Dr. Wolf-Dietrich Deckert†
Normenkette
§ 1 WEG, § 7 WEG, § 890 Abs. 2 BGB, § 6 GBO
Kommentar
Das Bayerische Oberste Landesgericht hatte folgenden Fall zu entscheiden:
1. Der Alleineigentümer zweier Grundstücke hatte hinsichtlich des ersten Grundstücks durch Teilung Wohnungs- und Teileigentum begründet. Gemäß weiterer Vereinbarung in der Teilungserklärung erklärte er dann das zweite, kleinere Grundstück zum Bestandteil eines neugebildeten Wohnungseigentums auf dem Grundstück der Wohnanlage.
2. Entgegen Grundbuchamt und LG bestätigte das BayObLG, dass ein Grundstück auch einem Wohnungseigentum als Bestandteil zugeschrieben werden könne ( § 890 Abs. 2 BGB, § 6 GBO).
Wohnungseigentum sei nach h. M. kein grundstücksgleiches Recht, auf das - wie etwa auf das Erbbaurecht - die für Grundstücke geltenden Vorschriften entsprechend anzuwenden wären. Wohnungseigentum sei vielmehr ein besonders ausgestaltetes Miteigentum am Grundstück bzw. ein "neues dingliches Recht eigener Art". Damit werde von einem Teil der Literatur die Verbindung von Wohnungseigentum mit einem Grundstück für zulässig gehalten, während nach einer anderen Meinung die Zuschreibung von Wohnungseigentum zu einem Grundstück oder umgekehrt und die Vereinigung beider nicht zulässig sein solle.
Wohnungseigentum könne nach Meinung des Senats auch mehreren Berechtigten nach Bruchteilen ( §§ 741ff. BGB) zustehen; an einem schlichten Miteigentumsanteil könne es dagegen keine (Unter-)Gemeinschaft nach Bruchteilen geben. In allen diesen Fällen werde das Wohnungseigentum wie das Eigentum an einem Grundstück und nicht wie ein schlichter Miteigentumsanteil behandelt; dies müsse auch für den Anwendungsbereich der § 890 BGB, § 5, § 6 GBO gelten. Durch die Zuschreibung werde das Grundstück ein nicht wesentlicher Bestandteil des Wohnungseigentums. Für die Anwendung von § 890 BGB im Verhältnis von Grundstück und Wohnungseigentum sprächen auch praktische Vorteile wie z. B. die Möglichkeit einheitlicher Belastungen.
Vereinigung und Bestandteilszuschreibung führten damit zu einer neuen rechtlichen Einheit, die in allen Beziehungen denselben rechtlichen Bestimmungen unterliege. Auch dies sei bei Grundstücks- und Wohnungseigentum grundsätzlich der Fall (wobei ausnahmsweise Eigentum an einem Grundstück gemäß § 928 BGB aufgegeben werden könne, während dies beim Wohnungseigentum nach Senatsrechtsprechung nicht möglich sei).
Auch die Vereinigung und Bestandteilszuschreibung im Verhältnis von Grundstück und Erbbaurecht werde von der h. R. M. für zulässig gehalten; auch auf das Erbbaurecht sei aber § 928 BGB (Eigentumsaufgabe) nicht anwendbar. Wohnungseigentum und Grundstück könnten auch jederzeit wieder rechtlich getrennt werden.
Auch aus dem Wohnungseigentumsrecht ließen sich keine Bedenken gegen die Bestandteilszuschreibung herleiten; insbesondere werde das Sondereigentum dadurch nicht entgegen § 1 Abs. 4 WEG mit dem Miteigentum an mehreren Grundstücken verbunden. Auch buchungstechnisch bestehe kein Hindernis für die Zuschreibung.
3. Aus Kausalitätsgründen sei auch keine Vorlage dieser Streitfrage zum Bundesgerichtshof geboten (in Anbetracht der Entscheidung des OLG Düsseldorf vom 15. 5. 1963, MittBayNot 1963, 327).
4. Die Sache musste zur erneuten Entscheidung über den Eintragungsantrag an das Grundbuchamt zurückverwiesen werden.
Link zur Entscheidung
( BayObLG, Beschluss vom 23.07.1993, 2Z BR 69/93- BayObLGZ 1993 Nr. 70)
zu Gruppe 3: Begründung, Erwerb und Veräußerung; Umwandlung