Leitsatz
Gegenstand des Verfahrens war die von dem unterhaltsverpflichteten Vater begehrte Abänderung eines im Rahmen des Ehescheidungsverfahrens geschlossenen Teilvergleichs vom 18.3.2003 über den Kindesunterhalt. Der Kläger begehrte Wegfall seiner Unterhaltsverpflichtung ggü. seinem im Jahre 1993 geborenen Sohn, nachdem er seit dem 31.5.2004 weitgehend arbeitslos war.
Sachverhalt
Aus der im Mai 2004 rechtskräftig geschiedenen Ehe des Klägers waren die im November 1986 geborene Tochter und der im April 1993 geborene Beklagte hervorgegangen, der seit der Trennung seiner Eltern im April 2002 im Haushalt seiner Mutter lebte, die ihn versorgte und betreute.
In einem am 18.3.2003 im Rahmen des Scheidungsverfahrens geschlossenen Teilvergleich hatte der Kläger sich verpflichtet, beginnend ab August 2003 monatlichen Kindesunterhalt für die Tochter i.H.v. 307,00 EUR und für den Beklagten i.H.v. 249,00 EUR zu zahlen. Als Vergleichsgrundlage wurde seinerzeit ein bereinigtes Nettoeinkommen des Klägers i.H.v. 1.536,47 EUR sowie ein Unterhaltsbedarf beider Kinder nach der Einkommensgruppe 3 der Düsseldorfer Tabelle zugrunde gelegt.
Der Kläger war im Februar 1961 geboren und gelernter Datenverarbeitungskaufmann. Sein Arbeitsverhältnis wurde vonseiten des Arbeitgebers mit Schreiben vom 29.10.2003 zum 31.5.2004 gekündigt. Seither war der Kläger - mit Ausnahme einer etwa vierwöchigen Unterbrechung durch einen "1-Euro-Vertrag" arbeitslos. Seit September 2004 erhielt er Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II. Durch Bescheid vom 21.5.2008 wurde bei ihm ein Behinderungsgrad von 40 % festgestellt. Er erhielt von der DRV Bund seit dem 1.10.2008 eine bis zum 31.3.2011 befristete Rente wegen voller Erwerbsminderung i.H.v. monatlich 936,46 EUR.
Eine von dem Beklagten im Jahre 2006 erhobene Abänderungsklage mit dem Ziel der Erhöhung des im Vergleich vereinbarten Unterhalts auf 100 % des Regelbetrages der 3. Altersstufe gemäß § 1 RegelbetragVO wurde abgewiesen. Ein Rechtsmittel hiergegen wurde nicht eingelegt.
Mit der von ihm im Juni 2007 eingereichten Klage begehrte der Kläger die Abänderung des Teilvergleichs vom 18.3.2003 dahingehend, dass er dem Beklagten ab 1.6.2007 keinen Unterhalt mehr schulde. Er berief sich im Wesentlichen auf fehlende Leistungsfähigkeit.
Das erstinstanzliche Gericht hat die Klage abgewiesen.
Der Kläger hat hiergegen Berufung eingelegt und sein erstinstanzliches Ziel weiterverfolgt. Er berief sich auch weiterhin auf krankheitsbedingte Erwerbs- bzw. Arbeitsunfähigkeit seit Juni 2007. Zudem habe er sich umfassend - aber letztendlich erfolglos - um eine vollschichtige Arbeit bemüht.
Der Beklagte beantragte Zurückweisung der Berufung und erhob Anschlussberufung mit dem Ziel, höheren Unterhalt zu erhalten.
Die Berufung blieb ohne Erfolg, die Anschlussberufung erwies sich als teilweise erfolgreich.
Entscheidung
Das OLG wies zunächst darauf hin, dass die Abänderung eines Prozessvergleichs nicht nach Maßgabe des § 323 Abs. 1 ZPO, sondern nach § 313 BGB bzw. dem aus § 242 BGB abgeleiteten Grundsatz über die Veränderung oder den Wegfall der Geschäftsgrundlage erfolge (BGH FamRZ 2001, 1140, m.w.N.). Danach könne eine Anpassung verlangt werden, wenn sich die für den Vergleichsabschluss maßgeblichen Verhältnisse so wesentlich geändert hätten, dass es der betreffenden Partei nach Treu und Glauben nicht länger zugemutet werden könne, an dem Vergleich festgehalten zu werden. Die Darlegungs- und Beweislast für den Wegfall der Geschäftsgrundlage einschließlich der für die Ersttitulierung maßgebenden Umstände trage der Abänderungskläger (BGH, FamRZ 1996, 665 [666]; Senat, a.a.O.; Wendl/Schmitz, Unterhaltsrecht, 7. Aufl., § 10 Rz. 169). Im vorliegenden Fall hätten sich nach dem zutreffenden Ausgangspunkt des erstinstanzlichen Gerichts mit Blick auf den im Juni 2007 beginnenden Klagezeitraum die für den Vergleichsabschluss maßgeblichen Verhältnisse in mehrfacher Hinsicht geändert. Der Kläger habe nicht mehr Krankengeld, sondern infolge Arbeitslosigkeit nach Beendigung seines Arbeitsverhältnisses nur noch Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II bezogen. Seit August 2009 stehe er im laufenden Rentenbezug. Außerdem sei er nur noch ggü. dem Beklagten unterhaltsverpflichtet.
Für die Zeit ab August 2009 hielt der Kläger die Berufung auf Leistungsunfähigkeit in Ansehung seines Rentenbezuges nicht aufrecht.
Auch für die Zeit von Juni 2007 bis einschließlich Juli 2009 begegne es im Ergebnis keinen durchgreifenden Bedenken, dass das FamG dem Kläger den Einwand fehlender oder eingeschränkter Leistungsfähigkeit versagt habe. Im Hinblick auf seine gesteigerte Unterhaltsverpflichtung ggü. einem minderjährigen, unverheirateten Kind treffe ihn diesem ggü. nach § 1603 Abs. 2 S. 1 BGB eine erweiterte Unterhaltspflicht und somit eine gesteigerte Erwerbsobliegenheit. Dies führe dazu, dass er seine Arbeitskraft entsprechend seiner Vorbindung, seinen Fähigkeiten und den Arbeitsmarktverhältnissen bestmöglich einzusetzen ...