Nach einem schädigenden Ereignis nimmt der Ausgleich des Verdienstausfallschadens für die Geschädigten eine zentrale Rolle ein. Der Verdienst ist schließlich die Grundlage des Lebensunterhaltes und der individuellen Lebensqualität.
I. Renteneintrittsalter
Bekanntermaßen wird aktuell das Renteneintrittsalter schrittweise auf das 67. Lebensjahr angehoben. Für alle Versicherten, die 1964 oder später geboren sind, beträgt ab 2031 das Renteneintrittsalter 67 Jahre. Das bedeutet, dass sich alle Versicherten, die 54 Jahre und älter sind, darauf einstellen müssen, erst ab dem 67. Lebensjahr Altersrente zu beziehen.
Bei der Regulierung von Verdienstausfallschäden kann man deshalb davon ausgehen, dass alle Personen, die früher als 1964 geboren wurden, entsprechend den veröffentlichten Renteneintrittsalter-Tabellen den Zeitpunkt für den Bezug von Altersrente als gesichert ansehen können.
Fraglich wird dies aber für die Zeit nach 2031, d.h. bei den Geschädigten die aktuell jünger als 54 Jahre alt sind. Es sind in der Politik und Wirtschaft starke Tendenzen vorhanden, das Renteneintrittsalter auf 70 Jahre, möglicherweise sogar 72 Jahre anzuheben. Führende Experten gehen davon aus, dass dies spätestens in den 2030er Jahren auch so kommen wird.
In der "Wirtschaftswoche" vom 20.9.2017 wird die aktuelle Situation sehr dezidiert und nachvollziehbar dargestellt. Eine Erhöhung des Renteneintrittsalters sieht der Autor als unabwendbar, weil die Altersstruktur der Arbeitnehmer und der Rentner sich dramatisch verschieben wird. Deutlich mehr Rentnern stehen dann deutlich weniger Beitragszahler gegenüber. Der Autor kommt zu dem Schluss, dass eine entsprechende Anpassung in den Jahren zwischen 2030 und 2040 unausweichlich ist und kommen wird.
Beim 51. Verkehrsgerichtstag in Goslar 2013 wurde dieses Thema im Arbeitskreis "Erwerbsschadensermittlung bei Verletzung vor oder kurz nach dem Berufseinstieg" diskutiert, allerdings nicht in die Entschließungen aufgenommen. In der Diskussion wurde mehrfach darauf hingewiesen, dass bei einer Abfindung des Verdienstausfalles bei jüngeren Menschen auch an ein höheres Renteneintrittsalter als aktuell 67 Jahre gedacht werden muss. Dies könne durch einen entsprechenden Vorbehalt für den Fall einer weiteren Anhebung des Renteneintrittsalters gewährleistet werden.
In aktuellen Arbeitsverträgen wird dieser Situation häufig bereits Rechnung getragen, indem zwar das Ende des Arbeitsverhältnisses mit dem 67. Lebensjahr angegeben wird, diese Verträge aber zusätzlich eine Ergänzung dahin gehend enthalten, dass das tatsächliche Ende der Arbeitszeit sich nach der dann gültigen gesetzlichen Regelung bezüglich des Renteneintrittsalters richtet. Es finden sich dabei Formulierungen wie "Das Arbeitsverhältnis endet spätestens am Ende des Monats in dem das 67. Lebensjahr bzw. das Rentenalter erreicht wird." Noch weitergehend nehmen schon jetzt viele Arbeitsverträge überhaupt kein Endalter mehr mit auf, sondern werden lediglich begrenzt auf das "Erreichen der Regelaltersrente". Im praktischen Arbeitsrecht wird also damit bereits jetzt eingeräumt, dass das Renteneintrittsalter insb. bei jüngeren Menschen aktuell überhaupt nicht prognostizierbar ist.
Für die Abfindung von Verdienstausfallansprüchen bedeutet das, dass bei Geschädigten unter 50 Jahren die Begrenzung auf das 67. Lebensjahr wahrscheinlich zu einem nicht angemessenen Schadensersatzbetrag führen würde. Das Renteneintrittsalter wird mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit – wie oben ausgeführt – später sein, sodass bei Abfindungen das Risiko eingepreist oder zumindest ein entsprechender Vorbehalt vereinbart werden sollte.
Fazit: Eine Begrenzung des Verdienstausfallschadens auf das 67. Lebensjahr ist bei jungen Geschädigten nicht mehr zeitgemäß und mit hohen Risiken behaftet, denen bei einer abschließenden Regelung Rechnung zu tragen ist.
II. Abzug von Eigenersparnis für berufsbedingte Aufwendungen
Der Frage des Abzuges von Eigenersparnissen wird häufig nur in geringem Umfang Aufmerksamkeit zu Teil. In vielen Fällen erfolgt ohne jegliche weitere Prüfung ein pauschaler Abzug von 5 % – meist sogar 10 % oder noch mehr – des Nettoeinkommens des Geschädigten.
Übersehen wird dabei oft, dass zunächst zu klären ist, ob in dem konkreten Fall überhaupt eine Eigenersparnis eingetreten ist. Nur wenn dies der Fall ist, stellt sich die Frage, wie diese zu berücksichtigen ist, nämlich ob diese in tatsächlicher Höhe bestimmbar ist oder eine Pauschalierung in Betracht kommt.
Die Eigenersparnis betrifft im Wesentlichen zwei Positionen: zum e...