"Die Rechtsbeschwerde hat in der Sache mit der zulässig ausgeführten Aufklärungsrüge Erfolg."
Die Aufklärungsrüge betrifft folgenden Sachverhalt: Anlässlich der Kontrolle am frühen Morgen des 5.10.2014 haben die Polizeibeamten der Betroffenen erklärt, dass sie bis zur richterlichen Entscheidung über die vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis keine fahrerlaubnispflichtigen Fahrzeuge führen dürfe, obwohl ihr Führerschein nicht sichergestellt oder beschlagnahmt worden war. Nach mehr als zwei Wochen soll die Betroffene mitgeteilt bekommen haben, dass “die Beschlagnahme’ des Führerscheins aufgehoben worden sei.
Dieser Sachverhalt wird in den Urteilsgründen nicht erwähnt. Deshalb ist nicht auszuschließen, dass er bei der Rechtsfolgenentscheidung nicht berücksichtigt worden ist. Dies wäre rechtsfehlerhaft.
Eine Anrechnung des von den Polizeibeamten ausgesprochenen “Fahrverbots’ findet hier in der Vollstreckung nicht statt. Die Voraussetzungen des § 25 Abs. 6 StVG liegen nicht vor. Der Betroffenen ist die Fahrerlaubnis nicht gem. § 111a StPO vorläufig entzogen worden. Ihr Führerschein war auch nicht gem. § 94 StPO verwahrt, sichergestellt oder beschlagnahmt. Dies erfordert die Wegnahme der Fahrerlaubnis, die hier nicht erfolgt ist; die polizeiliche Anordnung der Beschlagnahme genügt nicht. Ein von einem Polizeibeamten in seiner Eigenschaft als Ermittlungsperson der Staatsanwaltschaft ausgesprochenes mündliches Fahrverbot ohne Wegnahme des Führerscheins sieht die Strafprozessordnung nicht vor. § 94 Abs. 1 StPO findet auf Führerscheine keine Anwendung, soweit die Vorschrift die Sicherstellung in anderer Weise als durch Verbringung in amtlichen Gewahrsam zulässt (Hauck/Löwe-Rosenberg, StPO, § 111a Rn 65).
Aufgrund dieser Rechtslage war das mündlich ausgesprochene polizeiliche Fahrverbot bei der Rechtsfolgenentscheidung – aus den Urteilsgründen erkennbar – zu berücksichtigen. Die Maßnahme war zwar nicht geeignet bei Zuwiderhandlung eine Strafbarkeit wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis gem. § 21 Abs. 2 Nr. 2 StVG zu begründen (OLG Stuttgart VRS 97, 303, 304); es liegt aber nahe, dass sich die Betroffene an das ausgesprochene Fahrverbot gehalten hat. Dafür spricht insb. auch, dass der Verteidiger in seinem an die Staatsanwaltschaft Landau gerichteten Schreiben vom 10.10.2014 darauf hingewiesen, dass unklar sei, ob eine Führerscheinbeschlagnahme vorliege und um kurzfristige Klärung gebeten hat. Danach ist nachvollziehbar, dass die Betroffene – wie in der Rechtsbeschwerdebegründung behauptet – mehr als zwei Wochen von einem wirksamen Fahrverbot ausging. Laut dem Vermerk von POK G … vom 12.1.2015 soll die Betroffene sogar erst am 11.1.2015 über das Ergebnis der Blutprobe in Kenntnis gesetzt worden sein.
Das Urteil kann auch auf der mangelnden Berücksichtigung dieses Sachverhaltes beruhen. Zwar darf das AG die Mindestdauer von einem Monat bei Anordnung eines Fahrverbots nicht unterschreiten (OLG Düsseldorf, Beschl. v. 27.12.2010 – 3 RBs 210/10, zit. nach juris); trotz der Regel des § 25 Abs. 1 S. 2 StVG kann das AG aber insb. dann, wenn die Betroffene einen Monat oder sogar noch länger von einem wirksamen Fahrverbot ausgegangen sein sollte, von der Anordnung eines Fahrverbots absehen.
Die danach erforderliche Urteilsaufhebung war auf den gesamten Rechtsfolgenausspruch zu erstrecken. Sollte das AG erneut zur Anordnung eines Fahrverbotes kommen, könnte auch ein Nachteilsausgleich durch eine weitere Verminderung der Geldbuße in Betracht kommen.
Eine eigene Sachentscheidung ist dem Senat verwehrt. Es sind ergänzende Feststellungen insb. dazu zu treffen, ob und wie lange die Betroffene von dem Bestehen eines wirksamen Fahrverbots ausgegangen ist.“
zfs 7/2016, S. 411 - 412