.d. § 823 Abs. 1 BGB darstellen können (vgl. Senatsurt. v. 22.5.2007 – VI ZR 17/06, BGHZ 172, 263 Rn 12; v. 30.4.1996 – VI ZR 55/95, BGHZ 132, 341, 344; v. 16.1.2001 – VI ZR 381/99, VersR 2001, 874, 875; v. 12.11.1985 – VI ZR 103/84, VersR 1986, 240, 24). Der Senat hat wiederholt ausgesprochen, dass die Schadensersatzpflicht für psychische Auswirkungen einer Verletzungshandlung nicht voraussetzt, dass sie eine organische Ursache haben; es genügt vielmehr grds. die hinreichende Gewissheit, dass die psychisch bedingte Gesundheitsschädigung ohne die Verletzungshandlung nicht aufgetreten wäre (Senatsurt. v. 30.4.1996 – VI ZR 55/95, BGHZ 132, 341, 343 f. Rn 14 f.; v. 4.4.1989 – VI ZR 97/88, VersR 1989, 853, 854; v. 9.4.1991 – VI ZR 106/90, VersR 1991, 704, 705; v. 2.10.1990 – VI ZR 353/89, VersR 1991, 432, jeweils m.w.N.)."
[7] 2. Im Ausgangspunkt zu Recht hat das BG auch angenommen, dass dieser Grundsatz nach der gefestigten Rspr. des Senats im Bereich der sog. Schockschäden eine gewisse Einschränkung erfährt. Danach begründen seelische Erschütterungen wie Trauer und seelischer Schmerz, denen Hinterbliebene beim (Unfall)Tod eines Angehörigen erfahrungsgemäß ausgesetzt sind, auch dann nicht ohne Weiteres eine Gesundheitsverletzung i.S.d. § 823 Abs. 1 BGB, wenn sie von Störungen der physiologischen Abläufe begleitet werden und für die körperliche Befindlichkeit medizinisch relevant sind. Der Senat hat dies damit begründet, dass die Anerkennung solcher Beeinträchtigungen als Gesundheitsverletzung i.S.d. § 823 Abs. 1 BGB der Absicht des Gesetzgebers widerspräche, die Deliktshaftung gerade in § 823 Abs. 1 BGB sowohl nach den Schutzgütern als auch den durch sie gesetzten Verhaltenspflichten auf klar umrissene Tatbestände zu beschränken und Beeinträchtigungen, die auf die Rechtsgutverletzung eines anderen bei Dritten zurückzuführen sind, soweit diese nicht selbst in ihren eigenen Schutzgütern betroffen sind, mit Ausnahme der §§ 844, 845 BGB ersatzlos zu lassen (vgl. Senatsurt. v. 11.5.1971 – VI ZR 78/70, BGHZ 56, 163, 164 ff.; v. 31.1.1984 – VI ZR 56/82, VersR 1984, 439; v. 4.4.1989 – VI ZR 97/88, VersR 1989, 853, 854). Psychische Beeinträchtigungen infolge des Todes naher Angehöriger, mögen sie auch für die körperliche Befindlichkeit medizinisch relevant sein, können vielmehr nur dann als Gesundheitsverletzung i.S.d. § 823 Abs. 1 BGB angesehen werden, wenn sie pathologisch fassbar sind und über die gesundheitlichen Beeinträchtigungen hinausgehen, denen Hinterbliebene bei der Benachrichtigung vom tödlichen Unfall eines Angehörigen erfahrungsgemäß ausgesetzt sind (vgl. Senatsurt. v. 13.1.1976 – VI ZR 58/74, VersR 1976, 539, 540; v. 31.1.1984 – VI ZR 56/82, VersR 1984, 439; v. 4.4.1989 – VI ZR 97/88, VersR 1989, 853, 854; v. 6.2.2007 – VI ZR 55/06, VersR 2007, 803 Rn 6, 10; v. 20.3.2012 – VI ZR 114/11, VersR 2012, 634 Rn 8; ablehnend: Staudinger/Schiemann, BGB, Neubearb. 2005, § 249 Rn 46; MüKo-BGB/Oetker, 6. Aufl., § 249 Rn 148, 151; MüKo-BGB/Wagner, 6. Aufl., § 823 Rn 144, jeweils m.w.N.).
[8] 3. Die Revision rügt aber mit Erfolg, dass das BG die Anforderungen an die Annahme einer Gesundheitsverletzung in diesem Sinne überspannt und nicht berücksichtigt hat, dass der Kl. den Unfalltod seiner Ehefrau unmittelbar miterlebt hat und durch das grob verkehrswidrige Verhalten des W. selbst gefährdet war.
[9] a) Nach den Feststellungen des BG hatte Dr. F. beim Kl. eine akute Belastungsreaktion nach ICD F43.9 G festgestellt. Bei der ICD handelt es sich um die Internationale statistische Klassifikation der Krankheiten und verwandter Gesundheitsprobleme (International Statistical Classification of Diseases and Related Health Problems). Sie wird von der Weltgesundheitsorganisation herausgegeben (vgl. http://apps.who.int/classifications/icd/en/, abgerufen am 13.1.2015). Im Kapitel V (F00-F99) der ICD werden psychische und Verhaltensstörungen beschrieben. Die Untergruppe F40-F48 befasst sich dabei mit neurotischen, Belastungs- und somatoformen Störungen. Gegenstand des Unterabschnitts F43 sind Reaktionen auf schwere Belastungen und Anpassungsstörungen, die als direkte Folge einer akuten schweren Belastung oder eines kontinuierlichen Traumas entstehen, erfolgreiche Bewältigungsstrategien behindern und aus diesem Grunde zu Problemen der sozialen Funktionsfähigkeit führen (vgl. https://www.dimdi.de/static/de/klassi/icd-10-gm/index.htm, abgerufen am 13.1.2015). Wie das BG weiter festgestellt hat, sah sich der Kl. infolge der Eindrücke aus dem Unfallgeschehen veranlasst, aus der in seinem Eigentum stehenden ehelichen Wohnung auszuziehen und seinen Beruf als Lkw-Fahrer aufzugeben. Nach dem mangels gegenteiliger Feststellungen revisionsrechtlich zugrunde zu legenden Sachvortrag des Kl. hatte ihm sein Arzt zu dem Wohnungswechsel geraten, um die Beding...