Leitsatz

Getrennt lebende Eheleute stritten sich um die Zahlung einer Nutzungsentschädigung. Die Ehefrau hatte die ehemalige Ehewohnung, ein im Miteigentum beider Parteien stehendes Hausanwesen, bereits mehr als zwei Jahre verlassen und eine eigene Mietwohnung bezogen, als sie den Ehemann vor dem LG auf Zahlung einer Nutzungsentschädigung in Anspruch nahm. Die für ihren Antrag begehrte Prozesskostenhilfe wurde unter Hinweis auf die sachliche Unzuständigkeit des LG zurückgewiesen.

Die hiergegen von der Ehefrau eingelegte sofortige Beschwerde blieb ohne Erfolg.

 

Sachverhalt

siehe Kurzzusammenfassung

 

Entscheidung

Das OLG teilte die Auffassung, wonach eine Zuständigkeit des LG für den geltend gemachten Anspruch nicht bestand.

Seit der Neufassung des § 1361b BGB durch das Gewaltschutzgesetz vom 11.12.2001 sei § 1361b Abs. 3 S. 2 BGB vorrangige, da spezielle Grundlage für den Anspruch auf Nutzungsentschädigung für die Zeit des Getrenntlebens (Palandt/Brudermüller, BGB, § 1361b Rz. 20). Der Auffangtatbestand des § 745 Abs. 2 BGB trete daneben für die Zeit des Getrenntlebens zurück. Daher gehörten Entscheidungen über Nutzungsentschädigungen seither zur familiengerichtlichen Praxis.

Mit der Benennung von § 1361b Abs. 3 S. 2 BGB als vorrangiger Anspruchsgrundlage sei allerdings die Frage der Zuständigkeit der Zivil- oder FamG noch nicht beantwortet. Ein Anspruch nach § 1361b Abs. 3 S. 2 BGB unterfalle wegen der fehlenden Regelung in § 1 der HausratsVO zwar nicht zwingend dem Wortlaut von § 621 Abs. 1 Nr. 7 ZPO, es seit jedoch nicht ausgeschlossen, zur Schließung der insoweit bestehende Lücke diese Regelung entsprechend heranzuziehen.

§ 1361b Abs. 3 S. 2 BGB im Kontext mit der Vermutungsregelung des § 1361b Abs. 4 BGB gewähre nunmehr einen Anspruch auf Nutzungsentschädigung für die Zeit des Getrenntlebens unabhängig von der Frage, warum der weichende Ehegatte ausgezogen ist. Aufgrund dessen müsse die Frage der gerichtlichen Zuständigkeit unter Abwägung der Kompetenzen von Familien- und Zivilgerichten vorgenommen werden. Für die Zuständigkeit der FamG spreche, dass der Familienrichter das Zusammenspiel von Nutzungsentschädigung und Unterhaltsregelungen besser überschauen könne. In der Abwägung der von verschiedenen Auffassungen hierzu vertretenen Argumente sei für die Zeit des Getrenntlebens der Zuständigkeitskonzentration beim FamG der Vorzug zu geben. Hierdurch würden Aussetzungen von Unterhaltsverfahren und Abänderungen von Unterhaltsentscheidungen vermieden, wenn der Familienrichter die Frage der Nutzungsentschädigung selbst entscheiden und in seine Gesamtüberlegungen einstellen könne.

 

Link zur Entscheidung

Thüringer OLG, Beschluss vom 22.11.2005, 2 W 597/05

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