Nach Ansicht des BGH ist ein auf den Schadensersatzanspruch eines Geschädigten anzurechnender Vorteil auch dann vorhanden, wenn und soweit infolge der Schädigung von dem Geschädigten an sich geschuldete Steuern weggefallen sind. Ein solcher Vorteil sei jedoch zu verneinen, wenn diesem Steuervorteil ein Nachzahlungsanspruch des Finanzamts gegenübersteht. Das gelte auch, wenn dieser Nachzahlungsanspruch später dadurch entfalle, dass er infolge Verjährung nicht mehr geltend gemacht werden könne.
Damit hat der BGH indessen nicht entschieden, dass verjährte Steuern als Schadensersatz geltend gemacht werden können, und ebenso wenig, dass die Verjährung der Steuerschuld zugunsten eines Schadensersatzpflichtigen nicht zu berücksichtigen sei (mit der Folge, dass der Steuervorteil beim Geschädigten bleibe). In dem dem Streitfall zugrundeliegenden Sachverhalt ging es nicht um eine (verjährte) Steuer als Schadensposition, sondern um ein Problem auf der Ebene des Vorteilsausgleichs. Der Kläger machte gegen seinen steuerlichen Berater als Schaden geltend, was er jahrelang seiner Schwägerin aus dem Gewinn einer offenen Handelsgesellschaft zu viel an Anteil hatte zukommen lassen. Der steuerliche Berater berief sich darauf, der Kläger müsse sich anrechnen lassen, dass der Nachzahlungsanspruch des Finanzamts ihm gegenüber verjährt sei. Es wäre – so der BGH – unbillig, dass ein erst durch die Verjährung entstehender Vorteil dem Schädiger zugutekommen sollte. Der Vorteil gehe zulasten des Steuerfiskus; es erscheine angemessen, nicht dem Schädiger, sondern dem Geschädigten den Genuss dieses Gewinns zuzubilligen.
Aus steuerrechtlicher Sicht ist diese Argumentation nicht zwingend. Auch wenn der Kläger im Urteilsfall nur seinen Gewinnanteil abzüglich darauf entfallender Einkommensteuer ersetzt erhielte, würde damit nur die ursprüngliche Situation hergestellt; eine weitere wirtschaftliche Leistungsfähigkeit gebietet das Einkommensteuerrecht nicht. Verjährung als Teil des steuerlichen Verfahrensrechts hat mit Billigkeitserwägungen ohnehin nichts zu tun. Sie dient dem Rechtsfrieden. Außerdem wird durch die Verjährung berücksichtigt, dass die Erweisbarkeit von Ansprüchen oder auch ihre Abweisung umso schwieriger wird, je länger die betreffenden Vorgänge zurückliegen. Sie tritt unter den Voraussetzungen der einschlägigen Normen ein, damit völlig unabhängig von irgendwelchen Billigkeitserwägungen, trifft also dazu gar keine Aussage.
Gleichwohl ist die Entscheidung des BGH im Ergebnis zutreffend, allerdings aus einem anderen Aspekt: Der Kläger erhielt Ersatz dafür, dass sein Gewinnanteil an der offenen Handelsgesellschaft bislang zu niedrig angesetzt worden war – mithin eine Entschädigung als Ersatz für entgangene Einnahmen i.S.d. § 24 Nr. 1a). Diese unterliegt der Einkommensteuer für den Veranlagungszeitraum, in dem sie geleistet wird. Es bestand ihm gegenüber also noch ein durchsetzbarer Anspruch des Finanzamts.