Leitsatz

Das OLG Schleswig-Holstein war zur Entscheidung eines Zuständigkeitsstreites berufen, nachdem zwei Amtsgerichte aus verschiedenen Landgerichtsbezirken innerhalb des OLG-Bezirks sich in einer Adoptionssache als unzuständig betrachtet hatten.

 

Sachverhalt

Die Ehe der Beteiligten zu 2) mit dem leiblichen Vater der Betroffenen wurde im Jahre 1992 geschieden. Ab 1996 lebte die Betroffene mit einem jüngeren Bruder und ihrer Mutter, der Beteiligten zu 2), im Haushalt des Beteiligten zu 1). Der Beteiligte zu 1) und die Beteiligte zu 2) heirateten am 1.2.2002 in Moldavien. Zu diesem Zeitpunkt besaßen beide Eheleute die Staatsangehörigkeit der Republik von Moldavien.

Im Juli 2002 zog die Familie nach Deutschland, wo der Beteiligte zu 1) Ende 2002 als Spätaussiedler anerkannt wurde. Inzwischen hat er die deutsche Staatsangehörigkeit.

Mit notariellem Antrag vom 24.5.2004 beantragte der Beteiligte zu 1) beim AG Meldorf die Annahme der zu diesem Zeitpunkt 21-jährigen Betroffenen als Kind. Sie selbst, ihr leiblicher Vater und die Beteiligte zu 2) als Mutter erklärten hierzu ihr Einverständnis. Parallel erfolgte eine Adoption des - noch minderjährigen - Bruders der Betroffenen durch den Beteiligten zu 1).

Das angerufene AG Meldorf hat das Verfahren durch Beschluss vom 10.1.2005 unter Bezugnahme auf § 43b Abs. 2 S. 2 FGG i.V.m. § 5 Abs. 1 des Gesetzes über Wirkungen der Annahme als Kind nach ausländischem Recht (AdWirkG) an das AG Schleswig abgegeben mit der Begründung, dieses sei aufgrund der im AdWirkG angeordneten Zuständigkeitskonzentration des VormG am Sitz des OLG für alle Verfahren zuständig, in denen "ausländische Sachvorschriften zur Anwendung kommen". Diese Voraussetzung sah das AG Meldorf als gegeben an, da die Beteiligten zu 1) und 2) zum Zeitpunkt der Eheschließung eine gemeinsame moldavische Staatsangehörigkeit besaßen und nach Art. 22 Abs. 1 S. 2 i.V.m. Art. 14 Abs. 1 Nr. EGBGB damit das Adoptionsrecht ihres Heimatstaates maßgeblich sei.

Das AG Schleswig hat die Übernahme des Verfahrens abgelehnt und die Auffassung vertreten, wegen § 1 S. 2 AdWirkG könne sich die Zuständigkeitskonzentration nach § 43b FGG i.V.m. § 5 AdWirkG nur auf die Adoption von Kindern beziehen, die zur Zeit der Annahme das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet haben.

Darauf hat das AG Meldorf die Sache dem OLG zur Bestimmung des örtlich zuständigen Gerichts vorgelegt. Der Beteiligte zu 1) beantragte Prozesskostenhilfe mit der Ankündigung, nach erfolgter Prozesskostenhilfebewilligung den Adoptionsantrag zurückzunehmen.

 

Entscheidung

Das OLG bestimmte das AG Meldorf zum zuständigen Gericht für das Adoptionsverfahren.

Für Angelegenheiten, welche die Annahme eines Kindes betreffen, sei gem. § 43b Abs. 2 S. 1 FGG das Gericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk der Annehmende seinen Wohnsitz habe. Dies sei der Bezirk des AG Meldorf, da sich hier der Wohnsitz des Beteiligten zu 1) befinde.

Entgegen der Auffassung des AG Meldorf folge aus § 43b Abs. 2 S. 2 nichts anderes. Zwar verweise diese Vorschrift für den Fall der Anwendbarkeit ausländischer Sachvorschriften ergänzend auf § 5 Abs. 1 S. 1 AdWirkG. Nach dieser Konzentrationsvorschrift entscheide über Anträge nach den §§ 2 und 3 AdWirkG das VormG, in dessen Bezirk ein OLG seinen Sitz hat.

Diese Zuständigkeitskonzentration trete jedoch nur dann ein, wenn das Adoptionsverfahren überhaupt insgesamt dem betreffenden Gesetz unterfalle. Erforderlich war nach Auffassung des OLG nicht nur, dass eine Annahme als Kind auf einer ausländischen Entscheidung oder auf ausländischen Sachvorschriften beruhte, sondern auch, dass der Angenommene zurzeit der Annahme noch nicht das 18. Lebensjahr vollendet hatte. Diese Einschränkung im persönlichen Anwendungsbereich des AdWirkG erkläre sich durch die Gesetzeshistorie. Das Gesetz über Wirkungen der Annahme als Kind nach ausländischem Recht, das als Art. 2 des Gesetzes zur Regelung von Rechtsfragen auf dem Gebiet der internationalen Adoption und zur Weiterentwicklung des Adoptionsvermittlungsrechts vom 5.11.2001 erlassen worden sei, diene der Umsetzung des Haager Übereinkommens über den Schutz von Kindern und der Zusammenarbeit auf dem Gebiet der internationalen Adoption vom 29.5.1993, welches ebenfalls nur auf Adoptionen anzuwenden sei, die die Annahme eines noch nicht 18 Jahre alten Kindes betreffen.

Da das vorliegende Adoptionsverfahren sich auf eine 21-jährige Anzunehmende beziehe, unterfalle es nicht dem Gesetz über Wirkungen der Annahme als Kind nach ausländischem Recht.

Die in § 5 Abs. 1 AdWirkG geregelte Konzentration der örtlichen Zuständigkeit greife daher nicht ein, so dass es bei der auf § 43b Abs. 2 S.1 FGG beruhenden örtlichen Zuständigkeit des AG Meldorf verbleibe.

 

Link zur Entscheidung

Schleswig-Holsteinisches OLG, Beschluss vom 21.04.2006, 2 W 57/06

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