Leitsatz
Die Umwandlung einer als Rechtsanwaltsgesellschaft zugelassenen GmbH in eine Aktiengesellschaft rechtfertigt nach §59h Abs.3 i.V.m. §59c Abs.1 BRAO den Widerruf der Zulassung als Rechtsanwaltsgesellschaft. Einer Anwalts-AG kann prinzipiell aber eine solche Zulassung erteilt werden.
Sachverhalt
Die "D-Rechtsanwaltsgesellschaft mbH" wurde am 19.2.2001 in das Handelsregister eingetragen und am 11.4.2001 als Rechtsanwaltsgesellschaft nach §59c BRAO zugelassen. Laut Beschluss der Gesellschafterversammlung vom 27.9.2001 entstand durch Umwandlung der GmbH die "DWP Rechtsanwaltsaktiengesellschaft", die am 14.2.2002 in das Handelsregister eingetragen wurde. Die zuständige Anwaltskammer widerrief darauf die der "D-Rechtsanwaltsgesellschaft mbH" erteilte Zulassung als Rechtsanwaltsgesellschaft. Mit einem weiteren Bescheid vom selben Tag lehnte die Kammer den von der AG hilfsweise gestellten Antrag ab, als Rechtsanwaltsgesellschaft zugelassen zu werden. Der BGH gab ihrer Beschwerde zumindest teilweise statt und verpflichtete die Anwaltskammer zur Überprüfung und erneuten Entscheidung.
Entscheidung
Nach §59h Abs.3 BRAO ist die berufsrechtliche Zulassung einer Rechtsanwaltsgesellschaft u.a. dann zu widerrufen, wenn sie nicht mehr die Voraussetzungen des §59c BRAO erfüllt. Dies war bei der Antragstellerin der Fall. Sie ist keine GmbH mehr, wie es §59c Abs.1 BRAO für die Zulassung als Rechtsanwaltsgesellschaft verlangt. Dem Widerruf steht nicht entgegen, dass die GmbH ihre Rechtsform per Formwechsel nach den §§190ff. UmwG geändert hat. Trotz des identitätswahrenden Charakters des Formwechsels war die Kammer zum Widerruf der Zulassung berechtigt, weil diese von personenbezogenen Voraussetzungen abhängt, deren Fortbestand bei einem Formwechsel nicht gewährleistet ist. Die Zulassung geht deshalb bei einer Umwandlung nicht automatisch über, sondern muss neu erteilt werden. Insoweit bestätigt der Senat die Entscheidung der Anwaltskammer.
Die AG kann aber beanspruchen, als Rechtsanwaltsgesellschaft zugelassen zu werden. Dies ergibt sich allerdings nicht unmittelbar aus der BRAO, weil die §§59c ff. BRAO die Zulassung einer AG als Rechtsanwaltsgesellschaft nicht vorsehen. Gleichwohl hat auch eine AG einen solchen Anspruch, sofern sie die wesentlichen Voraussetzungen für die Zulassung einer Kapitalgesellschaft als Rechtsanwaltsgesellschaft in Anlehnung an die §§59c ff. BRAO erfüllt. Dies folgt aus höherrangigem Recht.
Auch eine AG hat gemäß Art.12 Abs.1 GG das Grundrecht auf freie Berufswahl. Insbesondere darf sie Aufträge übernehmen, die zur Berufstätigkeit von Rechtsanwälten gehören, wenn ihr eine solche Tätigkeit nicht durch Regelungen verboten ist, die mit Art.12 Abs.1 GG vereinbar sind. Es kommt dabei nicht darauf an, ob es gesetzliche Bestimmungen gibt, die diese Tätigkeit zulassen. Vielmehr ist umgekehrt zu prüfen, ob es rechtliche Regelungen gibt, die eine entsprechende Berufsausübung verbieten, und ob solche Regelungen, falls und soweit sie bestehen, mit Art.12 Abs.1 GG vereinbar sind. Solche Regelungen sieht der BGH nicht.
Zwar sieht §59c Abs.1 BRAO nur vor, dass GmbH, deren Gegenstand die Beratung und Vertretung in Rechtsangelegenheiten ist, als Rechtsanwaltsgesellschaften zugelassen werden können. Daraus folgt aber nicht, dass einer AG der Zugang zur Beratung und Vertretung in Rechtsangelegenheiten wegen ihrer Rechtsform verwehrt wäre. Aus dem expliziten Regelungsverzicht für die Zulassung von AG ist ein solches Verbot nicht herzuleiten.
Der Anspruch einer AG auf Zulassung als Rechtsanwaltsgesellschaft ist vielmehr verfassungsrechtlich begründet. Nachdem der GmbH die entsprechende Zulassung durch die §§59c ff. BRAO eröffnet worden ist, darf die AG berufsrechtlich nicht schlechter stehen als die GmbH, sofern die AG die wesentlichen Zulassungsvoraussetzungen ebenso erfüllt wie die GmbH. Mit Erwägungen, dass die anwaltliche Berufsausübung durch eine Kapitalgesellschaft mit dem gesetzlich und gewohnheitsrechtlich umrissenen Berufsbild des Rechtsanwalts grundsätzlich nicht vereinbar sei, kann der AG der Berufszugang nicht mehr verwehrt werden. Die Unterschiede zwischen einer AG und einer GmbH rechtfertigen keine Differenzierung in der Behandlung beider Kapitalgesellschaften, soweit es um deren Zugang zur anwaltlichen Berufsausübung geht.
Praxishinweis
Als notwendige Voraussetzung für die Zulassung einer AG müssen – neben dem Nachweis einer ausreichenden Berufshaftpflichtversicherung – lediglich folgende Erfordernisse durch die Satzung sichergestellt sein:
- die Eigenverantwortlichkeit und Weisungsfreiheit der in der AG tätigen Rechtsanwälte,
- die Beschränkung des Unternehmensgegenstands auf die Übernahme von Aufträgen, die zur Berufstätigkeit von Rechtsanwälten gehören,
- das Verbot eines beruflichen Zusammenschlusses für die AG,
- die Einhaltung des auch für GmbH geltenden §59e BRAO, insbesondere die Beschränkung des Kreises der Aktionäre auf in der AG beruflich tätige Rechtsanwälte und Angehörige der in ...